Roboter dienen meist friedlichen Zwecken. Doch gibt es automatisierte Waffensysteme, die ihre Ziele selbständig auswählen und angreifen können. Diese "Killer-Roboter" sind Maschinen, die automatisch entscheiden können, was sie zerstören – oder wen sie töten. 

Bei der UN in Genf, fand im März, wie jedes Jahr, das Treffen der Gruppe von Regierungsexperten für tödliche autonome Waffensysteme statt im Rahmen des Übereinkommens über bestimmte konventionelle Waffen (CCW). Die Delegation des Heiligen Stuhls in Genf nahm wie stets auch daran teil. Das Thema ist eine komplizierte Verflechtung aus technischen Details, bürokratisch und rechtlichen Überlegungen.

Dazu nachfolgend mein Gespräch mit dem ständigen Vertreter des Heiligen Stuhls bei der UN in Genf, der an den Sitzungen teilnahm. 

Vor dem Hintergrund des Ukraine Krieges haben die Sitzungen der UN in Genf der Konvention des   Übereinkommens über bestimmte konventionelle Waffen (CCW) an Bedeutung gewonnen. Einer der Schwerpunkte sind die so genannten "Killerroboter", tödliche, eigenverantwortliche Waffensysteme. 

Erklären Sie uns, warum der Heilige Stuhl es überhaupt für notwendig hält, an Diskussionen über Kriegswerkzeuge teilzunehmen?

Erzbischof Fortunatus Nwachukwu: “Nun, Christian, ich danke Ihnen nochmals. Danke, dass Sie mich heute Nachmittag eingeladen haben. Die Quintessenz von allem, was Waffen und Kriege betrifft, ist das Gebot "Du sollst nicht töten", dass wir im Buch Exodus, Kapitel 20, Vers 13 finden. Und das ist die Quintessenz. Natürlich haben wir Menschen, so wie wir sind, oft unsere eigenen Interessen, und nicht selten geraten diese Interessen in Konflikt, und dann kommt es zu Konflikten, die zu bewaffneten Auseinandersetzungen werden. Und ich denke gerade an die Antwort Jesu an die Pharisäer, die ihn fragten, warum sie sich scheiden lassen dürften, obwohl Jesus ihnen sagte, dass es gegen das Gesetz sei, sich scheiden zu lassen. 

Jesus sagte ihnen, wenn wir uns erinnern, in Matthäus, Kapitel 19, Vers acht: "Wegen eurer schweren Verletzungen hat euch Mose erlaubt, euch zu scheiden. Das war nicht von Anfang an so.

Dasselbe gilt auch für die ganze Frage der Kriege. Es war nicht so im Plan Gottes, Gott will nicht, dass wir töten. Gott will nicht, dass wir in Kriege ziehen. Aber weil die Menschen in Konflikte geraten, haben wir die Versammlung für bestimmte konventionelle Waffen... …. und dann müssen wir zwischen konventionellen Waffen und Massenvernichtungswaffen unterscheiden. Massenvernichtungswaffen sind Atomwaffen, biologische, und bakteriologische Waffen, chemische Waffen, also solche, die massiv zerstören.

Und die konventionellen Waffen sind zum Beispiel Schusswaffen, oder Kampfflugzeuge und Kampfschiffe und so weiter.”

Um über die Entwicklung und den Einsatz der Waffensysteme zu sprechen, haben sich die Staaten bereits 1983 zu dieser Konvention zusammengeschlossen.  In der letzten Zeit haben sich die Regierungsexperten Gruppen auf die Diskussion über tödliche, autonome Waffensysteme konzentriert, die sogenannten Killerroboter.

Für die Herstellung und den Einsatz solcher Waffensysteme gibt es noch keine rechtsverbindlichen Regelungen. Ihre Delegation war bei den Sitzungen dabei. 

Erzbischof Nwachukwu: “ Der Heilige Stuhl hat sich sehr aktiv an den Sitzungen dieser Gruppe von Regierungsexperten beteiligt, da der Heilige Stuhl Vertragspartei des Übereinkommens über bestimmte konventionelle Waffen ist.

Der Heilige Stuhl versteht sich bei den Beratungen als eine Art Gewissen, und verhält sich auch entsprechend, wie beispielsweise bei der Sitzung der Gruppe der Regierungsexperten, die sich mit der Frage der tödlichen autonomen Waffen befasst. Der Heilige Stuhl hat dabei eine wichtige Rolle gespielt in dem er die ethischen Überlegungen und die ethische Dimension in die Vorschläge der Regierungsexperten eingebracht hat. Und das ist die vordringlichste Aufgabe des Heiligen Stuhls.  Das Gewissen bei diesen Treffen zu sein und die Aufmerksamkeit nicht nur auf die kommerziellen Aspekte oder die Interessen der großen Nationen zu lenken, sondern auch und besonders auf die Notwendigkeit, die Würde der menschlichen Person zu schützen und in den Mittelpunkt zu stellen.”

Vor einhundert einem Jahr, am 25. Januar 1921, schrieb der tschechische Schriftsteller Karel Čapek ein Theaterstück und erfand für dieses ein neues Wort: Roboter. Die Handlung des Stücks ist einfach: Die Roboter rebellieren gegen ihre Schöpfer, was schlimme Folgen für die Menschheit hat.

Exzellenz bei den "Killerrobotern", wenn solche zum Einsatz kämen, bzw. kommen, bei wem liegt die rechtliche Verantwortung der Handlungen der Roboter?

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Erzbischof Nwachukwu: “ Nun, Dank für die Frage, Christian.  Natürlich ist das ein sehr kompliziertes, sehr komplexes Thema, weil man auch die Person bedenken könnte, die die Waffe entwickelt hat, die Person, die die Waffe verkauft hat, die Person, die die Waffe eingesetzt hat, oder die Regierung, die die Waffe genehmigt hat, oder auch die Person, die die Waffe kontrolliert, der ihr unmittelbare Anweisungen gibt, wie sie zu handeln hat.

Wegen dieser komplizierten Eigenschaft dieser Waffe hat sich der Heilige Stuhl stets auf die Frage der Verantwortung und Rechenschaftspflicht konzentriert.

Und weil es derzeit keine rechtlichen, bindenden Maßnahmen gibt, die die Entwicklung und den Einsatz dieser Waffen regelt, sind sie gefährliche, freie Waffen, die herumrollen.

Und wie Sie sagen, es sind Killerroboter. Die haben nicht die Fähigkeit des Urteilsvermögens, das wir durch den menschlichen Verstand haben.

Deshalb besteht der Heilige Stuhl darauf, dass es eine klare Kontrolle über diese Waffen geben muss. Und diese Kontrolle muss regelmäßig sein, sie muss vernünftig sein und völlig akzeptabel.

Also akzeptabel, vernünftig und regelmäßig, weil dies nichts ist, was man unbeobachtet sich selbst überlässt.

Es ist also notwendig, dass wir eine rechtsverbindliche Regelung bekommen, denn damit werden die Staaten die Verantwortung tragen, weil sie dieser Regelung zugestimmt und sie unterzeichnet haben und so zur Rechenschaft n gezogen werden können, wenn sie gegen die Bestimmungen verstoßen.

Bedauerlicherweise sind nicht alle Staaten dafür. Einige wollen so etwas wie die Aufstellung von Vorgehensweisen, oder einen Verhaltenskodex oder einer Art Grundsatzerklärung, aber all das reicht nicht aus. 

Wir brauchen eine rechtsverbindliche Abmachung, und darauf besteht der Heilige Stuhl.

Aber ich kann Ihnen versichern, dass nicht nur der Heilige Stuhl, sondern auch viele Staaten in diese Richtung denken. Nur die sehr militärisch mächtigen Staaten sind zögerlich in dieser Hinsicht.”

Die Aktion zum Stoppen von Killerrobotern warnt: Die Technologien, die in autonomen Waffen zum Einsatz kommen werden, reduzieren Menschen auf Daten und machen sie angreifbar - die ultimative Form der digitalen Entmenschlichung. 

Exzellenz, reichen Worte und Papiere der Vereinten Nationen aus, um sicherzustellen, dass die Regierungen die Vereinbarungen einhalten. Letztendlich kommt es doch, mit oder ohne Vereinbarungen, nur auf die ernsthafte Entschlossenheit an diese Waffensysteme zu verbieten?   

Erzbischof Nwachukwu: “Nun, das stimmt. Was Sie sagen ist wahr, und der Heilige Stuhl ist sehr entschlossen was seinen Standpunkt in dieser Hinsicht betrifft.  Ich kann Ihnen versichern, dass der Heilige Stuhl auch tatsächlich Unterstützung hat. Es gibt viele Staaten, die nicht wollen, dass diese Waffen auf uns und die Menschheit losgelassen werden. 

Tatsache ist, dass es auch wirtschaftliche Interessen gibt, und deshalb besteht der Heilige Stuhl ja auf einer spezifischen, verbindlichen Regelung. Der Heilige Stuhl ist sogar noch weiter gegangen, weil wir uns mit dem Bereich der künstlichen Intelligenz befassen und es wird immer mehr über die nationale Realität hinaus, weil zum Beispiel die Frage der Nutzung des Cyberspace, wo wir auch die Nutzung aller Manipulationen all dieser nicht-menschlichen Akteure im Bereich des Konflikts haben und so hat der Heilige Stuhl während der letzten sechsten Überprüfungskonferenz des VN-Waffenübereinkommens ... den sehr wichtigen Vorschlag gemacht, eine internationale Agentur für künstliche Intelligenz zu schaffen, eine Agentur, die der bestehenden Agentur für Atomwaffen, der internationalen Atomenergiebehörde, die wir in Wien haben, ähnlich wäre.

Vielleicht würde die Schaffung einer solchen Agentur für künstliche Intelligenz ein Forum schaffen, in dem die Staaten zusammenkommen und über den nützlichen Einsatz von künstlicher Intelligenz sprechen könnten und nicht nur über den wirtschaftlichen und zerstörerischen Einsatz von künstlicher Intelligenz und diesen Killerrobotern.”

Im vergangenen Jahr hatte Papst Franziskus die Stiftung für Künstliche Intelligenz mit dem Namen “ren A I ssance” ins Leben gerufen und stellte klar, Zitat: “Auch Algorithmen erfordern eine moralische Dimension” Ende Zitat. Die Stiftung ist aus den Verhaltensregeln “Rom Aufruf zur KI-Ethik” der Päpstlichen Akademie für das Leben, für einen ethischen Umgang mit Künstlicher Intelligenz entstanden.  Am 28. Februar 2020 unterzeichneten die Akademie, Bischof Vincenzo Paglia, Microsoft-Präsidenten Brad Smith, IBM-Vizepräsidenten John Kelly III, sowie der Generaldirektor der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen Qu Dongyu und das Ministerium für Innovation, ein Teil der italienischen Regierung, das Dokument. 

So verpflichten sich die Unterzeichner, die Entwicklung einer künstlichen Intelligenz zu fordern, die jedem Menschen und der Menschheit als Ganzes dient, die die Würde der menschlichen Person respektiert, so dass jeder Einzelne von den Fortschritten der Technologie profitieren kann, und die nicht das alleinige Ziel hat, den Profit zu steigern oder den Menschen am Arbeitsplatz schrittweise zu ersetzen. 

Aufgabe der Stiftung ist es, diesen Kodex überall auf der Welt zu verbreiten.

Originalinterview aufgenommen in Genf von Kameramann Andriy Ryndych | Deutsche Sprecher Jan Terstiege | Redaktion, deutsche Übersetzung, Moderation und Schnitt: Christian Peschken für EWTN .TV 

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