Die Einheit und Unauflöslichkeit der Ehe ist ein bleibend wertvolles, heute bedauerlicherweise angefochtenes Thema der Theologie. Nicht nur in weltlichen Diskursen wird über die Aufweichung und Nivellierung des naturrechtlich gegründeten Eheverständnisses nachgedacht, auch Katholiken, Kleriker wie Weltchristen, insbesondere auch Gelehrte, die im Namen der Kirche lehren, halten etwa die sogenannte „Ehe für alle“ für eine segensreiche Lebens- und Liebesverbindung.

Johannes Paul II. denkt in der Katechese vom 21. November 1979 (veröffentlicht in L’Osservatore Romano 79/48) über den Ehebund von Mann und Frau nach, indem er an die Aufgabe und Bedeutung der ursprünglichen Einheit des Menschen und den „Reichtum des Schöpfungsgeheimnisses“ erinnert: „Diese Erkenntnis, das heißt die Suche nach der menschlichen Identität dessen, der am Anfang ‚allein‘ ist, muß immer durch die Zweiheit, die ‚Vereinigung‘ hindurchgehen.“

Die Erkenntnis des Menschen ist unauflöslich von „Männlichkeit“ und „Weiblichkeit“ bestimmt: „Sie sind wie zwei ‚Inkarnationen‘ derselben metaphysischen Einsamkeit gegenüber Gott und der Welt – zwei sich ergänzende Arten, Leib und Mensch zu sein, zwei sich ergänzende Dimensionen des Selbstbewusstseins und der Selbstbestimmung und gleichzeitig zwei sich ergänzende Formen des Körperbewusstseins.“ Es ist also sinnwidrig, Identität und biologisches Geschlecht voneinander zu lösen und sich damit wider den Willen des Schöpfers zu stellen, der den Menschen als Mann und Frau geschaffen hat.

Johannes Paul II. führt aus, dass die „Funktion des Geschlechts“ ein konstitutiver Bestandteil der Person ist, nicht nur etwas Beiläufiges oder gar Austauschbares. Die Person sei vom Körper geprägt: „Das Vorhandensein des weiblichen Elementes neben und zusammen mit dem männlichen bedeutet eine Bereicherung für den Menschen in jeder Phase seiner Geschichte, einschließlich der Heilsgeschichte.“ Präzise werde die eheliche Vereinigung in Gen 2,24 angesprochen: „Die äußerst knappe und einfache biblische Formulierung weist das Geschlecht weiblich und männlich – als jenes charakteristische Merkmal des Menschen Mann und Frau aus, das ihnen ermöglicht, wenn sie ‚ein Fleisch werden‘, zugleich ihr ganzes Menschsein dem Segen der Fruchtbarkeit unterzuordnen.“

Dieser „Segen der Fruchtbarkeit“ indessen ist bedroht, etwa durch säkulare Lehren der sogenannten Selbstverwirklichung, durch den Gebrauch von Verhütungsmitteln und die negative Haltung gegenüber dem Geschenk des Lebens – und von der Abkehr von der Lehre der Kirche über Ehe und Familie. Johannes Paul II. meditiert in leuchtenden Worten die Schönheit der Sexualität mit Blick auf das „Geheimnis der Schöpfung“: „Mann und Frau, die sich (im ehelichen Akt) so innig miteinander verbinden, dass sie ‚ein Fleisch werden‘, entdecken sozusagen jedes Mal aufs neue und in besonderer Weise das Geheimnis der Schöpfung und kehren so zu jener Einheit im Menschsein (‚Gebein von meinem Gebein und Fleisch von meinem Fleisch‘) zurück, die ihnen ermöglicht, sich gegenseitig zu erkennen und wie beim ersten Mal beim Namen zu nennen. Das bedeutet in gewissem Sinne, den ursprünglichen personalen Wert des Menschen wieder zu beleben, der sich aus dem Geheimnis seiner Einsamkeit gegenüber Gott und inmitten der Welt ergibt. Die Tatsache, dass sie ‚ein Fleisch‘ werden, ist ein vom Schöpfer festgelegtes mächtiges Band, durch welches sie ihr eigenes Menschsein sowohl in seiner ursprünglichen Einheit wie auch in der Zweiheit einer geheimnisvollen wechselseitigen Anziehungskraft entdecken.“

Wer über diese besondere Anziehungskraft nachsinnt, wird sich vergegenwärtigen können, dass diese Schönheit der Begegnung von Mann und Frau spürbar ist auch in einer Sprache der leisen Zeichen und Gesten, in einer wachsenden Vertrautheit, in einem liebevollen Miteinander- und Füreinander-Dasein, das sich weitet und reich ist an kostbaren, zärtlichen Momenten. Zugleich soll die Geschlechtlichkeit nicht auf den Instinkt reduziert werden: „Auf der Ebene des Menschen und in der wechselseitigen Beziehung der Personen ist das Geschlecht Ausdruck einer immer neuen Überwindung der Grenze der Einsamkeit des Menschen, die seiner körperlichen Verfassung innewohnt und seine ursprüngliche Bedeutung ausmacht. Diese verlangt immer, die Einsamkeit des Leibes des anderen ‚Ich‘ sowie die des eigenen ‚Ich‘ anzunehmen.“

Die Verbindung von Mann und Frau in der Ehe beruht auf einer Entscheidung: „Nach dem Abbild Gottes geschaffen, sollen der erste Mann und die erste Frau, auch insofern sie eine echte Personengemeinschaft bilden, Anfang und Beispiel für alle Männer und Frauen darstellen, die sich – wann auch immer – so innig miteinander vereinen werden, dass sie ‚ein Fleisch‘ sind. Der Körper, der durch die Tatsache seiner Männlichkeit bzw. Weiblichkeit von Anfang an beiden hilft (‚eine Hilfe, die ihm entspricht‘), einander in personenhafter Gemeinschaft zu begegnen, wird in besonderer Weise zum konstitutiven Element ihrer Verbindung, wenn sie Mann und Frau werden. Das aber erfolgt nach gegenseitigem Einverständnis. Dieses Einverständnis begründet den Ehebund zwischen zwei Personen.“

Es wäre auch unangemessen, jene Form des „ein Fleisch“-Seins ausschließlich sexuell zu verstehen. Die „innige Gemeinschaft des Lebens und der Liebe“ ist eine Existenzweise dieser zwei Personen, die einander entdecken, sich als einander zugehörig erkennen und im Sakrament der Ehe verbunden sind. Die Hingabe umschließt viele Dimensionen, ganz gewiss besonders auch den Körper beim „persönlichen Sich-Schenken“, da in jeder „ehelichen Vereinigung von Mann und Frau aufs neue eben dieses ursprüngliche Bewusstsein der verbindenden Bedeutung des Körpers in seiner männlichen und weiblichen Ausprägung entdeckt wird. Damit zeigt der biblische Text gleichzeitig an, dass sich bei jeder solchen Vereinigung gewissermaßen das Schöpfungsgeheimnis in seiner ganzen ursprünglichen Tiefe und Lebenskraft erneuert. ‚Genommen vom Mann‘ als ‚Fleisch von seinem Fleisch‘, wird die Frau dann als ‚Ehefrau‘ und durch ihre Mutterschaft zur ‚Mutter der Lebendigen‘ (Gen 3,20), denn ihre Mutterschaft hat auch im Mann ihren eigentlichen Ursprung. Die Zeugung des Lebens wurzelt in der Erschaffung und erneuert in einem bestimmten Sinn jedes Mal das Schöpfungsgeheimnis.“

Hinweis: Meinungsbeiträge wie dieser spiegeln die Ansichten der jeweiligen Gast-Autoren wider, nicht notwendigerweise jene der Redaktion von CNA Deutsch.

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