CNA Deutsch dokumentiert im Wortlaut die Predigt von Erzbischof Bruno Forte von Chieti-Vasto, die er an diesem Sonntag im Heiligtum des Heiligen Antlitzes von Manoppello hielt. Die Übersetzung ins Deutsche stammt von Paul Badde.

Das Thema der gesamten Liturgie des Wortes an diesem Sonntag ist die Freude. Es ist ein zentrales Motiv des biblischen Glaubens, wie uns Papst Franziskus in einer bedeutenden Passage von Gaudete et exsultate zu verstehen gibt, seinem Apostolischen Schreiben vom 19. März 2018, das dem Ruf zur Heiligkeit in der heutigen Welt gewidmet ist, wo der Heilige Vater erklärt: Schon „die Propheten haben die Zeit Jesu, in der wir heute leben, als eine Offenbarung der Freude angekündigt: ‚Singt und jubelt!‘ heißt es an einer Stelle beim Propheten Jesaja (Jes 12,6). Oder ‚Steigt auf einen hohen Berg, ihr, die ihr Zion die frohe Botschaft verkündet!‘, an einer anderen Stelle bei ihm, und: ‚Erhebt eure Stimme mit Kraft, ihr, die ihr Jerusalem die frohe Botschaft verkündet‘ (Jes 40,9). Oder ‚Jauchzet, ihr Berge‘, an wieder einer anderen Stelle: ‚denn der Herr tröstet sein Volk und erbarmt sich seiner Armen‘ (Jes 49,13).“

Danach möchte ich heute über die Beziehung zwischen dem Antlitz Jesu, das wir in diesem Heiligtum betrachten, nachdenken, und über die Freude des Jüngers, der es hier anschaut und sich von dem Sohn anschauen lässt, der in einem intensiven Band des Glaubens und der Liebe zu uns gekommen ist.

Die Worte des Propheten Jesaja, dem ich die Zitate entnommen habe, wurden geschrieben, um dem Volk, das aus der langen Erfahrung des Exils zurückkehrte, Mut und Hoffnung zu geben. Es ist vor allem ein Lied der Liebe: „Um Zions willen werde ich nicht schweigen, um Jerusalems willen werde ich nicht ruhen, bis ihre Gerechtigkeit wie eine Morgenröte aufgeht und ihr Heil wie eine Lampe leuchtet.“

Die von Jesaja angekündigte Morgenröte ist die Stunde, in der sich die Liebe des Ewigen zu seinem Volk in Gerechtigkeit und Herrlichkeit offenbaren wird, und zwar als Frucht des zwischen Gott und Israel für immer geschlossenen Ehebundes. Die Freude, die sich daraus ergibt, wird die des Volkes sein, das sich auserwählt und geliebt fühlt. Es wird aber auch die Freude Gottes sein, den wir uns hier wie einen Bräutigam vorstellen sollen: „Wie sich der Bräutigam über seine Braut freut, so wird sich dein Gott über dich freuen.“

Denn Freude ist die Erfahrung, sich geliebt zu fühlen und selbst zu lieben: Wenn diese Liebe aber vom Herrn kommt, der ewig und vollkommen ist, kann auch diese Freude nur unendlich und ewig sein. Das ist die Freude, die Jesus der Welt und uns als Geschenk verkündet und gebracht hat. Deshalb erfüllt die Betrachtung seines Angesichts das Herz mit Freude und lässt uns die schöne Gewissheit spüren, dass wir geliebt sind, damit auch wir zur Liebe befähigt werden.

In dem Abschnitt aus dem ersten Brief des Paulus an die Korinther (12,4–11) betont der Apostel die Freude über die Fülle der Gaben oder Charismen, die der Geist über die Gläubigen ausgießt, wie es in der Vielfalt der verschiedenen Dienste zum Ausdruck kommt, in denen der eine und einzige Herr wirkt: „Es gibt verschiedene Tätigkeiten, aber ein und derselbe ist Gott, der alles in allen wirkt.“ „Einem jeden“, sagt Paulus, „ist eine besondere Offenbarung des Geistes zum allgemeinen Wohl gegeben … Weisheit … Erkenntnis … Glaube … die Gabe der Heilung … Wunder … Prophetie … Unterscheidungsvermögen … Zungenreden … Dies alles aber wird von ein und demselben Geist gewirkt, der es einem jeden zuteilt, wie Er es will.“

Es ist ein Schauer von Gnaden, den der Geist über uns ausgießt, und jede ist genau auf den Empfänger zugeschnitten, dem sie gegeben wird: Die Freude darüber ist die Quelle des leidenschaftlichen und großzügigen Einsatzes eines jeden von uns in der Kraft von Pfingsten, damit das Werk eines jeden, getreu dem, was er empfangen hat, zur Quelle der Wahrheit, der Gerechtigkeit, des Friedens, der Freiheit und der Freude für alle sein kann. Vom Antlitz des geliebten Herrn strahlt die Gnade auf die Gesichter der Geliebten aus, und das Geschenk der Freude, das einem jeden von uns zuteil wird, wird zur tätigen Liebe für das Wohl und die volle Freude aller. Das Heilige Antlitz strahlt Freude aus, weil es das transparente Bild eines Herzens ist, das liebt und durch seine Liebe die Freude an jeden weitergibt, der das Geschenk im Glauben annimmt.

Der Abschnitt aus dem Johannesevangelium (2,1–11) schließlich berichtet von dem Wunder der Verwandlung von Wasser in Wein durch Jesus bei einem Hochzeitsfest in Kana in Galiläa, bei dem auch seine Mutter zugegen ist und mit liebevoller Fürsorge eingreift. Die Atmosphäre ist von festlicher Freude geprägt – bis zu dem Moment, als der Wein ausgeht und die Freude in die Befürchtung umkippt, dass Schande statt Freude die Feier beherrschen könnte. Das Wunder des Wassers, das Jesus auf die Bitte der Mutter hin in köstlichen Wein verwandelt, zeigt, wie sehr ihm die Freude der Brautleute und ihre Liebe am Herzen liegt. Die besonders schöne Botschaft ist, dass dem ewigen Sohn vor allem die Freude der Geschöpfe am Herzen liegt und er sie durch alle Zeichen seines irdischen Wirkens schenkt, wie uns der Schluss der Geschichte versichert: „Dies war, in Kana in Galiläa, der Anfang der Zeichen, die Jesus tat. Er offenbarte seine Herrlichkeit und seine Jünger glaubten an ihn.“ – „Die Ehre Gottes ist der lebendige Mensch“, sagt der heilige Irenäus von Lyon, „die Herrlichkeit des Menschen ist seine Gottesschau“. All dies erfüllt sich hier in reinster und intensivster Freude.

Die Freude, die Jesus jedem schenkt, der an ihn glaubt, erwächst aus der Annahme der frohen Botschaft der göttlichen Liebe, die vergibt, versöhnt, verklärt und rettet, in der Zeit und in der Ewigkeit. Es ist die Freude, die das Herz derer erfüllt, die glauben, wie Jesus selbst erklärt hat: „Das habe ich euch gesagt, damit meine Freude in euch ist und damit eure Freude groß wird“ (Joh 15,11). Es ist die Freude, die die Jünger durch die Verkündigung des Evangeliums und die Weitergabe des neuen Lebens in Christus vermitteln, jene Freude, von der sie wissen, dass sie – nach einem Ausdruck des Apostels Paulus – die „Mitarbeiter der Freude“ aller sein müssen (vgl. 2 Kor 1,24).

Wenn wir also das Geschenk der Freude im Zusammenhang mit der Begegnung mit dem Heiligen Antlitz betrachten, das uns anschaut, uns liebt und uns mit Freude erfüllt, können wir eine dreifache Botschaft erkennen.

Die Quelle der Freude ist Christus, der Sohn Gottes, der zu uns gekommen ist, um uns mit Liebe aus der Höhe zu überfluten und um uns damit reich zu machen in dem Wissen, geliebt zu werden und lieben zu können. Das Modell der Freude ist immer Jesus, der uns mit seinem Antlitz zu verstehen gibt, dass die Freude in einer direkten und persönlichen Beziehung zum anderen empfangen und geschenkt werden muss. Das Ziel der Freude liegt in uns selbst und in denen, die Gott uns anvertraut und zu denen er uns sendet, denn die Freude ist kein Gut, das eifersüchtig bewacht werden darf, sondern ein Strom, der sich mit den Entscheidungen und Zeichen der gelebten Nächstenliebe verbreitet. Wer sich anmaßt, die Freude in seinem Herzen für sich zu behalten, würde sie sofort verlieren. Und wer nicht erkennt, wie er sie immer wieder aus der unerschöpflichen Quelle Gottes schöpfen kann, läuft Gefahr, sich ihrer zu berauben.

Das Heilige Antlitz ist also Quelle, Vorbild und Ziel der Freude, und seine Betrachtung macht uns nicht nur froh, weil wir uns im Geliebten geliebt fühlen, sondern weil uns dieses Gesicht auch als Missionare der Liebe aussendet mit der Freude, die nur die wahre Liebe schenken kann, mit jener Liebe, die von Gott kommt und zu ihm zurückkehrt durch die notwendige Hinwendung zu anderen, die zu lieben sind, besonders aber zu denen, die klein und arm sind und der Gerechtigkeit und Liebe am meisten bedürfen.

Wenn wir uns dem Heiligen Antlitz Jesu zuwenden, können wir also wie folgt beten:

Herr Jesus, Du bist das Antlitz der ewigen Liebe, und Du willst uns mit Augen der Barmherzigkeit anschauen, indem Du den Heiligen Geist ausgießt als Duft Deiner Gnade und als Verbreiter der Freude, die Du allein unseren Herzen und dem ganzen Universum geben kannst.

Du willst uns berühren, um von uns berührt zu werden, und Du hast Dich im Brot des Lebens schmecken lassen, das unsere Schwachheit zu nähren vermag und uns zu Mitarbeitern an der Freude aller macht.

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Sprich wieder zu uns, umhülle uns mit Deiner Gegenwart, und lass unsere Begegnung mit Dir an diesem heiligen Ort ein neuer Anfang der Geschichte des Heils, der Liebe und der Freude sein, zu der Du unsere Herzen und Dein ganzes Volk, als Pilger durch die Zeit, rufst.

Maria, Du hast zuerst das Antlitz Deines Sohnes betrachtet und es mit mütterlicher Zärtlichkeit geküsst. Du sahst es als erste von Liebe und Freude erfüllt, du hast gesehen, wie Er seine Augen am Kreuz in einem Opfer der vollkommenen Liebe schloss, als Quelle der Vergebung, des Heils und der Freude für uns. Du hast Ihn als Auferstandenen und Spender des wahren und vollen Lebens betrachtet und siehst Ihn nun in seiner lebendigen Herrlichkeit, um für uns beim Vater Fürsprache einzulegen.

Hilf uns, Herr, treue und freudige Jünger Deiner Wahrheit zu sein, die erleuchtet und rettet. Gib, dass wir, indem wir Dich in der Gnade des Jubiläumsablasses aufnehmen, den die Mutter Kirche in den Sakramenten, in Werken der Nächstenliebe und im Glauben als barmherzige Fürsorge für unsere Schwächen anbietet, Zeugen der Freude sind. Lass uns Dein Antlitz als Offenbarung und Geschenk der unendlichen Liebe den Herzen der Demütigen vermitteln, die Dich lieben, indem sie sich von Dir lieben lassen.

Herr der Freude, möge Dein Antlitz uns helfen, überzeugte und ansteckende Verbreiter der Freude zu sein, die uns niemals verlassen wird. Amen.

Hinweis: Meinungsbeiträge wie dieser spiegeln die Ansichten der jeweiligen Gast-Autoren wider, nicht notwendigerweise jene der Redaktion von CNA Deutsch.