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"… und wir haben seine Herrlichkeit geschaut."

Anbetung der Hirten von Bronzino, auf Pappelholz gemalt um das Jahr des Herrn 1540

Immer wieder rührt uns die Geschichte von der Obdachlosigkeit Gottes in der Welt an, die wir in der Heiligen Nacht vernehmen.

Die altvertrauten Lieder bewegen die Herzen der Christen und all jener, die nur an diesem Abend die Gotteshäuser aufsuchen. Lukas schreibt nüchtern und diskret, zart, zärtlich und behutsam – und niemals märchenhaft. In vielen Familien wird am Heiligen Abend auch die Weihnachtsgeschichte verlesen, in Andacht und Stille. Mancher von uns wird ganz für sich allein das Evangelium lesen und bedenken. Die Botschaft von der göttlichen Sehnsucht nach Wärme, Güte und Geborgenheit hören wir in der Nacht. Die Worte des Evangelisten Lukas klingen in uns wider, klingen in uns noch nach, diese Worte und unter den vielen Wörtern auch das eine Wort, das heute, am Hochfest Weihnachten, an unsere Herzen anklopft.

Vom Wort – dem "lógos", wie es im griechischen Text heißt – spricht der Evangelist Johannes. Er wirkt auf manchen von uns vielleicht wie ein Philosoph oder ein Theologe. Der Prolog seines Evangeliums wird mitunter schwierig, ja schwer verständlich genannt. Einige Exegeten beschweren und belasten diesen kostbaren Text mit ihren eigenen Fantasien und Anschauungen, die einer existenziellen Verständnisweise geschuldet sind. Doch wenn wir nicht von uns absehen, werden wir uns der Botschaft nicht von innen her annähern können, die doch unser Dasein aufhellen kann und uns den Weg weisen möchte. Der Begriff "lógos" beherbergt viele deutsche Bedeutungen, ob Wort, Sinn oder Vernunft. Dieses eine Wort kann kein anderes Wort ganz enthalten. Johannes benennt also den "lógos", der – empörend für die hellenische Welt – nicht "sõma", einen Körper, der sportlich ertüchtigt und ästhetisch wohlgestaltet sein könnte, sondern "sárx", nämlich Fleisch, im griechischen Denken ein unreiner, ja schmutziger Begriff, also die gebrechliche, leidende Menschennatur angenommen hat. Der Mensch gewordene Gott möchte aufgenommen, erkannt und geliebt sein. So wie Lukas in der Heiligen Nacht spricht auch Johannes von der Sehnsucht, die über die Zeiten und Orte hinausreicht, von Gottes Unruhe nach seinen Geschöpfen, nach uns. Das Kind, das in der Krippe von Bethlehem liegt, sagt uns: "Hier bin ich. Ich möchte bei dir sein. Liebst du mich?" Wir wissen zugleich, dass Krippe und Kreuz aus demselben Holz gemacht sind. Mit Augen voller Liebe schaut der gekreuzigte Herr, geschunden und gepeinigt – ganz und gar "sárx", nicht "sõma" – auf diese Welt.

Wir haben seine Herrlichkeit geschaut, sagt uns der Evangelist Johannes am Weihnachtstag. Zahlreiche Gläubige mögen in diesem Jahr auf besondere Weise verwundert gewesen sein, wie viele kontroverse Themen in der Kirche aufgebracht wurden und wie wenig von Gott die Rede war. Das alles sind traurige, aber vorübergehende Phänomene. Denn wir können den Leib des Herrn wahrhaft sehen und empfangen. Wir können Christus begegnen, in Wort und Sakrament, in der Anbetung vor dem Allerheiligsten. "Unruhig ist unser Herz, o Gott, bis es ruht in dir", so sagt es der heilige Augustinus in den "Bekenntnissen". Sind wir unruhig nach Gott? Wir haben seine Herrlichkeit geschaut. Wir sind zu Zeugen des Herrn bestellt. Dazu bedarf es keiner großen Worte.

In der Nacht, in der das Wort Fleisch geworden ist, herrschte "mitternächtiges Schweigen", ein Schweigen, das Wilhelm von St. Thierry als "finsterste Verirrung" deutet. Menschen sagen, so zeigt uns dieser Theologe des Mittelalters: "Liebe mich, weil ich dich liebe!" Gott liebt anders: "Selten ist einer, der sagen kann: Ich liebe dich, damit du mich liebst. Du hast es getan. Du hast, wie der Knecht Deiner Liebe laut verkündet und rühmt, uns »als erster geliebt«. So ist es, ganz so! Du hast uns zuerst geliebt, damit wir Dich lieben: nicht als hättest Du unserer Liebe bedurft, sondern weil wir das Wesen, zu dem Du uns schaffend bestimmtest, nur werden konnten, indem wir Dich liebten." (Wilhelm von St. Thierry, Der Spiegel des Glaubens, Einsiedeln 1981, 112 f.) Johannes, der "Knecht Deiner Liebe", wie Wilhelm von St. Thierry ihn nennt, erinnert uns im Prolog des von ihm aufgezeichneten Evangeliums an eine sehr besondere Liebesgeschichte – an Gottes Liebe zu seinen Geschöpfen, zu uns Menschen, an die Liebe, die im Anfang war und die kein Wort ganz umfassen kann: "Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt und wir haben seine Herrlichkeit geschaut, die Herrlichkeit des einzigen Sohnes vom Vater, voll Gnade und Wahrheit."

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