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Wie sich der Heilige Stuhl gegen Gewalt an Frauen einsetzt

Christian Peschken (EWTN) im Gespräch mit Erzbischof Ettore Balestrero, dem Ständigen Vertreter des Heiligen Stuhls bei der UN in Genf

Erzbischof Ettore Balestrero, der Ständige Vertreter des Heiligen Stuhls bei der UN in Genf, sprach kürzlich in einer Rede über Themen wie Leihmutterschaft, Prostitution und Pornografie – alles Bereiche, in denen es um die Würde und den Schutz der Frau geht. Dabei stellte er die zentrale Frage: Was bedeutet es heute überhaupt, „Frau“ zu sein, und wie kann echte Gleichstellung gelingen, ohne die Unterschiede zwischen Mann und Frau zu leugnen? Christian Peschken (EWTN) hat nachgehakt.

Der Heilige Stuhl verurteilt sowohl physische als auch psychische Gewalt gegen Frauen scharf. Wie können Glaubensgemeinschaften und Regierungen praktisch besser zusammenarbeiten, um Femizid und Gewalt in Partnerschaften zu verhindern?

Zunächst einmal ist eine geschlossene Front gegen Gewalt von entscheidender Bedeutung. Alle Mitglieder der Gesellschaft sind aufgerufen, gemeinsam die sich ständig wandelnden Formen von Gewalt gegen Frauen zu bekämpfen. Glaubensbasierte Organisationen, insbesondere weibliche Ordensgemeinschaften, stehen dabei an vorderster Front und setzen sich mit den tiefen, lebenslangen Narben auseinander, die Gewalt bei Frauen hinterlässt. Ebenso wesentlich ist die finanzielle Unterstützung, die sie für ihre Arbeit benötigen, sowie Mechanismen, die es ermöglichen, ihre praktischen Erfahrungen direkt mit Regierungen und Gesetzgebern zu teilen, um wirksame Maßnahmen zu gestalten.

Ebenso wichtig ist die Stärkung von Führungskräften. In diesem Sinne machen viele Diözesen Fortschritte durch den Aufbau von Schutz- und Präventionsabteilungen. Diese bieten Schulungen und Unterstützung für Klerus und pastorale Mitarbeitende an – insbesondere, um häusliche Gewalt zu erkennen, angemessen darauf zu reagieren und traumasensible Betreuung zu leisten. Diese Arbeit ist zutiefst katholisch geprägt, wird jedoch durch bewährte weltliche Praktiken ergänzt und durch bestehende Gesetze gestützt.

Schließlich sind geistliche Führungspersönlichkeiten – von Priestern bis hin zu Bischöfen – aufgerufen, mutig, klar und öffentlich gegen Gewalt Stellung zu beziehen. Heute sehen wir beeindruckende Beispiele, wie Bischöfe mit staatlichen Stellen kooperieren, um gemeinsam entschlossene Botschaften gegen weibliche Genitalverstümmelung, gegen das Schweigen über Gewalt und gegen Kinder- oder Zwangsehen zu verbreiten. Diese vereinte, klare Stimme ist entscheidend, um echten gesellschaftlichen Wandel zu bewirken.

In Ihrer Stellungnahme vor der UN in Genf äußerten Sie im Namen des Heiligen Stuhls Bedenken zu Praktiken wie Leihmutterschaft, Prostitution und Pornografie. Wie unterscheidet die Kirche zwischen moralischer Ablehnung und rechtlichem Schutz, wenn es um den Einsatz für gefährdete Frauen geht?

Für die Kirche stehen moralischer Einspruch und rechtlicher Schutz nicht im Widerspruch – im Licht des Naturrechts ergänzen sie sich vielmehr. Das Fundament jeder moralischen Frage ist die angeborene, unveräußerliche und unschätzbare Würde jedes Menschen. Diese Wahrheit ist nicht nur Glaubensüberzeugung, sondern auch durch die Vernunft erkennbar. Jede Praxis wird daher danach beurteilt, ob sie diese Würde achtet, ehrt und fördert – oder ob sie sie verletzt und das menschliche Gedeihen mindert.

In allen genannten Fragen – Leihmutterschaft, Prostitution und Pornografie – ist der moralische Einwand der Kirche eindeutig: Es geht um die Kommerzialisierung und Instrumentalisierung des weiblichen Körpers. Frauen sind nicht dazu geschaffen, auf diese Weise benutzt oder auf ihre körperliche Funktion reduziert zu werden.

Gleichzeitig fordert die Kirche, dass Frauen, die in ausbeuterische Situationen geraten sind, mit größtem Respekt behandelt und in ihrer Befreiung unterstützt werden. Viele Frauen, die in Prostitution oder Pornografie tätig sind, werden als Opfer erkannt, die Begleitung, Schutz und konkrete Hilfe benötigen, um neue Wege zu finden.

Im Hinblick auf Pornografie ruft die Kirche die staatlichen Behörden auf, deren Produktion und Verbreitung zu verhindern. Prostitution betrachtet sie als schwer sündhafte Handlung – ebenso das bewusste Inanspruchnehmen dieser Praxis. Allerdings kann die persönliche Schuld verringert sein, wenn Armut, Erpressung oder sozialer Druck dahinterstehen.

Die Leihmutterschaft verurteilt die Kirche aus zwei Gründen. Zum einen verletzt sie die Würde des Kindes, dem eine natürlich empfangene und menschlich vollständige Herkunft verwehrt wird. Das Verlangen nach einem Kind darf niemals zur Forderung auf ein Kind werden. Zum anderen verletzt sie die Würde der Frau, die zu einem bloßen Mittel fremder Wünsche herabgesetzt und vom Kind in ihrem Leib entfremdet wird. Dies widerspricht zutiefst dem Recht jedes Menschen, nie als Mittel zum Zweck, sondern immer als eigenständige Person anerkannt zu werden.

Der Heilige Stuhl pocht auf die Anerkennung biologischer Unterschiede zwischen Mann und Frau – ein Standpunkt, der in der heutigen Gender-Debatte oft aneckt. Wie lässt sich diese Haltung vertreten, ohne den Eindruck zu erwecken, Frauenrechte auszubremsen oder Gleichstellung und Inklusion zu untergraben?

Ich möchte an die Worte der UN-Sonderberichterstatterin über Gewalt gegen Frauen erinnern, die betont hat: „Man kann nicht schützen, was man nicht definieren kann.“ In einer Kultur, die im Namen der Inklusion zunehmend Schwierigkeiten hat, überhaupt zu definieren, was eine Frau ist, werden die Grundlagen für echte Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen schleichend zerstört. Wenn wir nicht mehr wissen, was eine Frau ist, wie können wir dann wirksam für die Rechte von Frauen eintreten oder Gleichstellung verwirklichen?

Dabei muss klar sein: Gleichheit bedeutet nicht Gleichartigkeit. Männer und Frauen sind nicht identisch, aber sie besitzen die gleiche Würde, die gleichen Rechte und sollen denselben Zugang zu Chancen und Aufgaben haben, im Bewusstsein ihrer jeweiligen Unterschiede und Verantwortungen.

Zweitens: Gewalt gegen Frauen und Mädchen kann nicht effektiv bekämpft werden, wenn ihre besonderen Verwundbarkeiten nicht anerkannt werden – Verwundbarkeiten, die auf biologischen Unterschieden zwischen Männern und Frauen beruhen. Hier zeigt sich erneut, wie entscheidend die Anerkennung dieser Unterschiede ist: Frauen sind einem höheren Risiko ausgesetzt, vergewaltigt oder getötet zu werden, sie erleben körperliche Gewalt, pränatale Diskriminierung und sogar geschlechtsselektive Abtreibung – Formen von Gewalt, die direkt gegen ihr Frausein gerichtet sind.

Abschließend möchte ich betonen, dass immer mehr Menschen aus verschiedenen Bereichen auf die Notwendigkeit einer gemeinsamen, klaren Sprache über das biologische Geschlecht hinweisen. Besonders im Sport wird dies deutlich: Nur wenn die biologischen Unterschiede zwischen Männern und Frauen respektiert und benannt werden, kann echte Fairness und Gerechtigkeit gewährleistet bleiben.

(Die Geschichte geht unten weiter)

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Papst Leo XIV. sagte: „Wo der Wunsch nach Dominanz wächst, stirbt die Fähigkeit zu lieben.“ Er machte damit deutlich, dass wahre Stärke in Dienstbereitschaft, Achtung und gegenseitigem Respekt liegt – nicht in Überlegenheit. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage: Welche Rolle sieht die Kirche für Bildung – ob säkular oder religiös –, wenn es darum geht, gesellschaftliche Haltungen zu Männlichkeit, Macht und Respekt zu verändern und den „ungesunden Wunsch nach Dominanz“ zu überwinden?

Ich glaube, dass sowohl die säkulare als auch die religiöse Bildung eine tiefgreifende Rolle dabei spielen, gesellschaftliche Einstellungen zu verändern. Es geht darum, ein ganzheitliches Verständnis von Beziehungen wiederzugewinnen, zu vertiefen oder erstmals zu vermitteln – ein Verständnis, das fest in einer authentischen Sicht des Menschen verwurzelt ist. Die zentrale Botschaft ist klar: Weder Männer noch Frauen sollten nach Macht oder Herrschaft streben. Bildung muss stattdessen gegenseitigen Respekt fördern und die Einzigartigkeit der Gaben jedes Einzelnen anerkennen. Das ist sowohl eine Herausforderung als auch ein Ziel für Männer und Frauen gleichermaßen.

Papst Leo XIII. betonte angesichts des tragischen Anstiegs von Femiziden, dass der Heilige Geist helfen könne, zerstörerische Leidenschaften zu zügeln und neue Wege in zwischenmenschlichen Beziehungen zu eröffnen. Wenn wir auf Jesus blicken, sehen wir in ihm das vollkommene Vorbild für Männlichkeit und Respekt. Er sagt selbst: „Der Menschensohn ist gekommen, um zu dienen, nicht um sich dienen zu lassen.“ Dieses Prinzip steht im klaren Gegensatz zu jedem Drang nach Herrschaft.

Wer Dienen lernt und eine innere Haltung des Dienstes entwickelt, kann sich von der Versuchung der Dominanz befreien. Papst Franziskus zeigt in seiner Enzyklika Laudato Si’, wie Neid, wie in der Geschichte von Kain und Abel, Ungerechtigkeit erzeugt und sowohl menschliche Beziehungen als auch die Verbindung des Menschen zu Gott und der Schöpfung zerstört. Wer die Fürsorge für den Nächsten vernachlässigt, gefährdet letztlich die Beziehung zu sich selbst, zu anderen, zu Gott – und das Leben auf dieser Erde.

Wie kann der Heilige Stuhl in einem zunehmend ideologisch geprägten Umfeld wie den Vereinten Nationen seine Stimme für eine Gesetzgebung auf Grundlage der unveräußerlichen Menschenwürde erheben – inmitten einer Agenda, die immer häufiger biologische Realität, Moral und Glauben relativiert? Wie kann er der Verflachung ethischer Prinzipien entgegentreten und verhindern, dass unter dem Deckmantel kultureller Vielfalt oder sogenannter Inklusion eine neue Einheitsmoral entsteht, die abweichende Überzeugungen ausschließt? Kurz gesagt: Wie behauptet sich die Kirche gegenüber einem internationalen System, das sich zunehmend selbst zum Maßstab der Wahrheit macht?

Zunächst einmal müssen wir anerkennen, dass nicht alle kulturellen, rechtlichen oder ethischen Ansätze zu Geschlechterfragen akzeptabel sind. Ansätze, die biologische Unterschiede leugnen oder etwa versuchen, die menschliche Natur oder die international anerkannte Sprache der Menschenrechte ideologisch zu verändern – wie sie teils von westlichen Ländern vorangetrieben werden – müssen klar zurückgewiesen werden.

Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte bleibt dabei die meistgeschätzte Grundlage innerhalb der Vereinten Nationen. Sie wurde von Menschen mit unterschiedlichen religiösen, kulturellen, rechtlichen und ethischen Hintergründen verfasst und gilt bis heute als Nordstern der internationalen Gemeinschaft. Leider sind viele der in dieser Erklärung verankerten Grundrechte für Frauen bis heute nicht vollständig verwirklicht. Deshalb ist es problematisch, den Fokus auf die Schaffung neuer Rechte – etwa auf Abtreibung, auf sogenannte körperliche Autonomie oder auf sexuelle und reproduktive Gesundheit – zu legen. Diese Begriffe sind nicht international konsensfähig und lenken von den tatsächlichen Problemen vieler Frauen ab, denen es weiterhin an grundlegenden Rechten und Schutz fehlt.

Was wir brauchen, ist echte Zusammenarbeit. Multilateralismus kann nur dann gedeihen, wenn er sich auf die zentralen Anliegen konzentriert und eine klare, verständliche und gemeinsam akzeptierte Sprache verwendet. Papst Leo betonte, dass friedliche Beziehungen, auch auf internationaler Ebene, auf Wahrheit gegründet sein müssen. Diese Wahrheit darf jedoch nicht von Nächstenliebe getrennt werden; sie muss immer vom Wohl des Menschen und vom Schutz des Lebens ausgehen.

Aus christlicher Sicht ist Wahrheit keine abstrakte Idee, sondern eine Begegnung – eine Begegnung mit Christus, die Einheit statt Spaltung fördert. Nur in dieser Haltung kann die internationale Gemeinschaft globale Herausforderungen – wie Migration, ethische künstliche Intelligenz und Umweltschutz – gemeinsam und solidarisch bewältigen.

Original-Interview aufgenommen in Genf von Alex Mur | Teamleitung Genf: Laetitia Rodrigues | Produktionsleitung: Patricia Peschken | Sprecher: Jan Terstiege | Redaktion, Moderation und Schnitt: Christian Peschken für Pax Press Agency im Auftrag von EWTN und CNA Deutsch.

Hinweis: Interviews wie dieses spiegeln die Ansichten der jeweiligen Gesprächspartner wider, nicht notwendigerweise jene der Redaktion von CNA Deutsch.

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