Wer einen Angehörigen mit dementieller Erkrankung hat, der erlebt fast täglich, was es für diese Menschen heißt, wenn sich ihre Umgebung ändert, wenn neue Personen auftauchen, wenn vieles nicht mehr erkannt wird.

Die Unruhe, die Angst, die Verwirrung, die Hilflosigkeit schneiden ins Herz. Eine ruhige und friedliche und liebende Umgebung. Stressfrei. Das sollte diese Gesellschaft auch für unsere Angehörigen mit dementieller Erkrankung wollen.

Nach hartem Ringen im Deutschen Bundestag – und natürlich haben sich unsere Parlamentarier das nicht leicht gemacht – ist aber jetzt die Ausweitung klinischer Arzneimittelstudien an nichteinwilligungsfähigen Erwachsenen, also auch an Demenzkranken, beschlossen.

Ärztliche Beratung vorausgesetzt, kann jeder Gesunde sich heute dazu entscheiden – für den Fall, dass die Krankheit diagnostiziert wird – an Studien teilzunehmen. Wie die Studien aussehen sollen ist nicht wirklich klar. Von Arzneimitteltests und Einnahme von Medikamenten im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung ist die Rede, davon, dass ärztlich beraten werden soll und alles in der Patientenverfügung geregelt wird.

Diese Beratungsregelung erinnert sehr an den Paragraphen 218.

Wie soll die Beratung aussehen? Ergebnisoffen? Und wer führt sie durch, in Zeiten voller Wartezimmer in deutschen Arztpraxen, wo es keine vernünftige Abrechnungsziffer für ein echtes Gespräch mit dem Patienten gibt?

Der ehemalige Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, Hubert Hüppe, spricht von einem Tabu- und Dammbruch, obwohl er selbst 2004 der fremdnützigen Forschung an Kindern zugestimmt hatte. Er ist überzeugt, dass die jetzt geöffnete Tür der gruppennützigen Forschung weiter aufgemacht wird.

Auch bei diesen Sätzen klingelt es Lebensrechtlern in den Ohren. Es erinnert an die Debatte um die Stammzellforschung und später die Stichtagsregelung. Wir wissen daher: wer forschen will, findet immer Argumente – und immer geht es um ein bisschen mehr, um einen kleinen Schritt weiter. Erst 2013 hatte der Bundestag die Forschung an Patientengruppen ermöglicht, sofern für die Betroffenen ein individueller Nutzen besteht, jetzt sollen Experimente möglich sein, von denen der Proband eher nicht mehr profitiert. Und das, obwohl der Verband der forschenden Arzneimittelhersteller (VfA) im Juni noch mitgeteilt hatte, dass die Konzerne „für ihre Entwicklungsarbeit keine Gesetzesänderung“ benötigen.

Ein Psychiatrieprofessor erklärte jedoch, dass es ohne eine solche Forschung viele Antipsychotika und andere Medikamete nicht gäbe, die Gesellschaft müsse wissen, was sie wolle.

Aber weiß die Gesellschaft, was sie wollen sollte? 

Dr. Claudia Kaminski ist Ärztin und im Vorstand des Bundesverbandes Lebensrecht. Sie ist Ehrenvorsitzende der "Aktion Lebensrecht für Alle" (ALfA), deren Bundesvorsitzende sie von 1996 bis 2016 war.

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