Papst Pius XII. richtete am 23. September 1950 an die Priester das Apostolische Mahnwort "Menti nostrae". Er erinnert an die Dimensionen der Heiligkeit des Priesterlebens. Ein Wort, das an Kleriker gerichtet ist, dürfen auch gläubige Laien, also Weltchristen – damals wie heute – vernehmen, studieren und bedenken.

Pius bittet eindringlich darum, "dass die Bemühungen der Hirten und Priester, die das christliche Volk anleiten sollen, das Böse zu meiden, die Gefahren zu überwinden und nach Heiligkeit zu streben, von Tag zu Tag wirksamer werden". Die Priester, als Diener Christi, leben "mitten im Volke", so sind sie also "mit seinen Entbehrungen und Leiden, körperlichen und seelischen Nöten vertraut": "Doch kann das Priesteramt seine volle Wirksamkeit, die ganz den Forderungen dieser unserer Zeit entspräche, nur dann entfalten, wenn die Priester ihrem Volk durch den voranleuchten; sie sollen würdige »Diener Christi« sein, treue »Verwalter der Geheimnisse Gottes« (vgl. 1 Kor 4, 1), wirksame »Helfer Gottes« (vgl. 1 Kor 3, 9) ausgerüstet zu jedem guten Werk (vgl. 2 Tim 3, 17)." Durch Heiligkeit sollen sie sich auszeichnen: "Das ist die Aufgabe, die ihr frei und freudig auf euch genommen habt: seid heilig, wie euer Dienst heilig ist."

Der Priester solle seine Augen zu jeder "auf Christus richten". Pius XII. erinnert deutlich und zu Recht an den kirchlichen Gehorsam: "Wie das priesterliche Leben von Christus ausgeht, so muss es jederzeit voll und ganz auf ihn gerichtet sein. Christus aber ist das Wort Gottes, das nicht verschmähte, die menschliche Natur anzunehmen; das hier auf Erden lebte im Gehorsam gegen den Willen des Ewigen Vaters; das um sich den Glanz der Liebe verbreitete; das in Armut lebte." Christliche Vollkommenheit beruhe auf der Demut: "Der Priester vertraue nicht auf seine eigene Kraft, freue sich nicht zu sehr über seine Gaben, hasche nicht nach Achtung und Lob der Menschen; er strebe nicht gierig nach höheren Ämtern, sondern ahme Christus nach, »der nicht kam um sich bedienen zu lassen, sondern um zu dienen« (Mt 20,28)."

Alle Gläubigen mögen auch heute ernsthaft bedenken, was Pius XII. über den gebotenen kirchlichen Gehorsam sagt: "Das Streben nach dieser im Lichte des Glaubens erstrahlenden Demut führt den Menschen zur Aufopferung des eigenen Willens in schuldigem Gehorsam. Christus selbst hat in der von ihm gegründeten Gemeinschaft eine rechtmäßige Autorität eingesetzt, die seine eigene beständig weiterführt, daher gehorcht dem göttlichen Erlöser selber, wer den kirchlichen Vorgesetzten gehorcht."

Dieses Wort gilt. Es ist die Lehre der Kirche, zu der wir uns im Credo bekennen. Darf jemand aus der Schar der zum priesterlichen Dienst Erwählten kirchlichen Ungehorsam billigen oder sogar fordern? Vielleicht sind auch Sie durch manche Stellungnahmen verunsichert oder irritiert? Jeder von uns, auch jeder Kleriker, wird sich für das, was er sagt und tut, eines Tages verantworten müssen. Wir sind dazu bestellt, füreinander zu beten, nicht einander zu richten.

Pius XII. schreibt weiter: "In unserer Zeit, welche die Grundlagen der Autorität freventlich zu erschüttern sucht, ist es unbedingt notwendig, dass der Priester, der den Sinn fest auf die Gebote des Glaubens richtet, eben diese Autorität anerkennt und nach Gebühr ihr folgt, nicht nur als der notwendigen Sicherung der Religion und der Gesellschaft, sondern auch als der Grundlage seiner persönlichen Heiligung. Während die Feinde Gottes in verbrecherischer List Einzelne aufstacheln und sie zu einem Widerstand gegen die Weisungen ihrer heiligen Mutter, der Kirche, verführen, loben Wir die große Schar der Priester und ermuntern sie väterlich, ihren christlichen Gehorsam klar zu zeigen und die unbedingte Treue gegen Christus und gegen die von ihm eingesetzte Obrigkeit aufrecht zu erhalten, da sie »für würdig erfunden wurden, um des Namens Jesu willen Schmach zu leiden« (Apg 5, 41), und nicht nur Schmach, sondern Verfolgungen, Kerker, ja selbst den Tod." Pius XII. ruft auch zur Milde auf, die aber ausgerichtet ist auf Christus und Seine Kirche: "Ferner erstrahle euer apostolischer Eifer im Lichte größter Milde. Wenn es auch unumgänglich unser aller Pflicht ist, die Irrtümer zu widerlegen und die Laster zu bekämpfen, so darf dennoch der Priester niemals das Gefühl des Mitleids verlieren." Wer Irrtümer benennt, tut dies nicht, als sei er selbst zum Richter bestellt: "Die Irrtümer müssen mit aller Kraft bekämpft werden, doch die irrenden Brüder muss man lieben und durch Liebe auf den Weg des Heils zurückführen." Und das ist nicht weniger wichtig: Nicht nur vom kirchlichen Gehorsam, sondern auch von der christlichen Liebe ist niemand dispensiert.

Pius XII. gibt praktische Ratschläge: "Die jungen Seminaristen sollen schon früh lernen, ihren Oberen kindlichen und aufrichtigen Gehorsam zu leisten. So werden sie später auch ihren Bischöfen bereitwillig gehorchen, nach der Mahnung des glorreichen Bekenners Christi, Ignatius von Antiochien: »Gehorchet alle dem Bischof, wie Jesus Christus dem Vater gehorcht hat« (Ad Smyrnaeos, VIII, 1). »Wer den Bischof ehrt, wird von Gott geehrt; wer hinter dem Rücken des Bischofs handelt, dient dem Teufel« (Ebd., IX, 1, 714, 715). »Tut nichts ohne den Bischof, hütet euren Leib, wie den Tempel Gottes, liebt die Einigkeit, flieht die Zwietracht, seid Nachahmer Jesu Christi, wie er der Nachahmer seines Vaters war« (Ad Philadelphienses VII, 2)." Ist das nur an Seminaristen adressiert? Klingen Pius' Worte für Sie altmodisch – oder unerwartet aktuell?

Jede Zeit hat ihre eigenen Herausforderungen. Wir alle spüren in diesen Tagen der Wüste den Hunger nach der Feier der heiligen Messe, scheint mir, nach dem Brot des Lebens und nach der vollen Teilhabe an den Sakramenten. Die Worte des großen Papstes Pius XII., den viele einfach gläubige Katholiken wie einen Heiligen verehren, scheinen mir sehr bedenkenswert und beherzigenswert zu sein. Im Geist der gotteskindlichen Demut denke ich in diesen Tagen oft darüber nach, besonders im Gebet für die Einheit der Christen und der Kirche. Ja, Papst Pius XII. hat an die Kleriker geschrieben. Zum Streben nach Heiligkeit sind wir alle aufgerufen – und dazu, Christus und Seiner Kirche treu zu sein. Dieses päpstliche Mahnschreiben ist fast 70 Jahre alt. Es spricht in unsere Zeit. Vielleicht wäre es gut, in diesen nicht einfachen Zeit der Corona-Pandemie die Worte von Pius XII. zu lesen und darüber nachzudenken.

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Hinweis: Meinungsbeiträge wie dieser spiegeln die Ansichten der jeweiligen Autoren wider, nicht unbedingt die der Redaktion von CNA Deutsch. Erstveröffentlichung 4. April 2020.