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Kommentar: Das Himmelfahrtskommando

Alles eine Frage der Perspektive?

Die erste Meinungsumfrage in der Geschichte des Christentums ist kläglich gescheitert. Keiner, obwohl Jesus durch die Lande zieht und predigt, erkennt, wer er ist. Auf seine Frage: "Für wen halten mich die Leute?" erhält der Herr nur falsche Antworten. Bei heutigen Umfragen sieht es nicht besser aus. Da fragt dann die aufgeklärte Journalistin – mit einer möglichst hörbaren Distanz zu irgendeinem religiösen Bekenntnis – eine Reihe von Passanten: "Noch immer bekennt sich die Mehrheit der Deutschen zum christlichen Glauben. Wer ist Jesus für Sie?" – "Öh, das weiss ich jetzt auch nicht. Ein Religionsgründer." – "Der erste Christ, oder? Hahaha." – "Für mich? Ich denke, er ist ein Vorbild für die Nächstenliebe." – "Mich inspiriert Jesus. Er ist ein Mann, der Konventionen bricht und Distanz zu Außenseitern überwindet. Kirche brauche ich nicht, aber Jesus ist spirituell voll wichtig für mich."

Statistiken und Meinungsumfragen interessieren Jesus eigentlich gar nicht. Er will wissen, wer er für seine Freunde ist: "Für wen aber haltet ihr mich?" – Petrus sagt's: "Du bist der Sohn Gottes!" – Aber er kann diese Wahrheit nur erkennen und bekennen, weil der Heilige Geist sie ihm eingegeben hat. Es macht daher wenig Sinn, Menschen nach ihrer Meinung über Jesus und die Kirche zu fragen, wenn sie – wie Jesus sagt – nur "aus Fleisch und Blut" antworten. Glaube ist kein Gefühl, das in mir aufsteigt; kein kluges Forschen und Nachdenken, sondern Offenbarung, die ich als Geschenk empfange. "Glaube kommt vom Hören" sagt der heilige Paulus. Verkünden ist aber nicht genug, es braucht den Zeugen, der nicht allein mit Argumenten, sondern mit seinem Leben beweist, dass er die Wahrheit sagt. Genau das ist der letzte Auftrag Jesu.

"Nur nett" ist zu wenig

Kurz vor seiner Himmelfahrt sagt Christus den Aposteln: "Ihr sollt meine Zeugen sein. Hier in Jerusalem, in Galiläa und bis an die Grenzen der Erde." Dieser Auftrag klingt so harmlos. Man könnte denken, der Herr ruft dazu auf, Friedensmärsche und Lichterketten abzuhalten, von denen man mit einem warmen Herzen nach Hause geht und zufrieden ist, Zeugnis für eine Kultur der Toleranz abgelegt zu haben. Das aber, so gut und berechtig es sein mag, meint Jesus nicht. Im Griechischen des Neuen Testamentes heißt Zeuge "Märtyrer". Jesus sendet die "Schafe unter die Wölfe", nicht auf die "Flowerpower"-Wiese netter Gefühle. Sein Auftrag ist im mehrfachen Sinn des Wortes ein "Himmelfahrtskommando".

Es stirbt sich schwer für ein großes Vorbild der Geschichte, das schon 2.000 Jahre tot ist. Niemand riskiert seinen Kopf für Sokrates, aber selbst heute noch lassen sich Männer und Frauen die Kehle aufschlitzen, weil Jesus sie "in den Himmel kommandiert", wo er auf sie wartet. Gott sei Dank, erleben wir in Europa kaum blutige Attentate gegen Christen, aber gläubige Menschen werden am Stammtisch und am Arbeitsplatz provoziert, manchmal gedemütigt und verlacht, immer öfter auch diskriminiert und marginalisiert. Wenn ich in meinem Wohnzimmer eine Buddhastatue aufstelle – eine solche gibt es mittlerweile in fast allen großen Wohn- und Heimwerkermärkten – so fragt kaum einer, warum ich das tue. Das Kruzifix an der Wand stört schon eher. Es scheint jedoch, dass genau das die "Werbestrategie" des Herrn ist. Sein Wort provoziert, fordert heraus, erwartet eine Entscheidung. Menschen, die an Jesus glauben, suchen nicht das blutige Martyrium, aber sie geben Zeugnis – koste es, was es wolle. Sie wissen, dass dieses Leben ein "Himmelfahrtskommando" mit dem Ziel Ewigkeit ist.

Seit Jahren sprechen wir von der Neuevangelisierung, aber nicht selten ist damit einfach gemeint, besonders nett zu sein (Umgekehrt genügt es natürlich nicht, die "Wahrheit zu sagen", ohne Liebe und Geduld zu zeigen!). Heute meinen wir oft, zu lächeln und lieb zu sein, sei der Kern des Evangeliums. Wir predigen einen Jesus, gegen den man sich eigentlich gar nicht entscheiden kann, will man nicht gleichzeitig gegen Friede, Toleranz und Dialog sein. Wir reden von einem Jesus, der "auch heute noch inspirieren kann", als sei er einer unter all den vielen Dichtern und Denkern der Geschichte. Wir verkünden einen Jesus, der in den Meinungsumfragen gut abschneidet – aber das ist dann meist nicht der Sohn Gottes, der in die Welt gekommen ist, um uns Menschen zu retten. Papst em. Benedikt XVI. hat, in einem vor kurzem veröffentlichten Interview, darauf hingewiesen: "Warum sollte man noch Menschen zum christlichen Glauben führen wollen, wenn sie auch ohne ihn gerettet werden können? Aber auch für die Christen selbst ergab sich eine Folge daraus: Die Verbindlichkeit des Glaubens und seiner Lebensform wurde fragwürdig. Wenn andere auf andere Weise gerettet werden können, ist am Ende auch nicht mehr einsichtig, warum der Christ selbst an die Forderungen des christlichen Glaubens und seiner Moral gebunden ist. Wenn aber Heil und Glaube nicht mehr zusammenhängen, wird der Glaube selbst grundlos."

Ein Himmelfahrtskommando

Das Fest Christi Himmelfahrt erinnert uns daran, dass wir auf Erden leben – aber mit dem Blick nach oben (und nicht nach links oder rechts, was denn die anderen sagen oder denken). Das heißt nicht, ins Leere zu gucken, sondern immer wieder den zu suchen, zu dem Jesus uns führen will. Christi Himmelfahrt ist Vatertag – der eigentliche wahre Vatertag, an dem Jesus nach Hause kommt, um den zu ehren, der ihn in die Welt gesandt hat. Von dort kommt der Geist, in dem auch wir "Abba – Papa" rufen und die Kraft finden, Zeugen zu sein. "Nicht Blut und Fleisch", nicht unsere Aktionen und Programme, sondern der, der vom Vater und vom Sohn ausgeht, lässt uns der Welt sagen: "Er allein ist Gottes Sohn!".

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