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Was hinter den schweren Anschuldigungen gegen einen neuen Kardinal steckt: Eine Recherche

Prälat Toribio Ticona Porco

Als bekannt wurde, dass Papst Franziskus den Prälaten Toribio Porco Ticona zum Kardinal kreieren würde, gab es in Bolivien Vorwürfe, dass er Frau und Kinder habe. 

Was steckt hinter den Vorwürfen gegen den neuen Purpurträger? Journalisten von ACI Prensa, der spanischspachigen Schwester-Agentur von CNA Deutsch, sind der Frage auf den Grund gegangen.

Die ersten Reaktionen auf die Schlagzeilen ließen nicht auf sich warten: Der damals noch zukünftige Kardinal widersprach diesen Behauptungen bereits am vergangenen 29. Mai.

In seiner Mitteilung erklärte Prälat Porco Ticona, er habe "hinsichtlich dieser Falshmeldung, die in den Medien über mein Privatleben verbreitet wird, die Pflicht, mit Nachdruck zu erklären und klarstellen, dass deren Inhalt nicht der Wahrheit entspricht."

Die Anschuldigung gegen den gestern kreierten Kardinal wurde am 28. Mai auf dem Blog "Adelante la Fe" veröffentlicht, das seinen Sitz in Spanien hat. Am 18. Juni weitete der Blog diese Anschuldigung durch die Veröffentlichung eines Briefes an der Apostolischen Nuntiatur in Boliven aus, welcher aus der Stadt Oruro, dem Wohnort eines Mitarbeiters von "Adelante la Fe" versandt worden war.

Einer der ersten Einwände gegen den Würdenträger betrifft die Frage nach seinem richtigen Namen. Die Gepflogenheit des spanischen Sprachraums, in der Regel den Nachnamen der Mutter ebenfalls anzuführen, spielte hier Rolle: Als der Heilige Stuhl seine Kardinalskreierung ankündigte, stellte er ihn als Toribio Ticona Porco, den emeritierten Prälaten von Corocoro, vor. In den offiziellen Dokumenten erscheint er jedoch als Toribio Porco Ticona.

Der Pressesprecher der bolivianischen Bischofskonferenz (CEB), José Rivera, erläuterte gegenüber der Schwesteragentur von CNA Deutsch, dass "Toribio Porco Ticona richtig" sei, der Bischof jedoch "mehr den Namen seiner Mutter (Ticona) verwende, da er seinen sehr jung verstorbenen Vater kaum gekannt habe." 

In dem Brief, in dem Porco Ticona die Anschuldigungen zurückweist, erklärt der Kardinal, dass "diese Gerüchte" nicht neu seien; sie seien im Jahr 2011 verbreitet worden und "fanden als bloße Verleumdung ein Ende."

"Ich persönlich freue mich darüber, dass diese Anklagen zu diesem Zeitpunkt kommen, damit der Fall definitiv abgeschlossen werden kann" so der zukünftige Kardinal in seinem damaligen Schreiben.

Die Beschuldigungen gegen Porco Ticona entstanden aufgrund einiger Grundstücksstreitigkeiten um Ländereien, die ihm ursprünglich gehörten und die er der Kirche vermacht hat, als er Priester wurde.

Einige Jahre später entschloss sich die Kirche, Porco Ticona - der mittlerweile Bischof war - die Ländereien zurückzugeben. Es sollen sich um insgesamt sieben Grundstücke handeln, auch wenn einige Quellen weniger angeben.

Laut Angaben der Zeitung Pagina Siete verkaufte Porco Ticona dann, als er emeritierter Bischof von Corocoro war, ein 1.717 Quadratmetern großes Stück Land an eine dritte Person, die "Leonor R. G." genannt wird.

Das Grundstück befindet sich neben einer Schule in der Stadt Llallagua, 271 Kilometer südöstlich von La Paz.

Nach Aussage der Gemeindeverwaltung von Llallagua, die mit dem Sonderkorrespondenten von ACI Prensa gesprochen hatte, war jedoch ein rechtliches Problem entstanden: Beim Verkauf seien nicht die richtigen Dokumente verwendet worden. Seither besteht ein Streit um das Land zwischen Leonor Ramos Gareca und einer weiteren Frau, der Bürgervertreterin Rosario Paco.

Die Gemeinde von Llallagua würde ihrerseits selbst gerne das Grundstück besitzen, weil es an eine Schule angrenzt, die erweitert werden soll.

Leonor Ramos Gareca ist die Person, die der Blog "Adelante la Fe" als "Leonor R. G." bezeichnet und die sich laut Angaben dieses Blogs "in der Öffentlichkeit als Frau des Bischofs präsentiert hätte, wie Zeugen berichten." 

(Die Geschichte geht unten weiter)

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In einem Gespräch mit ACI Prensa räumte Rosario Paco ein, dass sie "vor dem Streit die Frau (Leonor Ramos) nicht kannte, und noch weniger wusste, dass sie in einer Beziehung zu Bischof Toribio Porco Ticona stehe."

"Ich weiß nichts über ihr Leben; erst als er mich angegriffen hat, habe ich herausgefunden, wer sie war. Die Leute dort sprachen von ihr und sagten: 'Sie ist die Frau von Porco'. Aber was, wie - er ist Priester?", erzählte sie.

René Felipez, Sekretär bei der Gemeinde Llallagua, sagte zu ACI Prensa, dass "Frau Leonor sich nie als Frau des Bischofs vorgestellt habe, sondern als seine Bekannte."

Das Problem bezüglich des 1.717 Quadratmeter großen Grundstücks "ist sehr komplex und ist seit mehr als drei Jahre nicht gelöst", so Felipez, "das Eigentum gehört der Kirche, dem Bistum von Potosí, aber es gibt immer noch keine klare oder ausreichende Dokumentation für die Sanierung."

Der Sekretär teilte auch mit, die Schule hätte das Land "symbolische eingenommen, da sie es nutzen will, um ihr Bildungsangebot zu erweitern."

Praktisch jedoch ist klar: Ramos Gareca ist die aktuelle Besitzerin des Grundstücks. Gegenüber ACI Prensa erklärte Leonor Ramos Gareca dies so: Bischof Porco Ticona habe ihrer Mutter das Grundstück aus Dankbarkeit gegeben - für all die Jahre, in denen sie sich um diesen Ort gekümmert habe. Nach dem Tod der Mutter ging das Land dann in den Besitz der Tochter Ramos Gareca über.

Aussage von Leonor Ramos Gareca

Die Schwesteragentur von CNA Deutsch hat Frau Ramos Gareca in Llallagua ausfindig gemacht und auf die Vorwürfe gegen ihre Person angesprochen. Im Interview erklärte sie mit Nachdruck, die Anschuldigungen seien falsch: "Sie erzählen Lügen wenn sie sagen, dass ich eine Beziehung zu Kardinal Porco Ticona habe."

Ramos Gareca betonte weiter, sie habe mit dem Erzbischof von La Paz über die Anschuldigungen gesprochen und er hätte gesagt, dass er mit ihm Porco Ticona sprechen werde. "Ich habe ihm gesagt, wie die Dinge wirklich stehen: Ich hatte nie eine Beziehung mit ihm (Porco Ticona), mit meinen Kindern hat er nichts zu tun. Absolut gar nichts." Sie habe nicht mit ihm selber gesprochen, weil sie dachte, das würde die Sache nur schlimmer machen, so Ramos Gareca.

Was die Anschuldigungen über eine vermeintliche Beziehung mit dem neuen Kardinal Porco Ticona betrifft, sagte sie: "Wenn sie Beweise haben, dann sollen sie sie mir zeigen. Das ist sehr wichtig. Hinter mir steht eine Familie, da sind Kinder. Ich fühle mich als Frau getroffen. Die Medien und einige Leute haben mich angegriffen."

Zu dem Artikel über den Grundstücksstreit in Llallagua sagte Ramos Gareca, dass die Zeitung "mich nie aufgesucht hat. Ich war hier. Wenn sie gekommen wären, hätten sie mich hier gefunden."

"Man schadet einem Priester, einem Ordensmann, einem Geweihten. Man kann nicht einfach so Dinge über ihn behaupten", fügte sie hinzu.

Leonor Ramos Gareca erklärt, dass die Vorwürfe gegen sie ein Versuch seien, sich das umstrittene Land anzueignen.  In diesem Zusammenhang sagte Frau Ramos Gareca, sie hätte vor ein paar Jahren eine Verleumdungsklage gegen eine weitere Person eingereicht.

Unter Tränen fügte Ramos Gareca hinzu: "Ich habe zwei Kinder und keines ist von Monsignore Ticona. Ich habe mit einem sehr jungen Mann zusammengelebt; es hat nicht funktioniert und ich habe mich von ihm getrennt. Ich habe mich nicht mit Leuten eingelassen, mit denen ich mich nicht einlassen darf. Das alles verletzt meine Kinder, schadet ihrer Identität."

"Das Leben ist anstrengend und schwer für eine alleinerziehende Mutter, für eine Witwe oder geschiedene Frau. Es ist schwer, weil man mit dem Finger auf uns zeigt. Ich weiß, dass so etwas passiert. Gott weiß, dass die, die meine Würde in den Dreck ziehen, es mit Boshaftigkeit tun. Das Traurigste ist, dass meine ganze Familie dadurch getroffen wird", betonte sie.

Der Leiter der Pressestelle der Bolivianischen Bischofskonferenz, José Rivera, erklärte seinerseits, es sei "nichts bewiesen, nichts stichhaltig, und wenn wirklich etwas existieren sollte, dann ist die Kirche als Erste daran interessiert, die Wahrheit herauszufinden und die Verantwortlichkeiten zu klären."

ACI Prensa kontaktierte auch Bischof Christobal Bialasik von Oruro, da die Anklagen von "Adelante la Fe" aus dieser Stadt kamen. "Es gibt kein Dokument, das dies bestätigen würde. Es gibt nichts, es ist nur Klatsch", so der ursprünglich aus Polen stammende Bischof.

"Sie sagen, dass er dieser Frau half, die sie für seine Ehefrau halten, aber es gibt nichts, das bestätigen würde, dass sie seine Frau sei oder dass er Kinder habe. Wie jeder andere Bischof auch half er den Armen, und wir schauen nicht darauf, wer es ist. Wir sind darauf bedacht, zu dienen. Er hat mit dem Herzen gedient", fügte er hinzu.

Auf die Frage, warum sich die bolivianischen Bischöfe nach den Vorwürfen von "Adelante la Fe" nicht gemeinsam geäußert hätten, sagte Bialasik: "Wir wollen uns mit diesen Punkten nicht beschäftigen, weil sie nichts als grundlose Anschuldigungen sind. Deshalb haben die Bischöfe nichts zu diesem Thema gesagt. Es gibt nichts, keinerlei Beweis."

"Adelante la Fe" weist darauf hin, dass der Bischof von Oruro über die Anklage informiert worden sei, die der Nuntiatur vorgelegt wurde und die Aussagen von Personen aufführt, die nur mit Initialen angegeben sind. Diese Personen stammen allesamt aus Oruro.

ACI Prensa hat verschiedene Mails an den Mitarbeiter des Blogs in Oruro gesandt und ihn nach seinen Quellen gefragt. ACI Prensa hat Mazuelo ebenfalls gefragt, ob er derjenige sei, der diese Aussagen gegen Ticona Porco gesammelt und an die Nuntiatur in La Paz geschickt hat. Eine Antwort steht bislang aus.

In Bezug auf die Ankläger von Porco Ticona betonte der Bischof von Oruro gegenüber der Schwesteragentur von CNA Deutsch, dass "diejenigen, die ihn anklagen, über etwas sprechen, für das sie keinerlei Beweise haben. Ich habe mich mit diesen Leuten getroffen und sie haben mir gesagt, dass sie keine Beweise haben".

Bischof Bialasik erklärte auch, er wisse, wer die Ankläger seien, "besonders eine Person. Ich habe sie um Beweise gebeten. Sie konnten nichts beweisen." Seiner Meinung nach werde diese ganze Situation geschaffen, um "die Kirche, und vor allem die Bischöfe, zu spalten. Das sind Menschen, die der Kirche großen Schaden zufügen, nicht nur dem Kardinal."

Bischof Bialasik teilte weiter mit, dass die Bischofskonferenz einen Brief verfasst habe, in dem erklärt wird, dass Kardinal Porco Ticona nicht das neue Oberhaupt der Kirche in Bolivien wird. Danach beklagte er, dass hinter diesem Thema "viel Politik stecke, Aufstände von Ministern und aus der Dorgenszene gegen die Bischöfe, weil sie die kirchliche Situation des Kardinals dargelegt haben. Das tut weh, denn sie schaden der Kirche mit diesen grundlosen Beschuldigungen."

Eine Recherche von Walter Sanchez Silva (ACI Prensa, Peru) unter Mitarbeit von Diego López Marina, dem Sonderkorrespondenten von ACI Prensa in Bolivien. Aus dem Spanischen übersetzt von Susanne Finner.

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