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Jesus ist das sichtbare Zeichen der Gegenwart Gottes

Gebet

[Lesungen HIER]

Wir haben ein wirklich herausforderndes Evangelium gehört. Wir begegnen in dem Evangelium einem Geheimnis, einem Mysterium.

Ich glaube, ein Schlüsselwort des Evangeliums ist dies: „Wie ich durch den Vater lebe, so wird jeder, der mich isst, durch mich leben.“ Jesus lebte sein außergewöhnliches, herausragendes und anspruchsvolles Leben vom Vater im Himmel her. Und so können auch wir ein neues, ganz anderes und – ich möchte sagen – außergewöhnliches Leben von ihm her leben. Ich meine: Viele Christen haben von Christus her ein außergewöhnliches Leben gelebt. Nur fällt ein solch außergewöhnliches Leben meist nicht auf. Der Böse fällt auf, der Missbrauchspriester fällt auf. Der Priester, der seine Seelsorgsarbeit treu tut, fällt nicht auf.

Und ich wage jetzt, hier auch auf die unzähligen bekannten und unbekannten Heiligen zu verweisen, vor allem die Märtyrer. Durch ihre Gebundenheit an Jesus sind sie weit über sich hinausgewachsen. Jesus war ihr Brot, ihr Lebensbrot, durch das sie in schwierigsten Lebenssituationen leben konnten und ihr Leben gemeistert haben.

Wir müssen noch ein wenig zurückschalten: Der junge Mann aus Nazareth, Jesus, ist der sichtbar gewordene Gott. Jesus sagt: Wer mich sieht, sieht den Vater. Dieses Wort ist grundlegend. An anderer Stelle sagt er: Ich und der Vater sind eins. Jesus wird daher auch das Ursakrament genannt. Er ist das sichtbare Zeichen der Gegenwart Gottes. Denn der Mensch kann Gott selbst nicht sehen. Wenn er Gott sähe, würde er sterben.

Gott ist in Jesus anschaubar geworden. Die Geste der Zuwendung Jesu zum Menschen ist die Geste der Zuwendung Gottes zum Menschen. Nun aber ist Jesus seit seinem Tod nicht mehr sichtbar in der Welt, nicht mehr greifbar. Daher hat er sich greifbar gemacht in dem geheimnisvollen Leib der Kirche. Die Kirche wird daher auch Wurzelsakrament genannt. Gemeint ist damit nicht die Organisation, sondern das, was die Kirche „mystischen Leib“ nennt. In diesem mystischen Leib sind die einfachsten im Glauben lebenden Getauften ebenso wichtig wie Amtsträger, vielleicht sind sie sogar viel wichtiger. Denn sie geben dem mystischen Leib wirkliche Lebendigkeit.

Und damit sind wir dann auch bei der Eucharistie gelandet. Denn der treue, unscheinbare Christ lebt vom Brot des Lebens, lebt von Christus. Im verwandelten Brot wird Jesus Christus für uns sichtbar, greifbar, essbar. Nun verstehen wir vielleicht besser das Wort Jesu: Wie ich durch den Vater lebe – man könnte auch sagen: vom Vater her lebe – so wird jeder, der mich isst, durch mich leben.

Ich erinnere an dieser Stelle gerne an eine wichtige Szene im Leben Jesu, nämlich die Szene am Ölberg, wo Jesus mit dem Willen des Vaters ringt. Er bekommt vom Vater her die Kraft, ja zu sagen zum Kreuz. Er lebt vom Vater her. Vor allem: Die Liebeskraft des Vaters fließt in ihn ein. Und so wie die Liebeskraft vom Vater in ihn fließt, will Jesus, dass seine Liebeskraft in uns fließt. Dies geschieht bei einem guten Kommunionempfang. Dies geschieht auf eine andere Weise, wenn wir schweigend vor einem Kreuz ausharren, uns von ihm anschauen lassen und seine Liebe in uns einfließen lassen. Dazu braucht es Ruhe und ein wenig Zeit. Lassen wir die Liebe des Vaters durch die Liebe Jesu Christi in uns einfließen. Amen.

Hinweis: Meinungsbeiträge wie dieser spiegeln die Ansichten der jeweiligen Gast-Autoren wider, nicht notwendigerweise jene der Redaktion von CNA Deutsch.

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