Liebe Brüder und Schwestern!

Die gegenwärtigen Zeiten der großen Seuche haben in vielerlei Hinsicht einen erzieherischen Charakter. Zuhause bleiben, Abstände wahren, Masken tragen und das gründliche Waschen der Hände sind nur einige der Maßnahmen, die trotz ihrer Ansprüche dennoch als notwendig erachtet und deshalb auch von allen befolgt werden.

Dieses Bewußtsein für Körperhygiene entspricht ganz und gar dem, was die Kirche schon von ihren Anfängen an – wir hörten heute in der Lesung aus der Apostelgeschichte davon – auch für die Hygiene und die Gesundheit der Seele für unabdingbar hält.

Am heutigen Sonntag stellt uns die Liturgie das Gebet und die Gebetsgemeinschaft der jungen Kirche vor Augen. Man versammelt sich im Abendmahlssaal – noch bevor jemand auf die Idee kommt, auszurücken und aktiv zu werden – und betet um den Heiligen Geist, zusammen mit Maria, der Mutter Jesu.

Das Gebet gehört also offenbar zum Kernbestand des Lebens mit Christus. Es ist die eigentliche Weise mit Ihm in Kontakt zu treten, das weiß die junge Kirche der Apostel. Und dass ein Kontakt mit Ihm lebensnotwendig ist, das ist unstrittig. Schließlich wartet man ja auf den Motor, der alles zum Guten führen soll, den Heiligen Geist. Nur so kann der Organismus der Kirche und in ihr jedes einzelne Organ gesund bleiben und imprägniert gegen die Ansteckung durch die Viren des Bösen und Gottwidrigen.

Man braucht das Beten, wenn man zu Gott finden will. Es ist in der Tat genau wie beim Waschen. Wer gesund bleiben will, muss einsehen, dass Hygiene etwas Unabdingbares ist, etwas, das man auch dann praktizieren muss, wenn die Bequemlichkeit etwas anderes verlangt.

Aber genau hier liegt eine merkwürdige Diskrepanz. Denn beim Beten versucht man sich erfolgreich, um eine regelmäßige Praxis herumzudrücken. Beim Beten als der Hygiene für eine gesunde Seele gelten merkwürdigerweise Argumente, die man sich beim Waschen des Körpers niemals leisten würde. Oder was würden Sie sagen, wenn Ihnen in einem Gespräch jemand begründen würde, wieso er sich nicht wasche und dabei nach dem gleichen Argumentationsmuster vorginge, wie derjenige, der begründet, warum er nicht bete. Am einfachsten ist es, wenn man in diesem Gespräch gedanklich das Worten „Beten“ einmal durch das Wort „Waschen“ ersetzt. Dann würde sich das folgendermaßen anhören: „Als Kind wurde ich zum Waschen gezwungen. Leute, die sich ständig waschen, sind doch bloß Heuchler, die meinen, sie seien sauberer als andere. Es gibt so viele verschiedene Sorten von Seife. Wie soll ich da wissen, welche die richtige für mich ist? Die Wasserwerke sind doch alle bloß hinter unserem Geld her. Ich habe es mal mit Waschen versucht, aber es war immer langweilig und ständig dasselbe. Im Badezimmer ist es immer so kalt und so steril. Ich wasche mich doch schon an Weihnachten und Ostern. Das muss reichen! Keiner meiner Freunde findet Waschen nötig. Ich habe nun wirklich keine Zeit zum Waschen. Vielleicht wasche ich mich mal, wenn ich älter bin. Und außerdem nutzt Waschen ja nicht wirklich etwas, denn man schwitzt ja anschließend ohnehin wieder - das kann auch das Waschen nicht verhindern. Und mehrfach tägliches Händewaschen, zu dem man derzeit aufgefordert wird, ist auch übertrieben, denn man sieht ja nichts den Händen!“

Würden Sie diese Argumentation nachvollziehen können? Wohl kaum. Denn bei der Hygiene wissen und beherzigen wir all das, was uns beim Beten abgeht: Regelmäßigkeit, Gründlichkeit und das Bewußtsein auch für unsichtbaren und gefährlichen Schmutz.

Deswegen fragt uns die Stelle aus der Apostelgeschichte, die uns heute von der Innigkeit des Gebetes der Apostel um den Heiligen Geist berichtet, wie es um unser Gebet und dabei besonders um die mit der Regelmäßigkeit und Tiefe unseres Gebets bestellt ist. So wenig, wie wir die besagten Argumente gegen das Waschen aufgrund unseres Hygienebewußtseins nachvollziehen können, so kann es der Liebe Gott sicher nicht nachvollziehen, wenn wir uns Ihm mit denselben Argumenten dem Beten verweigern und uns darum herumdrücken und nicht wenigsten am Morgen und am Abend unser Gebet an Ihn richten und am Sonntag die Hl. Messe mitfeiern, wo Er doch nur darauf wartet, für uns Seine Wasser fließen zu lassen und uns zu guten, sauberen und anziehenden Menschen zu machen, die Seinen Geist in diese Welt strömen lassen.

Nehmen Sie sich deswegen heute die Apostel zum Vorbild, die erkannt hatten, dass der Grund ihres Erfolges gegen alles Widrige und gegen jede Verzagtheit standhaft zu sein, allein das Gebet war. Hätten sie damit falsch gelegen, wäre die Botschaft von der Rettung sicher nicht bis zu uns gedrungen.

Das muss auch für unsere Tage klar sein: Ohne das Gebet um den Heiligen Geist, ohne den treuen Dienst des Gebets an der Welt und ohne die persönliche Verbindung mit Gott im Gebet, werden wir uns an den Viren der Trägheit, der Mutlosigkeit, der Verzagtheit und am Ende des Glaubensabfalls erst anstecken und dann daran zugrunde gehen.

Lassen Sie deswegen das, was den Hygienikern in den diversen Talkshows des Deutschen Fernsehens recht ist, Ihnen selbst billig sein. Und nehmen Sie den Kampf auf gegen die Ansteckungen des Bösen. Kämpfen Sie durch das Gebet, das Sie davor schützt, zu erkranken an Ihrer Seele. Denn das Gebet macht Sie stark, auch in unseren Zeiten, die vom Bösen verseucht sind, Apostel zu sein.

Dr. Guido Rodheudt ist Pfarrer von St. Gertrud in Herzogenrath und Gründer des "Netzwerks katholischer Priester". Seit Ausbruch der Coronavirus-Krise überträgt er täglich die Feier der heiligen Messe über das Internet. 

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