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Liturgiker Kranemann: Wortgottesdienst erfüllt „das, was man ‚Sonntagspflicht‘ nennt“

Leere Kirche

Der an der Universität Münster ausgebildete und seit 1998 in Erfurt lehrende Liturgiewissenschaftler Benedikt Kranemann hat erklärt: „Wo sonntags keine Eucharistie gefeiert werden kann, feiern die Menschen eine andere Liturgie und erfüllen damit das, was man ‚Sonntagspflicht‘ nennt.“

Das Kirchenrecht betont demgegenüber ausdrücklich, dass nicht die Teilnahme an einem Wortgottesdienst, sondern nur an einer Messe die Sonntagspflicht erfüllt. So heißt es (can. 1247): „Am Sonntag und an den anderen gebotenen Feiertagen sind die Gläubigen zur Teilnahme an der Meßfeier verpflichtet […].“

Dennoch empfiehlt das Kirchenrecht die Teilnahme an einem Wortgottesdienst, wenn keine Messfeier möglich ist, setzt dies aber mit dem persönlichen Gebet oder dem Gebet in der Familie gleich (can. 1248): „Wenn wegen Fehlens eines geistlichen Amtsträgers oder aus einem anderen schwerwiegenden Grund die Teilnahme an einer Eucharistiefeier unmöglich ist, wird sehr empfohlen, daß die Gläubigen an einem Wortgottesdienst teilnehmen, wenn ein solcher in der Pfarrkirche oder an einem anderen heiligen Ort gemäß den Vorschriften des Diözesanbischofs gefeiert wird, oder daß sie sich eine entsprechende Zeit lang dem persönlichen Gebet oder dem Gebet in der Familie oder gegebenenfalls in Familienkreisen widmen.“

Im Gespräch mit katholisch.de sagte Kranemann am Montag, es werde „oft so getan, als verwalte man einen Mangel, wenn statt einer Eucharistiefeier ein Wortgottesdienst gefeiert wird. Doch wenn das Zweite Vatikanische Konzil sagt, die Kirche habe die göttlichen Schriften wie auch den Herrenleib selbst immer verehrt (DV 21), dann hat das Wort Gottes einen zentralen Stellenwert für jede Liturgie. Deshalb sollte bei einer Wortgottesfeier nicht von ‚Ersatz‘ gesprochen werden.“

In einem Wortgottesdienst werde „Christuspräsenz gefeiert, hier versammelt sich Kirche um den im Wort gegenwärtig geglaubten Christus“, so der Liturgiker. „Der Sonntag wird aus guten Gründen mit der Eucharistie verbunden. Das ist lange Tradition der Kirche. Aber die verschiedenen Rahmenordnungen zu eigenständigen Wortgottesfeiern, die es mittlerweile in Deutschland gibt, oder das, was sich in der Weltkirche beobachten lässt, zeigt, dass die Praxis und die Gewohnheit längst anders sind oder sich gerade verändern.“

Kranemann äußerte sich auch zur Kommunionausteilung in Wortgottesdiensten und verwies auf die Diasporasituation in der einstigen DDR. Dort sei es üblich gewesen, „dass Stationsgottesdienstleiter an einer Eucharistiefeier in einer Gemeinde teilgenommen haben und dann zu einer sogenannten Außenstation, also einer Kapelle oder einer Kirche, gefahren sind, dort Wortgottesdienst gefeiert und die Eucharistie ausgeteilt haben“.

Damit habe man zum Ausdruck bringen wollen: „Es gibt einen Zusammenhang zwischen der Außenstation dieser Gemeinde, die keine Eucharistiefeier begehen kann, mit der Gemeinde, die Eucharistie mit Hochgebet gefeiert hat; es wird keine Tabernakelkommunion ausgeteilt, sondern jene Kommunion, die direkt aus einer gefeierten Eucharistie kommt. Das spricht auf der Zeichenebene.“

In Deutschland gehen etwa 1,27 Millionen Menschen sonntags zur Messe, was einem Anteil von 6,2 Prozent aller Katholiken – mehr als 20 Millionen – entspricht. In den Bistümer sind insgesamt mehr als 11.000 Priester tätig, davon etwa 7.500 im aktiven Dienst. Das entspricht statistisch etwa 170 sonntäglichen Gottesdienstbesuchern pro aktiv tätigem Priester.

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