31 Mai, 2020 / 6:18 PM
Seit Mitte Februar dürfte der Name der großen Seuche wohl der am meisten ausgesprochene weltweit sein. Dank der allgegenwärtigen Medienerklärer wissen alle Bescheid über Viren, Ansteckungen und Gefahren für Leib und Leben.
Auch wenn die Ursprünge im Dunklen liegen, eines aber ist klar: egal ob eine infizierte Fledermaus, die auf den Wochenmarkt von Wuhan in China zum Kochen einer Spezialitätensuppe zum Auslöser wurde, oder die kriminelle Energie eines Wissenschaftlers aus einem virologischen Forschungsinstitut unweit dieses Wochenmarktes ursächlich war, einer muss es gewesen sein, der das tückische Virus transportiert hat, das die Corona-Pandemie auslöste.
Nachdem wir die ersten Nachrichten eher überhört hatten, ist heute jede Talkshow und beinahe jede andere Fernsehsendung und auch die Hälfte unserer Tageszeitungen voll von der Beschäftigung mit den Folgen der Infektion. Man kann es beinahe ja kaum mehr hören oder lesen.
Obwohl dies so ist, muss diese Pfingstpredigt sich dennoch und ganz bewusst mit dem Thema der Ansteckung beschäftigen. !
Denn heute geht es um etwas, das sich gleich einer Infektion und in ähnlich atemberaubender Geschwindigkeit – dazu noch ohne Flugzeuge und andere moderne Fortbewegungsmittel in der Welt ausgebreitet hat. Das war der Glaube an Jesus Christus. Auch hier spielen die Straßen und Plätze einer großen Stadt eine Rolle, auf die das erstaunlich Neue urplötzlich gelangt. Unvorbereitet für alle und nicht einzugrenzen durch Sprachen, Ländergrenzen, Bevölkerungsgruppen.
Viele standen damals gleich den heutigen Biologen, die gegen den Krankheitserreger angetreten sind, vor einem Rätsel, was dieser Ausbreitung die Dynamik geben konnte. Sie sahen zwar Menschen, die glaubten, aber sie konnten sich keinen Reim darauf machen, wieso diese Menschen glaubten und was wohl der Auslöser dafür war, an einen Gott zu glauben, der Mensch geworden war und den man schließlich ans Kreuz geschlagen hatte. Und das, obwohl man diesen Glauben mit allerlei Mitteln, nicht zuletzt mit den Mitteln der Verfolgung, der Folter und brutaler Hinrichtungen auszulöschen versuchte.
Was war der Keim, der Menschen in die Lage versetzte, den Glauben so konsequent zu ergreifen und zu bewahren? Und wodurch wurde er verbreitet? Und wieso – das ist eine Frage der späteren Jahrhunderte – wieso konnten die Infektionsketten, durch die die Botschaft von Jesus Christus, dem Erlöser, in die Welt kam, nicht gestoppt werden?
Keine noch so geschickte oder brutale Strategie konnte verhindern, dass sich im Laufe der Zeit Menschen zu Christus bekehrten, den Glauben an Ihn ins Herz gesenkt bekamen und ihr Leben durch Ihn verwandeln ließen. Fragen über Fragen, die sich natürlich klären lassen, wie wir wissen.
Die Antwort liegt im heutigen Pfingstfest. Denn hier entschlüsselt sich der Keim, dessen Ausbreitung man nicht nur am Anfang zu unterdrücken suchte. Es ist der Heilige Geist. Denn nur Er ist der Infektionsherd für den Glauben und für die Ausbreitung des Glaubens. Er ist nicht von Menschen künstlich hergestellt, es ist weder das Knowhow gewiefter Missionsstrategen noch äußere Macht und schon gar nicht Zwang, der aus den elf zurückgelassenen Jüngern Apostel und am Ende eine Weltkirche gemacht hat.
Der Heilige Geist und Seine bewegende Macht ist die Ursache dafür, daß sich die junge Kirche trotz ihrer argen Verfolgung und ihres Untergrunddaseins zu einer großen Blüte entwickeln konnte. Es ist die Kraft des Geistes Gottes, der bis in die entlegensten Ecken der Welt über Jahrhunderte und anfänglich ohne jede technische Unterstützung von Medien, Fortbewegungsmitteln oder Sozialen Netzwerken den Glauben getragen hat. Es ist der Heilige Geist, der aus einem der größten Christenverfolger - Saulus von Tarsus - den Völkerapostel Paulus machte. Es ist die Macht des Geistes, die aus Zweiflern und Sündern Bekehrte werden ließ, die in jedem Lebenstand und Beruf, in jeder Altersklasse und auf jedem Bildungsniveau, in jedem Land und zu jeder Zeit Heilige wurden, die allesamt eines im Nachhinein bekunden: es war nicht menschliche Leistung allein, es war der Heilige Geist Gottes, der in ihnen gewirkte, weil sie sich ihm anvertraut hatten.
Wie sonst – wir haben es vor zwei Wochen an seinem hundertsten Geburtstag nochmals bedacht – wie sonst hätte zum Beispiel ein hinfälliger Papst Johannes-Paul II. weit jenseits aller Standards, die unsere Zeit für Publikumslieblinge fordert, eine derartige Wirkung bei den Menschen haben können? Weil er ein Gefäß des Gottesgeistes war, den er unabdingbar in die Welt getragen hat – ohne Abstriche und ungebremst durch sein Alter und durch die Leiden seines Sterbens.
Die Kirche hat durch ihn aufs Neue bekundet, woraus sie lebt: aus der Kraft des Heiligen Geistes. Dort, wo dieser Gottesgeist wirkt, ist die Kirche gesund und fruchtbar. Allerdings nur dort. Und das ist auch eine Botschaft des Pfingstwunders: die Apostel haben damals um den Geist gebetet, weil sie sich nach ihm gesehnt hatten. Und so wurden sie mit Ihm beschenkt.
Damit ist heute an Pfingsten die Frage an uns und die Kirche unserer Tage gerichtet, wie sehr wir uns nach Ihm sehnen und wie sehr wir um Ihn beten. Denn es zeichnet sich – wenigstens für die Kirche Westeuropas ab – dass mehr und mehr Menschen, die sich eigentlich als Christen bezeichnen, schon innerlich angegriffen sind von den Gegenmitteln, die die dunklen Mächte oder die Labore des Zeitgefühls in der Gegenwart bereitstellen, um in verkappter Form das Ausbreiten des Glaubens und die Begeisterung für Christus mit einem Serum zu impfen, das schon immer geisttötend war: Lauheit und Bequemlichkeit, Anpassung an Mehrheiten, Zweifel und die Verschlossenheit einer schleichenden Gottvergessenheit, die dort um sich greift, wo das Sehnen nach Ewigkeit auf der Strecke bleibt. Bestes Indiz dafür ist, dass es auch unter praktizierenden Katholiken kaum noch ein Wissen, geschweige ein Bewußtsein dafür gibt, was wir an Pfingsten feiern.
Das aber ist entscheidend, denn der Keim des Glaubens ist der Heilige Geist. Er erreicht jeden, der offen für Ihn ist. Dort kann Er zu erstaunlichen Wirkungen gelangen. Aber – im Unterschied zur Corona-Seuche - drängt er sich nicht auf, wie die Aerosole in der Atemluft. Man begegnet Ihm nicht unfreiwillig. Er fragt, ob Er willkommen ist, und Er will gewollt sein. Darauf kommt es an: dass wir bereit sind, uns anstecken lassen von der Gegenwart Gottes und Seines heiligmachenden Geistes – ja ob wir uns überhaupt noch anstecken lassen können und nicht schon imprägniert und immunisiert durch die Gegenmittel unserer eindimensionalen Welt.
Amen!
Dr. Guido Rodheudt ist Pfarrer von St. Gertrud in Herzogenrath und Gründer des "Netzwerks katholischer Priester".
(Die Geschichte geht unten weiter)
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