Genf, 22 Juli, 2017 / 9:15 AM
Der vielleicht umstrittenste Konflikt der Welt ist der zwischen Israelis und Palästinensern.
Die Auseinandersetzungen haben ihre Wurzeln im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert, der Geburtsstunde großer nationalistischer Bewegungen unter sowohl den Juden als auch den Arabern, die beide darauf ausgerichtet waren, für ihr jeweiliges Volk die Hoheitsgewalt im Nahen Osten zu gewinnen. Die Kollision dieser beiden Kräfte und der sich entwickelnde palästinensische Nationalismus in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts eskalierte schließlich 1947 im israelisch-palästinensischen Konflikt und weitete sich zum arabisch-israelischen Konflikt im weiteren Sinn aus.
Traurigerweise haben es die Parteien in all den Jahren nicht geschafft, eine Lösung zu finden, um das Ganze zu beenden.
Der Klang politischer Reden und viel Gerede bei den Vereinten Nationen scheinen der Region keinen Frieden zu bringen.
Wie aber ist es mit der Musik? Am 12. Juli füllte der Chor des CVJM Jerusalem die Hallen der UN in Genf mit besonderer Musik: Klängen für den Frieden.
"Ich denke, Kunst und Kultur spielen eine extrem wichtige Rolle, wenn es darum geht, Frieden zu stiften", sagt Micah Hendler, der Gründer des CVJM Jerusalem Jugendchors, "weil sie ein Gefühl von Gemeinschaft vermitteln. Musik, wenn sie richtig eingesetzt wird, ist ein sehr wirksames Mittel, um Menschen zusammenzubringen, sogar über die Grenzen der Verschiedenheit hinweg."
Über den Einfluss des Chores auf die Sänger sagt Micah:
"Man singt mit den anderen, man spricht mit den anderen. Das wirkt sich dann auf ihre unmittelbare Umgebung aus, ob es nun ihre Familien sind, ihre Freunde oder ihre Schulen, ihre Nachbarschaft. Natürlich haben unsere Aufführungen aber auch einen Einfluss auf unser Publikum. Fast immer gehen unsere Zuhörer sehr bewegt, sehr inspiriert hinaus, viele kommen auf mich zu und fragen: wie kann ich helfen, wie kann ich mich einbringen? Und das ist natürlich auch für mich sehr bewegend."
Der CVJM Jerusalem Jugendchor ist ein Chor- und Dialogprogramm für israelische und palästinensische Oberschüler in Jerusalem. Seine Aufgabe: Diesen jungen Menschen aus Ost- und Westjerusalem Raum zu geben, durch Gesang und Dialog zusammenzuwachsen.
Durch das gemeinsame Schaffen von Musik und den Austausch von Geschichten versucht der Chor, die Jugend Jerusalems zu befähigen, Führungsrollen in ihren Gemeinschaften zu übernehmen und Sänger und Zuhörer rund um die Welt dazu zu inspirieren, sich für Frieden einzusetzen.
"Es ist eine lange Reise, ein langer Weg. Nichts geschieht augenblicklich", so Yair Seri, palästinensischer Chorsänger aus Jerusalem.
"Die Leute singen zusammen und entdecken einander. Die Situation der Israelis und Palästinenser in Jerusalem ist die, dass wir so entfremdet sind, dass wenn wir uns treffen, wir erst wieder neu erfassen müssen, was wir über die andere Seite und sogar über uns selbst denken – unsere eigene Seite."
In seiner einzigartigen Kombination aus Musik und Dialog bietet der CVJM Jerusalem Jugendchor seinen Sängern eine Erfahrung, die umgestaltet, die zu Freundschaft und Verständnis führt, sowohl auf der individuellen wie auch der kollektiven Ebene – über die Grenzen von Religion, Nationalität, Sprache und Kultur hinweg.
Das reine Singen ist also nur der Anfang. Darüberhinaus vertiefen die Teilnehmer durch den Dialog die Beziheungen, lernen die Identität des jeweils anderen verstehen, seine Lebenserfahrungen, die überlieferten Erzählungen seiner Gemeinschaft, religiösen Traditionen und nationale Geschichte.
All das findet im geschützten Raum des Musikensembles statt, innerhalb starker persönlichen Bindungen und der Gemeinschaft, die es schafft.
Musikalisch versucht der Chor, die Werte von Gleichheit und Inklusivität wiederzugeben, um ein Bild von der Schönheit in Verschiedenheit zu vermitteln.
(Die Geschichte geht unten weiter)
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"Und es tut wirklich gut, in diesem Chor zu sein," sagt Saleem Said, Jerusalem, Palästinenser, "weil ich vorher keine jüdischen Freunde hatte und auch keinen von ihnen mochte. Es ist wirklich schön, zu erkennen, wie sie uns wahrnehmen und das wir Teil ihrer Gemeinschaft sind und sie Teil unserer Gemeinschaft. So haben wir viel über die andere Seite gerlent , und mehr ueber die andere Seite von Jerusalem erfahren."
Das palästinensische Chormitglied Sultan Abu Hadwan, fühlt sich ermutigt: "Wenn ich mit einem Juden spreche, kann das für mich und für andere ein Problem sein. Aber es ist ermutigend - weil wir uns kennenlernen. Wissen Sie, weil man miteinander spricht und lacht und eine Menge Dinge zusammen tut – deshalb finde ich es gut , in diesem Chor dabei zu sein."
Der Chor trifft sich auch in Zeiten von Krieg und Gewalt. Er ist ein Friedenseinsatzkommando in dem Sinne, in dem Papst Franziskus sagte, dass Israel und Palästina die Friedensgespräche fortzusetzen hätten: "Kein Konflikt kann zu einer Gewohnheit werden, mit der man nicht brechen kann."
Vielleicht ist der CVJM Jerusalem Jugendchor ein Gebet, mit dem diese Gewohnheit durchbrochen werden kann.
Für Avital Kagan, ein jüdisches Chormitglied aus Westjerusalem ist das eine klare Sache: "Natürlich. Ich denke, die Musik hat eine Kraft, deren sich die Leute oft gar nicht bewusst sind. Sie kann eine universelle Sprache schaffen." Die Sängerin weiter:
"Einige von uns hier sprechen nicht die gleiche Sprache. Ich spreche nicht perfekt Arabisch, einige sprechen nicht hebräisch oder englisch , aber wir können uns durch die Musik verständigen. Und ich denke, dass es durchaus schon Musik gab, die dazu beigetragen hat, dass Menschen sich öffnen und die Dinge aus einer anderen Sicht sehen."
Der CVJM Jerusalem Jugendchor trat bereits in Stephen Colberts "Late Show" auf, erschien in der "New York Times", bei "BBC" und "PBS" wie "Haaretz", "Alhurra" und viele anderen Medien.
In Jerusalem entstanden Aufnahmen mit dem israelischen mehrfach-Platin Künstler David Boza, in London mit Duran Duran. Sein neuestes YouTube-Video mit Sam Tsui, "Home", wurde über 375.000 mal angesehen. Es gab Konzertreisen nach Japan, Großbritannien, in die Vereinigten Staaten und Auftritte an berühmten Orten wie dem Kennedy Center in Washington, DC und als Gastensemble beim Yale International Choral Festival.
Der vielleicht wichtigste Ort, an dem der Chor regelmäßig auftritt, ist Jerusalem. Oft sind es Veranstaltungen mit anderen Organisationen, die sich für Frieden und Gerechtigkeit engagieren. Gerade Menschen sollen angesprochen werden, die sich niemals hätten vorstellen können, dass etwas derartiges überhaupt möglich, geschweige denn schön sein kann.
Die Musik dieses Chores dreht sich ganz um das Verhältnis von Freiheit und Gesang …denn im Gesang kann der Mensch Freiheit finden! Davon sind die Teilnehmer überzeugt.
Avital Kagan: "Wir können die Dinge auch auf andere Art und Weise ändern und sie verbessern. Das hier ist ein Beispiel, wie."
Die Webseite des Chores finden Sie hier.
Dieser Beitrag wurde vom Genfer UN-Korrespondenten Christian Peschken von Pax Press Agency, Genf, verfasst. Mehr zu Pax Press Agency unter www.paxpressagency.com
Hinweis: Dieser Blogpost und die darin wiedergegebenen Ansichten sind ein Beitrag des Autors, nicht der Redaktion von CNA Deutsch.
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