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Erste Hilfe

Die Mittlere kam vor einigen Tagen aus dem Kindergarten und kündigte an, am Folgetag eine Ansprache in ihrer Gruppe halten zu wollen. Überrascht fragte ich sie, zu welchem Thema sie denn sprechen wolle und ob etwas vorgefallen sei. Ja, entgegnete sie, denn sie war sehr empört darüber, dass immer die ganze Gruppe angelaufen kommt, wenn ein Kind weint. Sie habe heute geweint und sie habe nicht gewollt, dass alle gucken kommen, aber niemand habe das akzeptiert. Ich gab zu bedenken, dass einige vielleicht helfen wollten. Nein, sagte sie klar, die Kinder wollten nur gucken und nicht helfen. Man guckt aber nicht, wenn es einem schlecht geht, es reiche, wenn die Erzieherinnen da sind.

In vielerlei Hinsicht fand ich diese Aussage beeindruckend. Dass sie vor allen eine Ansprache halten wollte, fand ich zum einen mutig, zum anderen aber auch sehr ziel- und lösungsorientiert. Gleichzeitig imponierte mir ihre Analyse der Situation und ihre Fähigkeit die Problematik emotional zu erfassen und inhaltlich auf den Punkt zu bringen.

Großartig für ein kleines Mädchen, das gerade vier Jahre alt geworden ist, besonders vor dem Hintergrund aktueller Berichterstattung über die Gafferproblematik auf Autobahnen.

Der Reiz des Verbotenen, Neugierde und Sensationslust kennt die Menschheit schon immer. Was früher im Circus Maximus zur Schau gestellt wurde, wird heute mit dem Smartphone auf der Autobahn live von der Unfallstelle übertragen. Ich glaube, dass der Blick durch den Bildschirm auf das Geschehen zusätzlich eine Distanz schafft und sich bei einigen emotional die virtuelle Welt mit der analogen Welt während des Gaffens gar nicht verknüpft.

Dazu fällt mir das Pony reiten vor einigen Monaten auf einem Jahrmarkt ein. Alle Eltern standen um den Reitplatz, die Kinder saßen stolz auf den Pferden, winkten und strahlten und niemand winkte zurück oder schaute wirklich hin. Alle betrachteten ihre Kinder durch ihre Smartphonekameras und waren nicht präsent. Ich fand diese Situation total traurig und entschied mich sehr bewusst erst nach dem Ritt ein Foto zum Abschluss von der stolzen Tochter auf dem Pony zu machen und mit ihr während des Reitens den Moment zu genießen und zu erleben.

Auf der Jagd nach den besten Bildern sind Menschen also offenbar zu einigem bereit und vergessen bei dem Blick durch ihre Kamera, dass jeder Moment einzigartig ist und so nie wieder passieren wird.

Genauso vergessen die Gaffer wohl, dass sie gerade einen leidenden, vielleicht sterbenden Menschen filmen oder fotografieren, dass sie einem anderen seine Würde nehmen und beim zur Schau stellen in sozialen Medien auch den Angehörigen schweren Schaden zufügen.

Das Schlimme in solchen Situationen ist aber, wenn noch keine Helfer da sind und Umstehende filmen oder fotografieren, statt zu helfen. Auch das melden die Medien immer wieder und stellt sowohl juristisch als auch moralisch ein schlimmes Vergehen dar.

Zum Thema "Helfen" gibt es nun zahlreiche Studien und Untersuchungen, wann es Menschen schwer fällt einzuschreiten, welche Motive sie haben, wenn sie helfen oder eben nicht helfen, welchen Einfluss große Gruppen auf das Helferverhalten von Menschen haben, welche Rolle das Geschlecht und das Aussehen des Hilfbedürftigen hat usw. Mannigfaltig hat man sich wissenschaftlich mit dem Thema auseinandergesetzt und festgestellt, dass es tatsächlich begünstigende Faktoren gibt, in denen Menschen helfen.

Doch was kann jeder konkret tun? Wir als Christen sollten immer bereit sein unserem Nächsten zu helfen. Natürlich muss sich niemand selber in Gefahr bringen, daher kann zunächst jeder einen Notruf absetzen und mit Abstand auf die Einsatzkräfte warten. Wenn es die Situation zulässt, können wir Beistand leisten, präsent sein, dem Hilfsbedürftigen Ruhe und Sicherheit vermitteln und dann ist es ganz wichtig, dass man sich in "Erster Hilfe" schult.

Mein Mann und ich haben vor einiger Zeit bei den Maltesern einen Kinder-Erste-Hilfe-Kurs besucht, da es mit Kindern einige spezifische Notfälle gibt. Wer also selber Kinder hat oder Enkelkinder, dem sei empfohlen auch einen solchen Kurs zu besuchen, da man damit allgemein seine Ersthelferkenntnisse auffrischt.

Neben dem Kurs ist es mir auch wichtig bereits unsere Kinder für das Wegschauen bei Unfällen an denen bereits Einsatzkräfte helfen zu sensibilisieren und eben nicht der Neugierde nachzugeben und zu gaffen. Wir beten dann immer im Auto für die Helfer und für die Opfer und sagen: Hoffentlich ist niemand schlimm verletzt!

TIPP: Hier können sie direkt einen Kurs bei den Maltesern in ihrer Nähe buchen: https://www.malteser.de/kursangebote.html

 

 

Das Blog "Lassen Sie mich durch, ich bin Mutter" mit Elisabeth Illig erscheint jeden Montag bei CNA Deutsch. Alle bisherigen Blogposts finden Sie hier im Überblick. 

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