Genf, 16 März, 2017 / 9:54 AM
Das Thema der weltweit eskalierenden Christenverfolgung – im Nahen Osten etwa von den USA als Völkermord verurteilt – beschäftigt auch die Vereinten Nationen. Am Rand der 34. Versammlung des UN-Menschenrechtsrates in Genf hat sich nun ein Spitzentreffen mit dem Thema befasst. Dabei wurde auch Kritik am Verhalten der EU laut.
"Gegenseitiger Respekt und friedliche Koexistenz als Bedingung für Frieden und Stabilität zwischen den Religionen: Beistand für Christen und Mitglieder anderer Religionen" war der offizielle Titel des Treffens.
Organisiert wurde die Veranstaltung von Armenien, dem Vatikan, dem Libanon und Russland. Auch Brasilien, Ungarn, Griechenland, Spanien, Zypern, Serbien und Kroatien hatten sich angeschlossen.
"Schutz von Christen" vermieden?
Der ungarische Außenminister Péter Szijjartó übte scharfe Kritik an dem Versäumnis der offiziellen Anerkennung von Christenverfolgungen.
"Wenn Sie einmal einen Blick auf Beschlüsse oder Resolutionen in EU- Dokumenten werfen, oder sogar Dokumente der Vereinten Nationen, oder Dokumente irgendwelcher anderer internationaler Organisationen, kann ich - weil ich die EU Beschlüsse gut kenne - mit Ihnen wetten, dass Sie dort kaum den Ausdruck 'Schutz von Christen' finden werden. Was Sie dagegen finden, ist 'Schutz von Minderheiten', Schutz verschiedener Gruppen, vielleicht auch ab und zu den Schutz religiöser Gruppen. Aber Sie werden nirgends 'Schutz von Christen' finden."
Was steckt hinter dieser Haltung auf EU-Ebene? John Laughland, Direktor des Pariser Instituts der Demokratie und Zusammenarbeit (Institut de la démocratie et de la coopération) und Moderator der Konferenz wies auf einen wichtigen Aspekt hin:
"Wenn wir über Fanatismus sprechen, wenn wir über religiösen Fundamentalismus sprechen, islamischen Fundamentalismus, müssen wir ein Phänomen beachten - und darauf möchte ich Ihre Aufmerksamkeit lenken: die Rolle des Säkularismus, des aggressiven, militanten Säkularismus, der besonders in Europa den Boden bereitet."
Der ständige Beobachter des Heiligen Stuhls bei den Vereinten Nationen in Genf, Erzbischof Ivan Jurkovič, Apostolischer Nuntius, rief in seiner Rede die Teilnehmer auf, Religionsfreiheit als fundamentales Menschenrecht anzuerkennen.
Weiter sagte er, angesichts des ganzen Szenariums könne eine allgemeine, von allen gleichermaßen respektierte Anerkennung von Religionsfreiheit als fundamentales Menschenrecht jeder Person und in jedem Land einen möglichen Schritt nach vorn darstellen. Dieses Recht weltweit weder umzusetzen noch zu verteidigen erschwere erfahrungsgemäß die Anwendung aller weiteren Menschenrechte. Genau diese Unterlassung habe jene erdrückende Situation herbeigeführt, mit der wir uns in unserer Welt heute konfrontiert sähen. Die Herausforderung, vor der die internationale Gemeinschaft, der Menschenrechtsrat und die die Länder stünden, sei ein erneuertes Bekenntnis zu den Inhalten der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte:
"Jeder hat das Recht auf Freiheit der Gedanken, des Gewissens und der Religion. Dieses Recht beinhaltet die Freiheit, seine Religion oder seinen Glauben zu wechseln und entweder allein oder in Gemeinschaft mit anderen, öffentlich oder privat, seine Religion oder seinen Glauben zu bekunden - in Lehre, Ausübung, Gottesdienst und der Einhaltung von Bräuchen."
Rolle der Globalisierung
"Die Tendenz zur Globalisierung ist gut - sie kann edel (gemeint) sein. Wenn sie allerdings vorgibt, uns alle gleich zu machen, zerstört sie die Einzigartigkeit eines jeden Volkes und jeder Person. Wir leben in einer Welt, die sich der Globalisierung der technokratischen Denkweise unterworfen hat, die bewusst eine uniforme Sichtweise anstrebt und versucht, alle Unterschiede und Traditionen im oberflächlichen Streben nach Einigkeit zu eliminieren." Im EWTN-Interview sagte Nuntius Jurkovic ergänzend:
"Das ist eine sehr komplexe Sache, die überall, vielleicht auch auf anderen Kontinenten passiert. Wissen Sie, (es gibt) die sogenannte liberale Gesellschaft. Die liberale Gesellschaft ist aber nicht das Problem - Freiheit ist (schließlich) Freiheit. Das Problem liegt vielmehr einfach darin, wie man die Rolle der Religion definiert und ob man als religiöser Mensch als Glaubender im öffentlichen Leben genauso wahrgenommen werden sollte wie die anderen."
Massen-Exodus der Christen aus dem Nahen Osten
Auf die Frage wie es um die Zukunft der Christen im Irak bestellt ist, sagte der Irakische Priester Georges Jahola:
(Die Geschichte geht unten weiter)
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"Gegenwärtig sieht sie düster aus. Wenn sich die irakische Regierung oder die internationale Staatengemeinschaft nicht entscheiden, die christliche Gemeinde zu schützen, werden die Ströme von Christen, die das Land verlassen, natürlich nicht abreißen."
Archimandrit Ignatios D. Sotiriadis, Sekretär des Komitees für interorthodoxe und interchristliche Beziehungen der Heiligen Synode der Kirche Griechenlands beschreibt warum er an dieser Konferenz teilnahm: "Ich bin als Repräsentant der Heiligen Synode der Kirche Griechenlands in Zusammenarbeit mit dem griechischen Außenministerium gekommen, um Hoffnung in diese schwierige Situation der Christen im Mittleren Osten zu bringen."
"Als Moslem ist diese Konferenz für mich wichtig, weil wir sehen, dass die Welt heute eine Art Behälter ist, in dem alles miteinander in Verbindung steht - alles ist vernetzt", sagte Kamil Samigullin, Großmufti von Tatarstan (Russische Föderation) im EWTN -Interview.
"Wenn wir zum Beispiel unsere christlichen Brüder in Syrien oder anderswo nicht schützen, wird das auch Auswirkungen auf uns Muslime haben. Wir beobachten das jetzt in Europa, wo Islamophobie auf dem Vormarsch ist und manche Menschen zu Aggressivität gegen Moslems veranlasst. Die Welt ist ein globaler Ort und wir müssen uns umeinander kümmern."
Hovakom Manukyan, Primat der armenischen Diözese im Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland erinnerte an die Worte des Apostel Johannes der schrieb, dass man Gott nicht lieben kann, wenn man seinen Bruder nicht liebt. Denn, wenn man seinen Bruder nicht liebt, den man sieht, wie kann man dann Gott lieben, den man nicht sieht? Denn dieses Gebot hat Er uns gegeben, dass der, der Gott liebt, auch seinen Bruder lieben muss."
Globales Phänomen
Es gehe um ein weltweites Phänomen, betonte der Genfer Erzbischof Michael Donskoff von der Russisch-Orthodoxen Auslandskirche. Die autonome orthodoxe Kirche untersteht dem Moskauer Patriarchat. Erzbischof Michael wörtlich:
"Märtyrer für Christus zu sein ist ein charakteristisches Merkmal christlichen Lebens. Ich denke, wir sind oft schlecht darauf vorbereitet, mit Heiligkeit in Berührung zu kommen. Normalerweise fehlt sie uns. Denn wir sind mit Zerstörung und Völkermorden konfrontiert und erkennen erst im Nachhinein, dass (hier) der Glaube in seiner (ganzen) Intensität wiederauflebt. Vergessen wir nicht, dass bei der Geburt unseres Herrn Tausende Kinder umgebracht wurden."
Während der Konferenz wurde oftmals auf die gemeinsame Erklärung hingewiesen, die letztes Jahr vom Patriarchen von Moskau und ganz Russland, Kirill, und Papst Franziskus in Havanna unterzeichnet wurde - einen Aufruf an die internationale Staatengemeinschaft, unverzüglich zu handeln, um dem Massenexodus von Christen aus den Ländern des Mittleren Ostens zu stoppen.
Das Außenministerium der Russischen Föderation teilte mit, man wolle besonderes Augenmerk auf die Diskriminierung und Verfolgung der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats in der Ukraine und die Probleme der Christen in Europa richten.
Alle Diskussionsteilnehmer waren sich einig, dass christliches Glaubenswissen wie auch die Kenntnis grundlegender Glaubensaussagen anderer Religionen viele Menschen davor bewahren könne, in die Falle extremistischer Ideologien zu geraten.
Dieser Bericht wurde von unserem U.N.-Korrespondenten Christian Peschken, Pax Press Agency in Genf, verfasst. Der Bericht wird auch bei EWTN – Katholisches Fernsehen zu sehen sein im Rahmen des Magazins 'Vatikano'. Weitere Informationen zu Pax Press Agency unter www.paxpressagency.com
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