26. April 2021
"Im Namen der Freiheit, die Gott allen Menschen geschenkt hat, als er sie frei geschaffen und mit dieser besonderen Würde auszeichnet hat.” Geleitet vom Geist von Franz von Assisi richtet Papst Fraziskus im vergangenen Jahr in seinem belehrenden oder ermahnenden Rundschreiben, auch als Enzyklika bekannt, einen Aufruf nicht nur nur an die Kirche.
Die Geschwisterlichkeit aller Menschen, Multilateralismus und Frieden, standen Anfang diesen Monats im Mittelpunkt einer internationalen Online-Diskussionsrunde bei den Vereinten Nationen in Genf die der Heilige Stuhl zusammen mit dem Souveränen Malteserorden und der Päpstlichen Lateran Universität organisiert hatten.
Die Enzyklika "Fratelli Tutti” geht auf ein Zitat von Franz von Assisi zurück.
In dem Dokument schreibt Papst Franziskus über von Assisi, "von seinen Ratschlägen möchte ich den einen herausgreifen, mit dem er zu einer Liebe einlädt, die alle politischen und räumlichen Grenzen übersteigt. Er nennt hier den Menschen selig, der den anderen, »auch wenn er weit von ihm entfernt ist, genauso liebt und achtet, wie wenn er mit ihm zusammen wäre. Mit diesen wenigen und einfachen Worten erklärte er das Wesentliche einer freundschaftlichen Offenheit, die es erlaubt, jeden Menschen jenseits des eigenen Umfeldes und jenseits des Ortes in der Welt, wo er geboren ist und wo er wohnt, anzuerkennen, wertzuschätzen und zu lieben.”
In einer lange vorbereiteten Online-Konferenz wurde „Fratelli tutti" den Vereinten Nationen vorgestellt mit dem Ziel über die Auswirkungen nachzudenken, welche die durch die aktuelle Pandemie ausgelöste Krise auf die internationale Gemeinschaft hat.
Wir fragten Erzbischof Ivan Jurkovič, Ständiger Beobachter des Heiligen Stuhls bei der UNO Genf, der auch einer der Moderatoren der Online Veranstaltung war, wir er dazu stünde das die Vereinten Nationen und andere Teilnehmer der Online Konferenz nicht alle Lehren und Werte des Dokumentes teilen ?
Erzbischof Ivan Jurkovič : "Wie jeder weiß, denn wir haben es schon so oft wiederholt, ist die Teilnahme des Heiligen Stuhls bei den Internationalen Organisationen wichtig, vor allem weil es unsere Überzeugung ist, dass das Teilen des gemeinsamen menschlichen Schicksals für die Kirche eine Berufung ist. Durch den Dialog mit anderen Gemeinschaften die hier in Genf bei der UNO vertreten sind können wir lernen.Das interessante als wir diese Veranstaltung vorbereitet haben ist, das wir entdeckten, dass die 'Brüderlichkeit' bereits im ersten Artikel der Charta der Vereinten Nationen manifestiert ist.
So konnten wir also zwei Impulse miteinander verbinden. Erstens die Absicht der 'Gründungsväter' der Vereinten Nationen und zweitens, so viele Jahre später, die Denkanstösse des Papstes.
Die Brüderlichkeit scheint unverzichtbar für das Konzept des menschlichen Zusammenlebens zu sein. Sie wurde so oft unterstrichen, nie verwirklicht, und wahrscheinlich muss sie besonders heute wieder vorangebracht werden, vor allem, um das Leiden von Menschen abzuwenden, gerade jetzt in der Corona Krise. Das war also unsere Lektion, die wir gelernt haben, und unser Eindruck, den wir von der Veranstaltung hatten.”
2019 schien vielleicht das Ziel, weltweite, menschliche Brüderlichkeit zu erreichen realistisch. Heute jedoch in einer Welt hinter Masken, sozialen Distanzierungen und Abriegelungen, kann weltweite Brüderlichkeit unter diesen restriktiven Bedingungen überhaupt noch erreicht werden?
Erzbischof Ivan Jurkovič: "Ich denke, das die Situation deutlich zeigt, das der Mensch, ganz besonders in Krisensituationen, sein ganzes Potential, seine menschlichen Fähigkeiten und deren Bandbreite einsetzt, in einer Form die unter sogenannten 'normalen' Umständen nicht in dem gleichen Aussmaß zur Anwendung käme.
Denn es ist doch leider so, das dieses Potenzial normalerweise entweder ungenutzt bleibt oder zu anderen Zwecken verwendet wird, die zwar der menschlichen Natur entsprechen jedoch nicht immer zum Guten eingesetzt werden und oft kurzsichtig sind.
Das was wir erkennen sollten in dieser Tragödie ist das was Sie ansprachen. Die Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation erwähnte das lediglich 0,6% der Bevölkerung in weniger entwickelten Ländern geimpft wurden.
Das ist eine Katastrophe. Sie haben Recht das es unter den gegenwärtigen Umständen eine Herausforderrung ist . Aber wir müssen es versuchen zu ändern und weiterkommen. Das ist ja auch das was der Heilige Stuhl und auch der Heilige Vater fordern.
Aber wenn Sie mir erlauben, würde ich hier noch etwas hinzufügen wollen, was wir aus dieser Tragödie lernen können. Ich wiederhole das immer in vielen Begegnungen und Interviews: Das Masken Phänome
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Diese 'Masken Erfahrung' hat unsere Denkweise verändert. Normalerweise, wenn wir eine Maske verwenden, denkt jeder, dass er sich selbst schützt.
Aber beim Coronavirus wissen wir ja, das die Maske nicht dazu dient, uns selbst zu schützen, sondern zunächst die anderen zu schützen, aber damit doch letzendlich auch uns selbst. Das also das Ergebnis am Ende das positiv ist, das gleiche ist.
Das heißt, das wir aus jeder Krise lernen können. Wir hoffen also dass auch das Coronavirus ein Lehrer für die Menschheit werden kann.”
Unter den Teilnehmern der Online Veranstaltung waren unter anderem Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin, Kardinal l Ayuso vom Päpstlichen Rat für interreligiösen Dialog, UN Flüchtlingsorganisations Chef Filippo Grandi, Weltgesundheitsorganisations Chef Dr. Tedros, der Chef des Internationalen Roten Kreuzes, der Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen sowie der Rektor des lateinamerikanischen Rabbinerseminars.
(In den kommenden 2 Ausgaben des UN Blogs werden wir mit der Vertreterin des Souveränen Malteserordens, mit dem Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen und mit einem guten Freund des Papstes dem Rektor des lateinamerikanischen Rabbinerseminars sprechen.)
Es scheint so, fragten wir den Erzbischof alsob "Fratelli Tutti”, so wie bereits "Laudato Si” zuvor, gerne in Auszügen zitiert wird, von der UNO und anderen Organisationen, solange diese Auszüge in ihre eigenen Ziele passen?
"Leider aber sehr wahrscheinlich it das so", stimmt der Erzbischof zu, "andererseits sollten wir jedoch auch die Eingebungen des Papstes, seine Handlungen, seine Vorschläge als ein wertvolles diplomatisches Werkzeug sehen. Nicht das jeder dem folgt was der Papst sagt, aber wir glauben, dass das, was wir sagen und wiederholen um andere zu ermutigen und uns zu hören ein wirkungsvolles, diplomatisches Instrument ist welches die Art und Weise, wie andere am gesellschaftlichen Leben teilnehmen beeinflussen kann. Und ich denke, dass die ausgeprägte Beteiligung an unserer Veranstaltung gezeigt hat, dass man mit einer guten Idee großes Interesse erzeugen kann.
Ich denke, diese Offenbarungen des Heiligen Vaters sind gute Ideen, sind starke Ideen, und die Zuhörer kommen. Sie interpretieren zwar in unterschiedlicher Weise, aber es ist nicht übertrieben zu sagen, daß es immer ein Gedankenanstoß ist.
Und obwohl doch die Kritik an den Vereinten Nationen meist im Vordergrund steht, und das ist unvermeidbar, so sollte man doch als Fußnote anmerken, dass ohne die Vereinten Nationen die Welt wahrscheinlich heute schlimmer dran wäre. Sie sind weit entfernt davon perfekt zu sein, weit davon entfernt ausreichend gut zu sein, aber sie sind ein sehr nützliches Instrument.
Wir sind daher überzeugt, das diese Veranstaltung bei der zwei Anschauungen ausgetauscht wurden, nämlich die des Heiligen Vaters und die der Zweckmäßigkeit und Vielseitigkeit der Vereinten Nationen, ein nützlicher Beitrag gerade in dieser Zeit der Pandemie war.”
Wie der Papstbrief "Fratelli Tutti" auf ihn persönlich gewirkt habe fragten wir Erzbischof Jurkovič.
"Was ich persönlich beim Lesen von "Fratelli Tutti” erkannt habe, gerade in meiner jetzigen Lebensphase, nach fünf Jahren Dienst hier in Genf, möchte ich wie folgt zusammenfassen:
Jede Generation braucht eine Inspiration für ihr Leben.
Jede Generation hat Schwierigkeiten, diese Inspiration zu finden.
Es scheint, dass das was fehlt, gerade heutzutage in vielen Teilen der Welt, aber vor allem seit Langem schon in den sogenannten entwickelten Ländern, der reichen Welt, was fehlt ist die Inspiration.
Aber wer soll diese Inspiration anbieten?
Wir wären zufrieden wenn wir bessere wirtschaftliche und soziale Strukturen hätten, eine besserer Bildung, mit besserem menschlichen Handeln und Verständigung.. alles das ist wahrscheinlich nicht gut genug...
Jedoch die Inspiration zur Veränderung, zur Erfüllung unserer Generation, der kommenden Generationen muss auch eine geistige Inspiration sein.
Und ich glaube nicht, dass es viele andere Quellen gibt als Spiritualität und Religion.
Und vom katholischen und christlichen Standpunkt aus gesehen, glauben wir, dass genau das unsere Religion ist.
Dass es das Christentum ist, das in der Lage ist Inspiration zu bringen durch die Liebe als universelles Gesetz und die Brüderlichkeit als Ausdruck dieser Liebe. Ich glaube, es ist die Berufung dür das Christentum, unsere Berufung hinter dieser Vision zu stehen, dieser optimistischen Vision. Und diese optimistische Vision ist nicht so sehr für die erwachsene Generation nötig, aber die Jungen brauchen sie. Ich glaube, ohne ihnen diese Inspiration zu hinterlassen, hätten wir nicht genug in unserem Leben getan.”
Am 3. Oktober 2020 betete Papst Franziskus beim Grab des heiligen Franziskus ein ökumenisch ausgerichtetes Gebet welches den Geist von "Fratelli Tutti” gut zusammenfasst
"Komm, Heiliger Geist, zeige uns deine Schönheit, die in allen Völkern der Erde aufscheint, damit wir entdecken, dass sie alle wichtig sind, dass alle notwendig sind, dass sie verschiedene Gesichter der einen Menschheit sind, die du liebst. Amen."
Original Interview aufgenommen in Genf von Kameramann Andriy Ryndych. Redaktion, Deutsche Übersetzung, Moderation und Schnitt: Christian Peschken für EWTN .TV
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