29 September, 2016 / 8:22 AM
"Es werde Licht" (Gen 1, 3). Das ist das erste Wort Gottes, von dem die Heilige Schrift berichtet und mit dem das Werk der Schöpfung anhebt. Der Herr schenkt das Licht und trennt es "von der Finsternis" (Gen 1, 4). Auf einmal leuchtet Helligkeit auf, aber – der Bericht der Genesis ist uns seit Kindertagen so vertraut, dass wir kaum mehr darüber nachdenken – Sonne, Mond und Sterne werden erst am vierten Tag erschaffen.
Was ist das also für ein Leuchten, von dem am Beginn der Bibel die Rede ist, wenn es sich doch nicht um das Licht der Himmelskörper handeln kann? Manche Kirchenväter meinen, dass hier von der unsichtbaren Welt die Rede ist, die Gott ins Dasein gerufen hat, also von den Engeln, die er als leuchtende Wesen zu seiner Ehre ins Dasein gerufen hat. Im Moment ihrer Erschaffung kommt es auch schon zur Prüfung und zur Scheidung – Licht und Finsternis, Engel und Dämonen werden für immer getrennt. Die vom Herrn erschaffenen Geistwesen haben sich freiwillig für Gott entscheiden müssen; und dies in einem einzigen Augenblick. Mehr Zeit brauchten sie auch nicht, denn ihr Erkennen ist nicht wie das unsere auf Reflexion, das heißt auf oft langes und mühsames Nachdenken, angewiesen.
Die allererste Sünde
Sündigen bedeutet, etwas Geschaffenes Gott vorzuziehen und ihn vom ersten Platz zu verweisen. Lieber schlafen, als in die Sonntagsmesse gehen; lieber ohne Ärger leben, als die Wahrheit sagen; lieber das Auto klauen – was interessiert mich Gottes Gebot?! – als weiterhin mit dem Rad zur Arbeit zu fahren. Auch die Engel haben eine Wahl treffen müssen. Aber wie konnten sie sich für etwas Geschaffenes entscheiden, da es doch an diesem ersten Schöpfungstage nur Gott und sie gab – keine anderen Kreaturen. Die Sünde der Geistwesen bestand darin, sich selbst zu wählen – sich zu sich selbst zu krümmen anstatt sich nach Gott auszustrecken. Michael – das heißt übersetzt "Wer ist wie Gott?" – war die personifizierte Frage an die Engel. Luzifer – das heißt Lichtträger – und andere Geister haben geschrien: "Ich!" – "Non serviam. Ich diene nicht!" Ein solch rebellischer Ruf kann Zweifel an der Intelligenz der Engel hervorrufen. Sie wussten doch genau, wer Gott ist. Sie kannten seine Größe, Allmacht und Herrlichkeit.
Es scheint – und das ist eine mögliche Antwort auf die herausfordernde Frage, warum der Teufel Gott nicht dienen will – dass die Engel im Moment ihrer Erkenntnis Gottes auch sahen, dass der Sohn des Ewigen Mensch werden wolle und das aus einer Frau, die so über alle Kreaturen erhoben würde. Dem Menschensohn und der Gottesmutter hätten sie zu dienen. "Niemals!" – Die Dämonen wollten sich nicht in ihrem Stolz unter menschliche und schwache Wesen beugen, die sie, die mächtigen Himmelsfürsten, ohne Zweifel an Kraft übertreffen. An Jesus und Maria scheiden sich – im buchstäblichen Sinne des Wortes – die Geister.
Wer hat denn da Angst vor einer Frau und ihrem Kind?
Vom Sturz der bösen Engel, die von Michael und seinen himmlischen Freunden niedergerungen werden, berichtet die Offenbarung des hl. Johannes im Kapitel 12. Diesem Kampf geht die Offenbarung der mit der Sonne bekleideten Frau voraus, die ein Kind gebiert. Die Kirche sieht in dieser majestätischen Gestalt Maria – die Mutter Jesu und der Kirche, das heißt seinen Brüdern und Schwestern, die der Herr am Kreuz erlöst hat. Der Teufel ist gestürzt, aber – so das Ende des genannten Kapitels – "da geriet der Drache in Zorn über die Frau, und er ging fort, um Krieg zu führen mit ihren übrigen Nachkommen, die den Geboten Gottes gehorchen" (Offb 12, 17). Wir sind Kinder Mariens, ihre Söhne und Töchter – wir sind ihre Nachkommen, die berufen sind zum ewigen Leben. Die gefallenen Geister wissen, dass sie Gott nichts anhaben können, aber sie "verletzen" ihn, indem sie die Brüder und Schwestern seines Sohnes angreifen. Gott und sein Widersacher sind keine Feinde auf Augenhöhe, und deshalb sind wir Menschen nicht hilflos dem Bösen ausgeliefert. Die Wut des Teufels ist groß, weil er weiß, dass ihm nur eine kurze Frist bleibt (vgl. Offb 12, 12). Der Herr lässt ihn toben, wie einen Hund an der Kette, weil er seine Freunde vor seinem Biss zu bewahren weiß. Die gefallenen Engel sind ernst zu nehmen – aber Angst braucht kein Christ zu haben, der festhält am "Zeugnis Jesu" (Offb 12, 18) und als Kind Gottes in seiner Gnade lebt.
Der Aufstand gegen die aufständischen Geister
Michael erhebt sich gegen die "alte Schlange", wie die Offenbarung, das letzte Buch der Heiligen Schrift, den Teufel nennt. Im ersten Buch der Bibel wird verheißen, dass Jesus und Maria ihr den Kopf zertreten (Gen 3, 15). Der Kampf der Engel am Beginn der Schöpfung ist das gewaltige Vorspiel des Triumphs am Ende der Geschichte. Es ist interessant, dass ein Erzengel – also einer aus dem zweiten der neun Chöre – sich erhebt und den Krieg beginnt. Es sind nicht die hohen Geistwesen – Cherubim und Seraphim, deren Existenz die Heilige Schrift bezeugt – sondern einer der, wenn wir so sagen wollen, kleineren Engel. Wir sprechen in Bildern von einem unsichtbaren Geschehen, aber doch zeigt sich hier bereits, dass nicht die Mächtigen und Starken die großen Helden der Heilsgeschichte sind – auch wenn ein Erzengel nun nicht gerade ein tumber Schwächling ist – sondern die, die eifernd für den Herrn auftreten. Aus dieser Sicht kann der Engel auch uns gebrechlichen Menschen ein Beispiel sein. Michael als Vorbild zu nehmen heißt dann, für Gottes Ehre aufzustehen, auch wenn man nicht in der ersten Reihe der Prominenten sitzt. Den Erzengel nachzuahmen, bedeutet, für die Wahrheit zu kämpfen – und sei es nur mit spitzer Feder in der Rubrik "Leserbriefe" der regionalen Tageszeitung. Was wäre, wenn mehr Katholiken mit engelsgleicher Entschiedenheit in Kirche und Welt rufen würden: "Was meint ihr denn, wer ihr seid? Wer von Euch ist wie Gott? Wer wagt es, seine Gebote zu ändern und sein Wort zu verdrehen?"
Seite an Seite mit den heiligen Engeln
Drei Erzengel kennen wir mit Namen – Michael, Gabriel, Raphael – aber es sind sieben. Im Buch Tobit – eine wunderbare Lektüre über das Wirken der Engel – sagt der geheimnisvolle Freund des jungen Tobias: "Ich bin Rafael, einer von den sieben heiligen Engel, die das Gebet der Heiligen emportragen und mit ihm vor die Majestät des heiligen Gottes treten" (Tob 12, 15). Wer für die Sache Gottes aufsteht – mag er noch so klein und schwach sein – der ist auf der Seite der Engel. Seine Gebete bleiben nicht unerhört, und seine Taten werden Kreise ziehen. Früher hat man die Kirche auf Erden als die streitende bezeichnet. Das Fest des Erzengels Michaels erinnert uns daran, dass sie es immer noch ist, und wir Schulter an Schulter mit den Engeln kämpfen, um eines Tages ihre Mitbürger im himmlischen Jerusalem zu sein.
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