Passau, 19 Oktober, 2015 / 9:22 AM
Mit deutlichen Worten hat Bischof Stefan Oster auf Facebook vor einer falschen Wertschätzung im Umgang mit schweren Sünden gewarnt und Forderungen nach einer Art „Neusprech" kritisiert, die Menschen nicht zur Umkehr bewegt sondern gefallen wolle um eine falsche Harmonie zu erzeugen. Das echte neue Sprechen werde auch weh tun, so der Passauer Bischof.
Es ist eine Intervention im doppelten Sinne: Einmal, weil sich der Text des Passauer Bischofs wie eine der flüssigeren Reden der Synodenväter liest, die ja „Intervention” genannt werden. Aber auch, weil es buchstäblich ein Zwischenruf ist, über die Sozialen Medien.
Dabei greift Bischof Oster das Thema einer „neuen Sprache” auf: Neben der Forderung nach mehr Regionalisierung und dem Umgang mit Katholiken, die nicht keusch leben ist dies der dritte Punkt, der Gegenstand der Debatten rund um die Familiensynode ist. Und das nicht nur, weil die Grundlage der Arbeit auf der Synode, das Instrumentum Laboris von allen Seiten als sprachlich bestenfalls unglücklich kritisiert wird: Eine neue Sprache soll helfen, die Frohe Botschaft und die Berufung und Mission der Familie in unserer Zeit zu erzählen.
Was aber ist mit „neuer Sprache” gemeint? Dieser Frage geht Bischof Oster nach – und warnt davor, darunter eine Art „Neusprech” zu verstehen, mit dem unter Begriffen wie „Wertschätzung” alle möglichen Probleme der Moderne falsch angepackt werden könnten, allen voran: Sündhaftes Verhalten – ein Begriff, mit dem augenscheinlich die heutige Zeit nicht viel anfangen könne. Aber dies bedeute nicht, dass der Begriff oder seine Bedeutung einfach ignoriert oder ausgehebelt werden sollten durch eine Art „Neusprech”, der eine Art überholtes „Altsprech” einfach ersetzen könne, warnt Oster:
Wenn also mit der Forderung nach einer Art „Neusprech“ so etwas gemeint wäre, dann dürfte vermutlich auch das Wort „Sünde“ keinesfalls mehr vorkommen. „Sünde“ wäre aus dieser Sicht Altsprech. Versteht keiner mehr! Negative Rede in Beziehungs- und Geschlechtersachen versteht ohnehin keiner mehr. Wertschätzend ist wichtig. Alles wertschätzen!
Nachdem die Synodenväter, die so argumentieren, dies vor allem mit Blick auf die Ehe und die Sexualität tun, greift Oster das Beispiel auf, um zu illustrieren, was dabei verloren geht: „Man kannn es drehen und wenden wie man will: Sex in bloß eheähnlichen Beziehungen, die aber keine Ehe sind, war im kirchlichen Altsprech nicht als gut benannt, sondern immer als Sünde”. Der junge Bischof nimmt dabei kein Blatt vor den Mund:
Zwar war auch bislang schon immer klar, dass Sex zwar unglaublichen Spaß machen und tief und schön empfunden werden kann, dass er aber im Altsprech trotzdem Sünde hieß, wenn er außerehelich war. Sex kann nämlich beispielsweise auch dann als schön und tief empfunden werden oder großen Spaß machen, wenn man dabei die Ehe bricht. Und für den Ehebrecher ist es sonnenklar – wenn auch meist verdrängt –, dass er im Augenblick zwar Spaß hat, aber zugleich etwas tut, was seinen Partner oder seine Familie zutiefst verletzen und beschädigen würde. Sex ist also im Altsprech nicht schon deshalb gut, weil er Freude macht und Bindung erzeugt. Sondern Sex ist laut Altsprech dann gut, wenn diese Freude und diese Bindung in einer Ehe passieren.
Nun habe „im Altsprech”, so Oster, die Kirche bald 2000 Jahre lang gelehrt, dass Gott gesagt habe, Sex außerhalb einer Ehe sei Sünde, in der Regel sogar schwere Sünde. Oster wörtlich: „Wenn das stimmt, dann sind heute sehr viele schwere Sünder unterwegs”.
Natürlich verstehe er, dass viele daher den vermeintlich guten „Neusprech” viel besser fänden. Schließlich könne man „das doch nicht einfach so sagen, dass es so viele Sünder gibt” – Oster spielt damit auch auf eine Aussage von Kardinal Reinhard Marx an, der diese über den Umgang mit Homosexuellen sagte.
Auch die vermeintliche Alternativ-Aussage, dass ohnehin alle Menschen Sünder seien, daher käme es auf solche speziellen Sünden auch nicht mehr an, nimmt Oster in die Kritik.
Es sei verständlich, dass manche argumentieren: „Andernfalls würden doch der Kirche noch mehr Leute weglaufen, wenn sie hier nicht wertschätzend wäre!” Doch eine falsche Wertschätzung sei nicht mit der Lehre des Evangeliums vereinbar, argumentiert der Salesianer, denn es gehe nicht darum, gemocht zu werden, ohne Bekehrung einzufordern, sondern um die Hinwendung an die Liebe Gottes.
Könnte es nicht sogar eher sein, dass Paulus Recht hat? Im ersten Kapitel des Römerbriefes sieht er nämlich einen sehr intensiven Zusammenhang zwischen der Abwendung der Menschen von Gott einerseits und ihrer Herzensverdunkelung und den daraus folgenden sexuellen Verirrungen andererseits. Kann es also sein, dass die Forderungen nach einer bestimmten Art von Neusprech besonders aus westlichen Kulturen kommen, in denen der Glaube am stärksten schwindet, in denen aber zugleich (eben deshalb?) die Forderung nach gesellschaftlicher und kirchlicher Anerkennung aller möglichen sexuellen Variationen und Beziehungsformen so stark wird?
Die wirkliche neue Sprache, so Bischof Oster, werde geboren aus dem Evangelium, dem Wort Gottes.
Der Sprecher der neuen Sprache würde alles Gute und Wahre in allen möglichen menschlichen Beziehungen sehen und erkennen – und er würde es auch wahr und gut nennen. Aber er würde alles das zugleich so ansprechen, dass es immer mehr durchscheinend wird auf die Quelle des Wahren und Guten schlechthin. Und so ein Sprecher wäre nicht bereit, das Übel neuerdings ein Gut zu nennen. Er würde dem Wunsch nicht auf den Leim gehen wollen, nur ja niemanden zu verletzen und nur ja von niemandem zurück gewiesen zu werden. Oder auch nicht dem Wunsch, ja nicht mit der eigenen pastoralen Erfolglosigkeit konfrontiert zu werden und die Situation deshalb im Neusprech schön reden zu wollen.
Oster gibt zu: Ein solches, echtes neues Sprechen werde auch weh tun. „Denn das Ewige Wort spricht sich selbst so klar und neu in die Welt hinein, dass eine Welt, die nur sie selbst bleiben will, es letztlich gar nicht ertragen kann. Sie wird eine Sprache, die wirklich aus dem Ewigen Wort kommt, auch quälen, annageln und töten wollen – um sich die Wirklichkeit vom Leib zu halten, aus der die neue Sprache lebt!”
Den gesamten Text von Bischiof Oster können Sie auf Facebook lesen.
(Die Geschichte geht unten weiter)
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