Es gibt Post aus Rom, aber zwei ganz unterschiedliche Betrachtungsweisen. Die deutschen Bischöfe müssen sich entscheiden, ob sie ein Schisma wollen.

Es war historisch: Mit Datum vom 29. Juni 2019 hat Papst Franziskus einen Brief „an das pilgernde Volk Gottes in Deutschland“ geschrieben. Dies geschah, bevor der Synodale Weg seine Arbeit aufnahm. Der Papst hat versichert, dass er diesen Brief persönlich abgefasst hat. Seine Gedanken befassten sich mit der Frage, wie der zunehmenden Erosion und dem Verfall des Glaubens begegnet werden könnte und worum sich der Synodale Weg kümmern sollte. Offenbar fehlte die Briefmarke auf dem Brief, denn er ist vermutlich nur bei wenigen Gläubigen angekommen. Er wurde nicht zum Thema der kirchlichen Diskussion gemacht und geriet ins Abseits.

Nun hat der Papst den deutschen Bischöfen erneut geschrieben, aber diesmal nicht persönlich. Der Brief wurde unterzeichnet von Staatssekretär Pietro Kardinal Parolin, der Nr. 2 im Vatikan, und von zwei weiteren engsten Mitarbeitern des Papstes, den Präfekten Luis Francisco Kardinal Ladaria Ferrer SJ und Marc Kardinal Ouellet PSS. Sie leiten die Dikasterien für die Glaubenslehre und für die Bischöfe. Aber der Brief enthält einen wichtigen Hinweis: Er wurde von Papst Franziskus gebilligt und auf seine Anordnung hin veröffentlicht. Das Dokument besitzt ausdrücklich den Status „in forma specifica“. Das bedeutet: Der Papst stellt sich mit seiner Autorität unmittelbar dahinter. Es handelt sich also nicht um eine bloße Meinungsäußerung, um einen unverbindlichen Vorschlag oder eine Bitte, sondern um eine klare, rechtsverbindliche Anweisung.

Fehlt nun erneut die Briefmarke? Offenbar bei vielen Teilnehmern der Synodalversammlung. Denn die Reaktion von Bischof Georg Bätzing, Vorsitzender der deutschen Bischofskonferenz, ist befremdend und stiftet eher Verwirrung. Der Papst hat „klargestellt, dass weder der Synodale Weg noch ein von ihm eingesetztes Organ noch eine Bischofskonferenz die Kompetenz haben, den ‚Synodalen Rat‘ auf nationaler, diözesaner oder pfarrlicher Ebene einzurichten“. Diese Mitteilung bedeutet das „Aus“ des Synodalen Rates, der vom Synodalen Weg bereits beschlossen, aber noch nicht eingerichtet wurde.

Bischof Georg Bätzing ignoriert offensichtlich diese Tatsache. In seiner Stellungnahme vom 23. Januar hat er erklärt, dass er die Sorge nicht teile, dass der Synodale Rat die Autorität der einzelnen Bischöfe aushebeln könnte. Er versicherte: „Niemand stellt die Autorität des Bischofsamtes infrage.“ Aber: Auf seine Meinung kommt es überhaupt nicht an! Seit gut zwei Jahren tagt der Synodale Weg mit seinen Ausschüssen und inzwischen vier Plenumsversammlungen. Im November haben die deutschen Bischöfe mit dem Papst und den Unterzeichnern des aktuellen römischen Briefes diskutiert; die grundlegenden Einwände des Vatikans wurden veröffentlicht. Nachdem es seither keine Korrektur vom falschen Kurs gab, hat der Vatikan zumindest dieses umstrittene Thema jetzt eindeutig beantwortet.

Die Begründung beruht auf der Ernstnahme des Zweiten Vatikanischen Konzils, das in seiner dogmatischen Konstitution Lumen Gentium (21) den Charakter und die Wirkung der Bischofsweihe gründlich dargelegt hat. Sie ist so einfach, dass sie ein Theologiestudent bereits im ersten Semester versteht: Die Gnade des Weihesakramentes wird durch Handauflegung und Gebet übertragen. Die Kirche spricht von einem persönlichen und unverlierbaren Prägemal. Dadurch werden eine persönliche Vollmacht und ein Amt verliehen, die nicht im persönlichen Belieben wahrgenommen oder an ein Gremium abgegeben werden können – auch nicht, wenn die Mitglieder gewählt wurden.

Bischof Bätzing möchte sich offenbar von seinen Plänen nicht abbringen lassen und den Synodalen Rat trotzdem einrichten. Einen Synodalen Ausschuss, der das neue Gremium vorbereiten soll, will er auf der nächsten Synodalversammlung im März auf den Weg bringen. Das ist natürlich sinnlos, weil das Ergebnis nicht verwirklicht werden kann.

Hier stellt sich die Frage, wie es zu einer solchen Ignoranz kommen kann. Offenbar ist wirklich sein persönlicher Wunsch maßgeblich. Denn in der vergangenen Woche hat Georg Bätzing als Bischof von Limburg zwei Neuerungen in seinem Bistum auf den Weg gebracht: Er hat neue sexualpädagogische Leitlinien mit einer weitestgehenden Preisgabe der katholischen Sexualmoral veröffentlicht; ebenso hat er ein neues Statut zu den Leitungsstrukturen im Bistum und im Ordinariat in Kraft gesetzt, das eine Art Synodalen Rat auf Bistumsebene verkörpert. Er nennt es Bistumsteam, das als höchste Leitungsstruktur eingesetzt wird. Damit hat er sehr wichtige Anliegen des Synodalen Weges bereits verwirklicht, bevor sie endgültig beschlossen wurden.

Wie ist nun die Realitätsverweigerung des DBK-Vorsitzenden zu werten? Es entsteht der Eindruck: Bischof Bätzing will die klare Anweisung des Papstes und seiner engsten Mitarbeiter als einen Meinungsbeitrag umdeuten, dem man nicht entsprechen müsse. Aber er hat weder einen Ermessensspielraum noch ein Vetorecht. Bischof Georg Bätzing verkennt offensichtlich seine Kompetenzen und geht momentan so weit, dass er sich und auch weitere bischöfliche Mitbrüder an den Rand eines Schismas lenkt, indem sie sich der päpstlichen Weisung nicht unterordnen.

Das Kirchenrecht beschreibt in can. 751 CIC: „Schisma nennt man die Verweigerung der Unterordnung unter den Papst oder der Gemeinschaft mit den diesem untergebenen Gliedern der Kirche.“

Diese Gefahr droht nun konkret. Die deutschen Bischöfe stehen deshalb im Augenblick in einer Situation, sich entweder für einen deutschen Sonderweg zu entscheiden, der die Gemeinschaft der Weltkirche verlässt, oder die Gemeinschaft mit dem Papst beizubehalten und seiner Weisung zu entsprechen. Zweifellos ein historischer Moment.

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