11 Januar, 2020 / 9:00 AM
Gläubige Katholiken atmen freudig auf, wenn sie in einer heiligen Messe im "Novus Ordo" bemerken, dass das Messbuch nicht nur dekorativ den Altar verschönert, sondern auch beachtet und verwendet wird. Normgerechte Feiern bürgen für Normalität. Katholische Normalität wird dringend gebraucht, gewünscht, sehnsüchtig erhofft.
Am kommenden Sonntag wird gemäß dem alten Kalender das "Fest der heiligen Familie Jesus, Maria und Joseph" gefeiert, von Papst Benedikt XV. wurde die Feier 1921 auf den ersten Sonntag nach Erscheinung des Herrn festgelegt.
In Anselm Schotts Messbuch steht dazu präzise, dass auch "unseren christlichen Familien das Musterbild der heiligen Familie von Nazareth vor Augen" gestellt werde. Nun könnte man dies zum Anlass nehmen, um über die Erneuerungsversuche der katholischen Morallehre nachzudenken. Erinnern können wir uns ebenso daran, dass alle Päpste der neueren Zeit zu einer sorgfältigen Vorbereitung auf die Ehe aufriefen und die Stärkung der katechetischen Unterweisung wünschten. Manchmal besteht der klassische antirömische Affekt darin, dass Weisungen des kirchlichen Lehramts brüsk abgewiesen werden. Manchmal werden die stets berechtigten Forderungen auch selbstbewusst oder höhnisch ignoriert. Über das Sakrament der Ehe von Mann und Frau wird in manchen Bistümern offenbar nachgedacht, zugleich über die Attraktivität von Kirche überhaupt.
Es gibt heilige Messen – und es gibt Hochzeitsmessen. Positiv ist gewiss, dass kirchliche Mitarbeiter auch solche Randgebiete oder Zentren der postmodernen Lebenswelt aufsuchen. Berichtet wird von Neugierde und Aufgeschlossenheit, aber auch davon, dass die Gestaltung der Hochzeitsfeier leicht zu einem Spiel mit Versatzstücken wird. In einer märchenhaften Trauung wird vielleicht statt einer Lesung aus der Heiligen Schrift dann ein Märchen vorgetragen. Der Ritus wird zur Spielwiese: "Wir ermutigen die Paare dazu, mit den Priestern und Diakonen, die sie trauen zu schauen, was zu ihnen passt, was zur Feier passt, was zur Feiergemeinde passt. Dann sollen da auch durchaus moderne Elemente in die Gottesdienste einfließen, sodass der Traugottesdienst auch zu dem Paar passt und nicht einfach nur ein Ritual ist, das eine leere Hülle bildet."
So wenig aber wie das Sakrament der Taufe mit parfümiertem Badeschaum gespendet wird, sollte auch nicht der "Traugottesdienst" – von "Brautamt" wird fast nie mehr gesprochen – scheinbar adressatengerecht inszeniert werden. Der "Novus Ordo" hat uns zwar manchen Eigensinn offenbart – priesterzentrierte Gottesdienste etwa, in denen der Geistliche eher als Showmaster denn in persona Christi aufzutreten scheint –, aber die liturgischen Normen bestehen weiterhin. Verse von Hermann Hesse etwa – "Allem Anfang wohnt ein Zauber inne." – mögen manches Herz bewegen, als Ersatz für den Psalm taugen sie nicht.
Das "Trau-Team" des Bistums Essen legt sich fest: "Wir stehen da grundsätzlich erst einmal allen Dingen aufgeschlossen gegenüber und haben für uns den Leitsatz: »Wenn das Paar uns die Dinge gut begründen kann und es uns stimmig erscheint, sind wir zu vielen Dingen bereit.«" Stellen wir uns vor, dass entweder konventionelle Schlagermusik oder auch schwermütige Popballaden gewünscht werden, könnte das nicht eine Trauung heute bereichern? Sollten wir nicht einfach sagen: Ach, man sieht nur mit dem Herzen gut – und wenn es allen Beteiligten gefällt, dann sei’s drum? Der päpstliche Aufruf zur Neuevangelisierung kann ignoriert, aber auch konterkariert werden. Offensichtlich scheinen auch etliche Geistliche den bunten Wünschen mancher junger Paare nicht zu entsprechen. Das "Trau-Team" ist dann hilfsbereit: "Wenn zum Beispiel plötzlich die Kirche nicht so zur Verfügung steht, wie das Brautpaar sich das wünscht. Dann schauen wir nach einer alternativen Kirche. Oder vielfach auch, wenn Brautpaare Schwierigkeiten haben, Priester oder Diakone zu finden, die trauen."
Jeder Hinweis auf Ehekatechese fehlt. Sicherlich könnten viele Konzepte zur Ehevorbereitung kritisch reflektiert werden, nicht nur solche, die in heutiger Zeit erdacht und gestaltet werden. Wenn der Ritus noch dahingehend modifiziert würde, dass er ganz dem Geschmack entsprechen könnte, würde die Formulierung vielleicht lauten: "Versprecht ihr einander die Treue, wie und solange es euch gefällt – und wenn ihr euch einmal anderweitig selbstverwirklichen wollt, sagt schon jetzt am besten: Das ist okay, wir binden uns auf Zeit, solange es uns gefällt. Wenn es uns nicht mehr gefällt, dann ist es vorbei, und das ist auch okay, weil wir dann neu anfangen." Dann wohnt nämlich wieder, wie Hermann Hesse dichtete, dem nächsten Anfang ein Zauber inne.
Wir dürfen hoffentlich noch immer erwarten, dass die Kirche die Feier der Sakramente und die liturgischen Vorschriften ernstnimmt. Eine gute Katechese zur Ehevorbereitung wäre sehr nötig. Auf dem "Synodalen Weg", der demnächst beginnt, ist das freilich kein Thema. In "Familiaris consortio" schreibt der heilige Johannes Paul II.: "Notwendiger als je zuvor ist heute die Vorbereitung der jungen Menschen auf die Ehe und das Familienleben. … Viele negative Erscheinungen, die heute im Leben der Familien zu beklagen sind, haben ihre Wurzel darin, daß die Jugendlichen in den neuartigen Situationen nicht nur die rechte Wertordnung aus dem Auge verlieren, sondern auch nicht wissen, wie sie die neuen Schwierigkeiten anpacken und überwinden können, weil sie keine sicheren Verhaltensnormen mehr besitzen.
Die Erfahrung zeigt jedoch, daß sich die jungen Leute, die auf das Familienleben gut vorbereitet sind, im allgemeinen besser zurechtfinden als die übrigen. Das gilt noch mehr von der christlichen Ehe, die für so viele Männer und Frauen auf ihrem Weg zur Vollkommenheit von Bedeutung ist. Darum muß die Kirche bessere und intensivere Programme zur Ehevorbereitung entwickeln und fördern, um die Schwierigkeiten möglichst zu beseitigen, mit denen so viele Ehen zu ringen haben, vor allem aber auch, um die Bildung und das Heranreifen von geglückten Ehen positiv zu unterstützen."
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