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"Luther war nicht in einer Kirche, die Kopf stand"

Martin Luther

Es war keine gänzlich zerstörte und reformbedürftig Kirche. Vielmehr eine Kirche, die schon Momente der Reform lebte und diese nach dem "Schock" der Reformation auch weiter lebte. Das sagen Pater Bernhard Ardura, Präsident des Päpstlichen Komitees für Geschichtswissenschaften und der Historiker Professor Johannes Grohe, der an der Päpstlichen Universität vom Heiligen Kreuz lehrt.

Anlass zu diesen Aussagen war eine dreitägige Konferenz, die vom Päpstlichen Komitee für Geschichtswissenschaften aufgrund des 500-jährigen Reformationsjubiläums organisiert worden war. Titel der Veranstaltung ist "Luther 500 Jahre danach: Eine neue Interpretation des protestantischen Reformation in ihrem ekklesialen Kontext".

Pater Ardura erklärt, der Zweck der Konferenz sei es, "den Blick zu erforschen, den der Historiker auf Ereignisse haben kann, die äußerst bedeutsame Folgen für den europäischen Kontinent und darüber hinaus hatten. Ein Blick, der es erlaubt, das kirchliche und historische Umfeld zu Zeiten Luthers zu sehen. Und vor allem neue Perspektiven zu öffnen."

Eine der Perspektiven, die eröffnet werden muss, ist sicherlich jene der Situation der Kirche zur Zeit Luthers. "Es war keine Kirche, die komplett umgekrempelt werden musste – erklärt Pater Ardura – es gab sehr viele Reformbewegungen, Ordenskongregationen und Brudershaften entstanden, und das fand in Italien, Spanien und auch Böhmen statt." In Spanien, beispielsweise, gab es da Werk des Kardinals Francisco Jimenez de Cisneros, das in gewisser Weise die Gegenreformation vorweggenommen hat.

Professor Grohe fügt hinzu, dass "diese Reformbewegung auch nach dem Luthertum fortgesetzt wurde. Man denke nur an den heiligen Philipp Neri, an seine Kirchenreform, die nicht als Antwort auf die Reformation begann, sondern vielmehr als ein Weg der inneren Erneuerung in der Kirche selbst."

Professor Grohe hebt hervor, dass es besonders in Italien und Spanien Reformmomente gab. Aber was schockierte Luther dann so bei seiner berühmten Reise nach Rom? "Es wurde viel über die Reise Luthers nach Rom geschrieben – antwortet Professor Grohe - und am Ende scheint es nicht so, als hätte er großen Anstoß genommen. Seine Kritik ging vom Ablasswesen aus, einer Art Automatismus, den Johann Tetzel in folgendem Satz zusammenfasste: ´Sobald das Geld im Kasten klingt, die Seele in den Himmel springt´. Er beklagte auch ein Verhalten, das sehr auf den äußeren Anschein ausgerichtet war."

Am Ende radikalisierte sich die Reformation hinsichtlich politischer Fragen: "Man darf die geschichtliche Periode nicht vergessen, in der Luther lebte – erinnert Pater Ardura – und die Situation, in der die Reformation sich abspielte. Luther wollte anfänglich eine Reform innerhalb der Kirche, er wollte keine Kirchenspaltung."

Der politische Aspekt ist für Professor Grohe grundlegend. "Man streitet sich, ob Luther wirklich seine Thesen an die Türe der Schlosskirche von Wittenberg angeschlagen hatte. Aber das ist nicht wichtig. Wichtig ist, dass Luther einen Brief an den Bischof schicken wollte, dass er eine interne Diskussion lostreten wollte. Am Ende haben sich jedoch die Fürsten dieser Diskussion bemächtigt, um ihre Unabhängigkeit von Rom und auch vom Heiligen Römischen Reich zu zeigen. Die Reformation auf ihre Fürstentümer anzuwenden, bedeutete, ihre Unabhängigkeit darzustellen."

Über all das wird man bei der Konferenz des Päpstlichen Komitees für Geschichtswissenschaften sprechen. Im Bewusstsein, dass der Dialog von der Kenntnis der historischen Fakten ausgehen muss. "Wir machen keine Ökumene – schließt Pater Ardura- wir erzählen die Geschichte. Und aus der Geschichte, aus einem gemeinsamen Weg, kann Dialog entstehen."

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