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Warum haben Landesregierungen ein Vetorecht bei der Berufung von Bischöfen?

Verbindung von Kirche und Staat: Vereidigung des (damals) designierten Erzbischofs von Paderborn, Udo Bentz, in der Staatskanzlei in Düsseldorf (recht: Ministerpräsident Hendrik Wüst)

Darf die katholische Kirche ihre Priester ausbilden, wie sie es selbst möchte? Oder ist sie aufgrund von Konkordaten zu Zugeständnissen gegenüber dem Staat gezwungen? Ein gegenwärtig in Nordrhein-Westfalen kontrovers diskutiertes Thema.

Heute gelten 17 Konkordate und Staatskirchenverträge mit fast allen Bundesländern; nur vier davon wurden vor dem Zweiten Weltkrieg geschlossen. Trotzdem: Wenn gegenwärtig ein neuer Bischof berufen wird, muss er einen Eid auf die Verfassung abgelegen. Seiner Berufung muss vorher der Staat zustimmen. Ist das noch zeitgemäß?

Nach dem Kulturkampf im 19. Jahrhundert enthielt die Weimarer Reichsverfassung Rechte der Gläubigen und ihrer Religionsgemeinschaften, die ihnen zuvor abgesprochen worden waren. Der Staat hatte dazugelernt, und die katholische Zentrumspartei hatte als Regierungspartei ihren Einfluss geltend gemacht. Als neues Instrument zur Kooperation zwischen Staat und Kirche diente das Konkordat. Anders als ein staatskirchenrechtlicher Vertrag unterliegt ein Konkordat dem Völkerrecht. Und da nur der Heilige Stuhl in Rom völkerrechtlich anerkannt ist, gibt es in Deutschland Konkordate nur mit ihm. Ansonsten regeln Staatskirchenverträge das Miteinander.

Das wichtigste Konkordat stammt aus dem Jahr 1933: das Konkordat zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Deutschen Reich, kurz „Reichskonkordat“. Es gilt in allen deutschen Bundesländern, auch in den Ländern Bayern, Preußen und Baden, mit denen in den Jahren 1924 bis 1932 Einzel-Konkordate abgeschlossen wurden.

Viele Regelungen werden nur verständlich, wenn man die Konflikte aus der Zeit des Kulturkampfes kennt. Damals kontrollierte zum Beispiel der Staat die Post zwischen dem Vatikan und den deutschen Bischöfen. Ein heute undenkbarer Vorgang. Damals wurde eigens in Art. 4 Reichskonkordat (RK) zugesagt: „Der Heilige Stuhl genießt in seinem Verkehr und seiner Korrespondenz mit den Bischöfen, dem Klerus und den übrigen Angehörigen der katholischen Kirche in Deutschland volle Freiheit.“

Genauso wurde zugesagt, dass die Bischöfe ihre Hirtenbriefe ungehindert und ohne vorherige Erlaubnis des Staates veröffentlichen dürfen – ein Fortschritt im Vergleich zum Kulturkampf. Wenn der Staat Priester anstellt, muss er vorher den Bischof fragen, ob „nichts entgegensteht“ (Nihil obstat). Die Zustimmung ist widerrufbar. Ein solches Mitspracherecht hat die Kirche auch bei der Beauftragung von Religionslehrern und -hochschullehrern gemäß Art. 7 Abs. 3 GG.

Das Konkordat räumt Seelsorgern außerdem die Einhaltung des Beichtgeheimnisses ein. Auch der Gebrauch geistlicher Kleidung wird geschützt – wie eine Uniform, deren Missbrauch bestraft wird. Vorrechte genießen Seelsorger beim Militär, in Krankenhäusern, Strafanstalten und vergleichbaren Einrichtungen: seelsorgerliche Besuche und gottesdienstliche Handlungen sind dort zugelassen.

Umgekehrt gibt es auch Pflichten für die katholische Kirche. Die Bundesländer erhalten ein Mitspracherecht bei der Veränderung von Bistumsgrenzen. Einschneidender ist die Regelung in Art. 14: Zwar wird zugesagt: „Die Kirche hat grundsätzlich das freie Besetzungsrecht für alle Kirchenämter.“ Aber es gibt ein Vetorecht des Staates bei der Berufung von Bischöfen. Deren Ernennung darf erst erfolgen, wenn „gegen ihn Bedenken allgemein politischer Natur nicht bestehen“. In einem Zusatzprotokoll wurde festgehalten, dass die Berufung erfolgen kann, wenn binnen drei Wochen kein staatlicher Widerspruch eingelegt wird.

Das Reichskonkordat verpflichtet die Kirche außerdem, nur Priester und Seelsorger zu beauftragen, die das Abitur gemacht und „ein wenigstens dreijähriges philosophisch-theologisches Studium abgelegt haben“.

Dürfen Priester nur an theologischen Fakultäten staatlicher Universitäten ausgebildet werden? Ist eine Priesterausbildung an einer nicht-staatlichen Hochschule wie der Kölner Hochschule für Katholische Theologie (KHKT) demnach untersagt? Das Reichskonkordat macht eine solche Einschränkung nicht, sondern lässt dies ausdrücklich zu (Art. 14, Abs. 2, Nr. 1 c). Aber das vier Jahre ältere Preußenkonkordat regelt in Art. 12: „Für die wissenschaftliche Vorbildung der Geistlichen bleiben die katholisch-theologischen Fakultäten an den Universitäten in Breslau, Bonn und Münster und an der Akademie in Braunsberg bestehen.“ Dieser Satz gibt zunächst eine einseitig begünstigende Bestandsgarantie ab und erspart der Kirche den Unterhalt der theologischen Fakultäten.

Aber kann daraus ein staatskirchenrechtlicher Benutzungszwang hergeleitet werden? Teilweise wird die Auffassung vertreten, der Kirche erwachse aus dieser Vertragsbestimmung die Verpflichtung („Obliegenheit“), den Bestand der Staatsfakultäten nicht durch den Aufbau eines kircheneigenen Hochschulwesens zu gefährden.

Der renommierte Staatsrechtler Christian Hillgruber (Bonn) hat sich in einer wissenschaftlichen Ausarbeitung (NWVBl 12/2022, S. 489ff.) intensiv damit befasst. Er versteht die Regelung des Preußenkonkordats aus dem Jahr 1929 vor dem Hintergrund des damaligen staatlichen Hochschulmonopols. Er stellt allerdings fest: „Diese Rechtslage hat sich mittlerweile grundlegend geändert. Nach heute allgemeiner Auffassung besteht ein staatliches Hochschulmonopol unter dem Grundgesetz nicht mehr.“ Stattdessen verweist er auf das Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften gemäß Art. 140 GG, das nur unter dem Vorbehalt des für alle geltenden Gesetzes steht und damit lediglich allgemeine Qualitätskontrollen legitimiert.

Entscheidend ist für ihn die Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen, die in Art. 16 Abs. 2 ausdrücklich das staatliche Hochschulmonopol zugunsten der kirchlichen Hochschulfähigkeit durchbrochen hat. Sie gewährleistet erstmals den Kirchen ausdrücklich und uneingeschränkt das Recht, eigene Hochschulen zur Ausbildung der Geistlichen zu errichten und zu unterhalten.

Deshalb stellt sich für ihn die Frage: Was ist nun maßgeblich, Vertrag oder Verfassung? Hat die Kirche durch den Abschluss des Konkordats (1929) auf ihre Rechte verzichtet? Für Hillgruber ist die Antwort eindeutig: „Das Preußenkonkordat ist vorkonstitutionell und sein Abschluss kann daher jedenfalls kein Verzicht auf die Geltendmachung des erst 1950 begründeten Freiheitsrechts gemäß Art. 16 Abs. 2 Verfassung NRW darstellen.“ Vielmehr gilt für ihn umgekehrt: Indem das Land NRW das Recht der Kirchen in die Verfassung aus dem Jahr 1956 aufgenommen hat, hat es auf sein ursprüngliches Recht aus dem Konkordat aus dem Jahr 1929 verzichtet!

Dieses Rechtsverständnis sieht er bestätigt durch einen Vertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Land Nordrhein-Westfalen (19.12.1956) über die Gründung des Bistums Essen. In § 6 Abs. 2 des genannten Vertrages wird ausdrücklich festgestellt: „Das Recht aus Art. 16 Abs. 2 der Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen vom 28.06.1950 bleibt auch im übrigen unberührt.“ Damit wird laut Hillgruber klargestellt, dass dem Bistum ohnehin von Verfassung wegen ein solches Recht zusteht.

Hillgruber: „Gemäß Art. 16 Abs. 2 der Landesverfassung NRW hat jeder Bischof ein Recht darauf, eine wissenschaftliche Hochschule zur Priesterausbildung zu gründen.“ Dem Betrieb der KHKT auch zur Priesterausbildung stehen also keine rechtlichen Hindernisse entgegen.

(Die Geschichte geht unten weiter)

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