Am Montag, dem 24. Januar 2022, zelebrierte Erzbischof Georg Gänswein im Petersom in Rom in der Kapelle und am Altar der Pietà Michelangelos früh am Morgen eine heilige Messe am Gedenktag des heiligen Franz von Sales, des Patrons der Journalisten, zu dem der Fernsehsender EWTN einige Kollegen aus verschiedenen Redaktionen Roms eingeladen hatte. CNA Deutsch dokumentiert die Predigt im Wortlaut:

Liebe Schwestern und Brüder im Herrn

Das Messopfer, zu dem wir uns heute an diesem besonderen Altar der Basilika über dem Grab des Apostelfürsten Petrus zur Feier der heiligen Eucharistie versammeln, wird heute überall in der katholischen Weltkirche mit demselben Inhalt, der gleichen Würde und denselben Worten in vielen Sprachen in den herrlichen Kathedralen ebenso gefeiert wie an den ärmlichen Altären jeder Wellblechkapelle in den vielen Slums dieser Erde. 

Es erfüllt mich mit großer Freude, das Messopfer hier und jetzt mit Ihnen an diesem göttlichen Wunderwerk feiern zu dürfen, das mächtiger vom Geheimnis des Glaubens zu uns spricht, als jede Predigt es jemals könnte.

„Ich soll den Heiden den unergründlichen Reichtum Christi verkündigen“, haben wir vorhin vom Apostel Paulus in seinem Brief an die Epheser gehört. 

Doch welcher Bischof oder Theologe hat diesen Reichtum je herrlicher verkündet, als es der junge Michelangelo mit dieser Pietà um das Jahr 1500 getan hat?! 

Weil wir heute aber auch das Patrozinium des heiligen Bischofs und Kirchenlehrers Franz von Sales feiern, dem Patron der Journalisten, will ich mir erlauben, Ihnen hier vier Worte aus dem Evangelium ans Herz zu legen, die auch mir besonders am Herzen liegen: „Bleibt in meiner Liebe!“

Das ist die einzigartige Korrektur zu unserem Verständnis der Liebe, die Jesus uns heute mit diesen Worten anvertraut: Bleibt in meiner Liebe!“ Was soll das heißen?

Normalerweise verstehen wir Liebe ja anders und gewöhnlich viel enger, quasi als besondere Qualität einer Beziehung und irgendwie linear auf ein Ziel hin: fast wie eine Tätigkeit, wie eine Handlung. Ich liebe diese Person oder jene. Der Mann liebt seine Frau und umgekehrt und so weiter - wo es am Ende leider oft heißt: Ich liebe dich nicht mehr!  - Bei Jesus hingegen erfahren wir Liebe umfassend als eine Seinsweise: wie einen offenen Raum, die dem Geliebten Luft zum Atmen lässt, Heimat und eine Wohnung gibt. 

Die Liebe, die Christus uns anvertraut, gipfelt in der Feindesliebe - über alle Trennlinien und Lagerbildungen und Parteien hinweg.

Diese Liebe ist größer als alles andere - auch größer als der Tod, wie wir hier über diesem Altar sehen. 

Sie ist das Allergrößte. Wer nun aber denkt, diese Liebe sei dem Allerhöchsten allein vorbehalten und eine Nummer oder gar zwei zu groß für uns Menschen, möge auf den Schluss des Johannes-Evangeliums schauen, wo uns eine der vielleicht schönsten Definitionen der Liebe überhaupt vor Auge geführt, als Jesus Petrus fragt: „Simon, Sohn des Jonas, liebst Du mich?“

Kurz vorher haben wir gelesen, dass derselbe Apostel Jesus wenige Tage zuvor dreimal verleugnet hat, und zwar in der Stunde von dessen größter Not, am Schluss sogar unter Flüchen und Verwünschungen: Ich kenne diesen Menschen nicht!

Jetzt sagt Petrus aber zu ihm: Ja, ich liebe dich. 

Doch Jesus fragt ihn noch einmal und noch einmal. Beim dritten Mal wird Petrus dann traurig und sagt: Herr, du weißt alles, du weißt auch, dass ich dich lieb habe. 

Können wir da nicht an der Trauer und den Tränen des Apostelfürsten erkennen, dass er wirklich die Wahrheit sagt und Jesus wahrhaftig liebt, trotz seiner Verleugnung? Der Herr vertraut ihm danach jedenfalls seine Herde an, das heißt seine Kirche, uns.

Die Sünden des Apostels sind also kein Gegensatz oder gar ein Ausschluss oder das Ende der wahren Liebe, nein, auch die Verzweiflung hat in der wahren Liebe Raum, auch die Abkehr und die Verleugnung, weil in ihr auch das Verzeihen und Vergeben Platz und Wohnung haben.

Dieses Vermächtnis Jesu ist größer als der mächtige Petersdom im Zentrum der katholischen Weltkirche, es ist kostbarer als die allerschönsten Wunderwerke auf der ganzen Welt – auch als der unvergleichliche Schatz dieser herrlichen Pietà.

Diese Liebe und nichts anderes ist der „unergründliche Reichtum Christi“, von dem Paulus spricht, wenn er uns und Ihnen den Auftrag gibt, ihn furchtlos „aller Welt zu verkündigen“. 

Amen

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