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Neues Buch bewahrt den einst weit bekannten „Psalmen-Miller“ vor dem Vergessen

Benediktinerabtei Beuron

Mönche geraten in der Welt leicht in Vergessenheit – das liegt sozusagen in der Natur der Sache, denn ein Mönch will sein Leben in mehr oder minder großer Abgeschiedenheit von der Welt ganz Gott widmen. Oft ist es aber doch sinnvoll, einen Mönch vor dem Vergessen zu bewahren. Diesen Ansatz verfolgt die noch junge Reihe „Beuroner Profile“, deren dritter Band im vergangenen Herbst im Beuroner Kunstverlag erschienen ist.

Pater Athanasius Miller OSB war Benediktiner der berühmten Abtei von Beuron. Den größten Teil seines Lebens widmete er sich der biblischen Wissenschaft – und zwar in Rom, fernab vom beschaulichen Beuron. Doch war Pater Athanasius über akademische Kreise hinaus bekannt, weil er eine beliebte Übersetzung der Psalmen anfertigte, der später erst die Übersetzung von Romano Guardini den Rang ablaufen sollte. Der Name „Psalmen-Miller“ blieb jedenfalls hängen.

Marius Reiser, der Autor des vorliegenden Buches von 248 Seiten, ist eigentlich ein Neutestamentler. Mancher Leser erinnert sich, dass er 2009 von seinem Lehrstuhl an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz zurücktrat, weil er die Studienreform innerhalb des sogenannten Europäischen Hochschulraums (Stichwort: Bologna-Prozess) nicht mittragen wollte. Obwohl er also kein ausgebildeter Historiker ist, macht Reiser seine Sache in „Von Wolfratsweiler über den Orient nach Rom“ professionell, mit Sympathie für den Untersuchungsgegenstand, aber auch stellenweiser Kritik oder anderweitigen Einordnungen, wo es nötig ist.

Geboren im Jahr 1881 mit dem bürgerlichen Namen Maximilian, trat er 1901 in Beuron ein, nachdem er schon früh eine Berufung verspürt hatte. Das Philosophiestudium absolvierte er in der Benediktinerabtei Maria Laach, das Theologiestudium in der römischen Benediktinerabtei Sant’Anselmo. 1907 wurde er zum Priester geweiht und studierte dann noch kurzzeitig in Straßburg sowie am Päpstlichen Bibelinstitut, das damals erst gegründet worden war.

Ausführlich geht Reiser auf die insgesamt drei Orientreisen von Pater Athanasius ein, die prägend waren. Die Reiseberichte, besonders der erste, zeigen anschaulich, wie beschwerlich das Erkunden der heiligen Stätten zu jener Zeit noch war.

Von 1911 bis 1922 ist Pater Athanasius fest in Beuron – es soll der längste Abschnitt seines Lebens sein, den er in seinem Heimatkloster verbringt. In dieser Zeit unterrichtet er die Mönche im Alten Testament. Es entsteht auch die bereits erwähnte Psalmenübersetzung (1920), die später in weiteren, teils überarbeiteten, Auflagen erscheint.

1922 geht es dann nach Rom, wo er an der Hochschule von Sant’Anselmo seine Lehrtätigkeit aufnimmt. Bis 1949 widmet er sich nicht nur dem Unterricht, sondern verfasst eine Reihe von akademischen Werken zur Heiligen Schrift.

Die höchste Sprosse der Karriereleiter, wenn man bei einem Mönch überhaupt so reden darf, konnte Pater Athanasius erklimmen, als er dann Sekretär der Päpstlichen Bibelkommission wurde. Der Begriff „Sekretär“ klingt im Deutschen nicht besonders wichtig, aber an der römischen Kurie bezeichnet er generell den zweiten Mann einer Behörde, in dessen Namen häufig sogar die jeweils ausgearbeiteten Dokumente erscheinen. Erst 1962 legte er dieses Amt nieder, kehrte nach Beuron zurück und starb ein Jahr später.

Das große Verdienst von Reiser ist die detailreiche, aber doch übersichtliche Erklärung der Debatten, die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil rund um die Bibelwissenschaft stattfanden. So kann der Leser vernünftig einordnen, was sich im Leben von Pater Athanasius abgespielt hat.

Der Benediktinermönch war besonders im Rahmen seiner Arbeit für die Bibelkommission bemüht, weder eine ausschließlich buchstäbliche Interpretation der Heiligen Schrift zu befürworten, wie es manche Dokumente gerade in den ersten Jahren der Behörde noch taten, noch auf der anderen Seite der liberalen Exegese Narrenfreiheit zu lassen, wie es leider nach dem Konzil an katholischen Fakultäten regelmäßig der Fall war und ist. Sein Motto lautete: „Mit Gottes Hilfe Mittelweg.“

Auch andere Aspekte kommen in „Von Wolfratsweiler über den Orient nach Rom“ zur Sprache, etwa die Seelsorge in verschiedenen italienischen Klöstern oder die Verteilung von Hilfsgütern in den Jahren des Zweiten Weltkriegs und in der Nachkriegszeit.

Pater Athanasius war also nicht nur ein Gelehrter, sondern auch ein frommer Priester, was sich in den Seiten des Buches immer wieder zeigt. Ergreifend ist eine Predigt, die er 1948 hielt, nachdem er erstmals wieder nach Deutschland einreisen durfte. Reiser zitiert ausführlich.

Zur Frömmigkeit von Pater Athanasius schreibt er am Ende des Buches: „Die Treue zu sich selbst und seiner Kirche verdankt er nicht zuletzt seinem Humor, der ihn nie verließ, auch in schweren Krankheitsperioden nicht. Irgendwie muß er diesen Humor auf seinen tief verwurzelten Glauben gegründet haben. Denn wenn ihn etwas durch alle Kämpfe und Leiden hindurchgetragen hat, war es sein schlichter Glaube.“

Marius Reiser: Von Wolfratsweiler über den Orient nach Rom. P. Athanasius Miller OSB (1881–1963); Beuroner Kunstverlag; 248 Seiten; 15 Euro; ISBN: 9783870713942

Hinweis: Meinungsbeiträge wie dieser spiegeln die Ansichten des Verfassers wider, nicht notwendigerweise jene der Redaktion von CNA Deutsch als solcher.

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