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Exklusiv: Das komplette Interview mit Erzbischof Gadecki zur Familiensynode

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„Die Gender-Ideologie ist gefährlicher als der Kommunismus”  – „Homosexuelle Beziehungen sollten gar nicht Thema der Familiensynode sein”: Viel Aufsehen haben diese Aussagen des Vorsitzenden der polnischen Bischofskonferenz in seinem exklusiven Interview mit EWTN Deutschland erregt.

Doch der Erzbischof von Posen hat noch ein paar Überraschungen mehr auf Lager.  

Hier nun das vollständige Gespräch von Robert Rauhut mit Erzbischof Stanislaw Gadecki. Das zweiteilige Video wird am heutigen Montag und Dienstag abend jeweils um 20:30 Uhr noch einmal ausgestrahlt bei www.ewtn.de  

EWTN: Exzellenz, eine erste Frage. Wir leben heute in einer Welt, in der eine „Begriffsverwirrung“ vorzuherrschen scheint. Deswegen ist es hilfreich zu Beginn zu definieren, was wir Katholiken unter dem Begriff einer „sakramentalen Ehe“ verstehen.

GADECKI: Man kann darauf aus der Perspektive des Kirchenrechts schauen, man kann auch aus der Perspektive der seelsorglichen Lehre darauf schauen. In der Nummer 48 der Pastoralkonstitution „Gaudium et Spes“ des Zweiten Vatikanischen Konzils wird die katholische Ehe beschrieben als „intima communio vitae et amoris“, praktisch also als intime Gemeinschaft des Lebens und der Liebe zweier Menschen, die Mann und Frau sind und sich gegenseitig ergänzen. Diese Komplementarität definiert die katholische Ehe. Das ist aber auch nicht alles, denn darüber liegt gleichsam die Communio mit Christus, weswegen die katholische Ehe nicht nur eine soziologische Beziehung und Ebene zwischen zwei Personen ist, einem Mann und einer Frau, sondern zugleich ein Abbild der Beziehung und Communio ist, die zwischen Christus und der Kirche existiert. Deswegen hörten wir noch vor der Synode, der ersten Session der außerordentlichen Synode, hörten wir einen jüdischen Rabbiner, der über die Ehe sprach, dass wir alle uns bewusst sein müssen, dass es einen Unterschied gibt zwischen einer gewöhnlichen, natürlichen Ehe und einer religiösen Ehe. In der natürlichen Ehe sind zwei Personen, das heißtMann und Frau. In der religiösen Ehe sind drei Personen, das heißt Gott, Mann und Frau. Und das lässt sich auf die katholische Ehe übertragen, die nicht nur eine Communio zwischen zwei Personen, menschlich, ist, sondern erhoben ist durch die Gnade, durch Christus.

EWTN: Wenn es um Deutschland geht, konzentriert sich die Diskussion um die Synode herum vorrangig auf zwei Probleme. Das eine Problem ist die Zulassung von Personen, die in einer neuen Beziehung leben, zur Heiligen Kommunion, andererseits die Anerkennung gleichgeschlechtlicher Beziehungen. Herr Erzbischof, was halten Sie davon?

GADECKI: Das heißt: Wenn es um homosexuelle Beziehungen geht, können diese niemals „Ehe“ genannt werden. Sie können sich nennen, wie sie wollen. Nach kirchlichem Verständnis gibt es nicht so etwas wie eine Ehe als Beziehung zweier Personen des gleichen Geschlechts, sei es zwei Frauen, sei es zwei Männern. Deswegen sollte dieses Thema nicht Gegenstand der Synode sein, denn die Synode beschäftigt sich mit der Familie im katholischen Verständnis. Dagegen haben wir hier eine Beziehung, die mit der Katholizität nichts zu tun hat. Wir können uns mit Wertschätzung gegenüber der Würde jedes Menschen verhalten, der in einer solchen Beziehung weilt, gegenüber seiner Menschenwürde, aber wir können dies auf keinen Fall eine Ehe nennen; und ein Staat, der solche Beziehungen „Ehe“ nennt, tut der Kultur sehr schaden, die sich über 2000 Jahre herausgebildet hat. Das ist die eine Sache. – Wenn es um die Zulassung von geschiedenen Wiederverheirateten zur Heiligen Kommunion geht, ist dies eine riesige Verengung der synodalen Problematik, weil die Synode sich nicht versammelt, um diesen Punkt zu entscheiden; er versammelt sich um die neuen pastoralen Probleme von Ehen und Familien zu lösen; und um die Berufung von Ehe und Familie im Licht der göttlichen Offenbarung zu zeigen, so dass sie in Übereinstimmung mit und nicht gegen die göttliche Offenbarung ist. Deswegen sage ich, dass diejenigen, die darüber nachdenken, ob wiederverheiratet Geschiedene zur Heiligen Kommunion zugelassen werden sollten, „leider“ die Stimme hören müssen, die von Anfang an da war, auf die der Herr Jesus hingewiesen hat im 10. Kapitel des Markus-Evangeliums und im 19. Kapitel des Matthäus-Evangeliums, wo er sagt, dass es am Anfang nicht so war. Aus einer exegetischen Perspektive kann man sagen, dass es nicht nur um die „Zeit“ geht, also, dass bei der Schöpfung der Welt, oder vor der Schöpfung der Welt es nicht so gewesen ist. Deswegen weil man das „Am Anfang war es nicht so“ natürlich zeitlich auffassen kann, aber auch so wie zum Beispiel der heilige Augustinus  „von Anfang an“ das heißt„in Jesus Christus“. Christus ist der Anfang, das Wort, die Weisheit Gottes, die die Welt schafft. Also „am Anfang“, das heißt „in Christus“, war es nicht so. Christus sagt über sich selbst „Anfang“. Und es gibt noch eine Interpretation, die sehr interessant ist, die ihren Ursprung außerhalb der jüdischen Umgebung hat. Sie stammt aus der griechischen Umgebung. Sie sagt „en arche“, das heißt „gemäß dem Gesetz“. „Gemäß dem Gesetz“ war es nicht so. „Bereshit“ kann man auch übersetzen als „en arche“ in der griechischen Sprache. „Gemäß dem Gesetz war es nicht so“. Die Worte Christi gegen die Scheidungen und die erneuten Beziehungen bilden für die katholische Kirche nicht nur eine Richtschnur als Weg zur Heiligkeit sondern begründen das Sakrament.

EWTN:  Was bedeutet das aber? Nun gibt es einige Theologen, die sagen, die pastorale Situation soll sich verändern, aber die Lehre soll sich nicht verändern. Wenn sich aber der pastorale Zugang verändert, dann verändert sich aber auch die Lehre, oder?

GADECKI: Alles verändert sich. Wenn sich das Denken verändert, verändert sich auch die Praxis. Deswegen kann man nicht die Lehre verändern, erwartend, dass die Praxis dieselbe bleibt oder dass sie keinen Veränderungen unterliegt.

EWTN: Ich möchte noch einmal zur Frage der gleichgeschlechtlichen Partnerschaften zurückkehren, die stricte nicht Gegenstand der Synode sein sollten. Nichtsdestotrotz hören wir in Deutschland des öfteren Stimmen, dass die Menschen in diesen Beziehungen in „Treue und Verantwortung“ leben. Die soziologischen Daten sagen etwas Anderes. Herr Erzbischof, was halten Sie davon?

GADECKI: Sagen wir einmal so: Umfragen und Soziologie in Beziehung zur Theologie können eine unterstützende Rolle haben, aber nicht die ausschlaggebende. Christus hat gesagt: „Als Mann und Frau erschuf er sie“ und nur eine Beziehung die komplementär ist, die der gegenseitigen Hilfe dient, ist eine Beziehung, die man gemäß der Bibel richtigerweise als Familie, zunächst als Ehe und dann als Familie bezeichnen kann. Und deswegen ist der ganze Drang der Moderne, den wir jetzt fühlen, und das in einer sehr starken Gestalt, denn während der ersten Session der Synode beklagten sich die afrikanischen Bischöfe, das große Hilfsfonds zur Verfügung gestellt werden, um die so genannten „Homo-Ehen“ als gesetzlich erlaubte in diesen afrikanischen Ländern einzuführen. Mir scheint es, etwas ähnliches empfinden wir, wenn der Druck von näher gelegenen Einrichtungen ausgeht, als derjenige, den die afrikanischen Länder ertragen.

EWTN: Um welche Einrichtungen geht es?

GADECKI: Ich denke, auf der einen Seite sind es diejenigen Einrichtungen, die über große Geldressourcen verfügen, und die gleichzeitig irgendwie unter dem Einfluß dieser homosexuellen Kreise stehen, ob das Brüssel sein wird, oder New York oder Washington, das sei dahingestellt, auf jeden Fall eine homosexuelle Lobby, die sich ganz klar darum bemüht, nicht nur irgendwie eine Toleranz zu erlangen in Bezug auf sich, sondern auch den Sinn der Ehe auf den Kopf zu stellen, der klassisch ist und hinter sich eine gewaltige Tradition hat.

EWTN: Und diese so genannte „Homo-Lobby”, wirkt sie auch in der Kirche?

GADECKI: Ich meine nicht, dass kluge Bischöfe oder Priester eine solche einflussreiche Lobby schaffen könnten, dass sie auch in der Kirche funktionieren und im Einklang mit der weltweiten Homosexuellen-Lobby prozedieren könnte. Es mag jemanden mit homosexuellen Neigungen geben, der möchte, dass man seine Anwesenheit toleriert. Die Kirche kann jeden wertschätzen und tolerieren, aber sie kann auf keinen Fall aktive Homosexualität zur Kenntnis nehmen, also etwas das evident in der Bibel verurteilt wird. Die Kirche lebt aber vom Wort Gottes. Es gibt keine Möglichkeit, einen solchen Zustand herbeizuführen, in dem wir der Bibel den Rücken zukehren, sonst wenden wir uns ab von der Quelle. Ohne diese kommt die Wüste.

EWTN: Einige einflussreiche Stimmen in Deutschland haben sinngemäß gesagt „die Kirche in Deutschland kann nicht warten, bis die Synode oder irgendjemand bestimmte Entscheidungen trifft, denn wir müssen hier auf dem Feld schon heute handeln“. Meine Frage: Ist es denkbar, dass etwas in der deutschen Kirche erlaubt sein könnte, das in der polnischen oder in der afrikanischen Kirche unerlaubt ist?

(Die Geschichte geht unten weiter)

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GADECKI: Das ist nicht möglich. Denn eine kanonische Praxis ist möglich, das heißt eine gewiße Pragmatik, gewisse Bestimmungen für das Leben der Kirche im jeweiligen Land, unter den Umständen des Landes, in dem die Kirche lebt: Anders wird die Organisation kirchlichen Lebens in Afrika aussehen, anders auf Grönland, anders in Europa aussehen und anders auch in Südamerika. Aber das ist eine zweitrangige Frage, die Organisation des kirchlichen Lebens. Dagegen erstrangig ist die Einheit der Doktrin, das heißt praktisch ein und dieselbe Lehre der katholischen Kirche. Die Kirche kann nicht mit 100 Stimmen singen, so wie sich die Postmoderne das wünschen würde. Auch wenn uns manchmal scheint, wir manchmal den Eindruck davontragen, dass diese Stimmen zerstreut sind und etwas untereinander anderes sagen, das sogar im Widerspruch zueinander steht. Dann ist das der Effekt eines Fehlers, aber keine Infragestellung des Prinzips, das das eine und katholische Lehren der Lehre, des Magisteriums, ist. Wenn die Kirche 10 oder 100 Doktrinen lehren würde, dann würde sie auseinanderbrechen in 100 Kirchen, aber die Kirche ist eine, katholisch und apostolisch.  

EWTN: Herr Erzbischof, Sie sind ein Exeget. Die Heilige Schrift stellt klar fest, mit den Worten: „Was Gott verbunden hat, das kann der Mensch nicht trennen“. Nun haben wir verschiedene Exegeten, auch italienische, die zu zeigen versuchen, dass diese Worte über die Unauflöslichkeit eigentlich über die Auflöslichkeit sind. Was halten Sie, Herr Erzbischof, von diesen Theorien?

GADECKI: Ich denke, dies ist Ausdruck eines gewaltigen Regresses, der sich ereignet im Verhältnis zu den Worten Christi selbst. Dieser Regress ist verständlich, wenn wir auf den Judaismus und den Islam schauen. Im Judaismus und im Islam, soweit ich sie verstehe, haben wir es mit einem Vertrag zu tun. Die Ehe ist ein Vertrag zwischen beiden Seiten. Dieser Vertrag kann jederzeit aufgelöst werden. Viele unserer Frauen auch hier in Polen begehen einen riesigen Fehler, sich durch die eigenen Gefühle leitend lassend, was verständlich ist, und gehen eine Verbindung, sagen wir einmal, mit Muslimen ein, in der Überzeugung, dass sie ein Sakrament schließen, während das für die muslimische Seite nur ein Vertrag ist, der in jedem Augenblick aufgelöst werden kann, ob mit der Zustimmung beider Seiten oder ohne Zustimmung beider Seiten. Und es scheint mir, dass diese neuen exegetischen Theorien, die erscheinen, egal ob in Deutschland oder Italien, auch diesem Verlangen entgegen kommen, Scheidungen irgendwie zu legalisieren und zu sagen, dass im Wesentlichen Christus nicht das gesagt hat, was er gesagt hat. Und dann lösen wir auf pragmatische Weise ein Problem, das das Dogma von der Unauflöslichkeit der Ehe betrifft. Also für mich ist das manchmal Ausdruck einer sehr intelligenten Verlorenheit.

EWTN: Die so genannten progressiven Stimmen berufen sich gerne auf das 2. Vatikanische Konzil, vergessen aber die Lehre des „Heiligen der Familie“ Johannes Paul II. und von Papst Benedikt XVI. Welche wertvollen Aspekte der Lehre von Johannes Paul II. sollten wir heute nicht verloren gehen lassen?

GADECKI: Ich denke, all das, was noch von Kardinal Wojtyla verfasst wurde, also „Person und Handlung“ war ein kapitaler Beitrag zum Denken über Ehe und Familie. Dann kam „Familiaris Consortio“, der „Brief an die Familien“. Jedes dieser Dokumente ist ein gewaltiger Schritt nach vorne. Diejenigen, die diese Lehre in Frage stellen, haben nicht gänzlich Ahnung davon, was sie eigentlich machen. Sie behaupten, das sei „veraltet“, das war über 20 Jahre her, jetzt muss man nach vorne gehen. Das Evangelium und das Magisterium der Kirche unterliegen den gleichen Rechten, die wir als Tradition definieren. Die Tradition hat in der Kirche ihre definierte Form. Die Tradition ist keine Konservendose. Die Tradition ist fortdauernde Entwicklung bei Unveränderlichkeit des Wesens. So wie es Vinzenz von Lerins gesagt hat: Die Tradition ist wie ein Kind. Es entwickelt sich an jedem Tag. Es wird klüger, größer, reifer, besser ausgebildet. Aber auf der anderen Seite verändert es sich gar nicht wesentlich. Es ist als Mensch geboren, entwickelt sich als Mensch, stirbt als Mensch. Es verändert sich nicht wesentlich. In diesem Sinn verträgt der Begriff zwei Widersprüche: fortdauernde Entwicklung und Infragestellung von Veränderung. Dank diesem, wenn wir auf die Lehre der Kirche schauen, sehen wir, dass es in dieser Lehre eine Entwicklung gibt, aber diese Entwicklung streicht nie das Evangelium durch, kann nicht das Rückgrat der Kirche durchstreichen.

EWTN: Johannes Paul II. ist nicht nur der große „Heilige der Familie“, sondern auch ein großer Missionar der „göttlichen Barmherzigkeit“, durch die Enzyklika „Dives in Misericordia“ aber auch durch die Heiligsprechung der Heiligen Faustyna Kowalska.  Heute spricht man gerne von „Barmherzigkeit“, vergisst aber die „Gerechtigkeit“, die „Sünde“, vergisst auch den Begriff der „Wahrheit“.

GADECKI: Das ist ein großer hermeneutischer Fehler. Eigentlich sind die „Gerechtigkeit“ und die „Barmherzigkeit“ untrennbar miteinander verbunden, denn sie zeigen sozusagen zwei Angesichter einer Situation. Die Gerechtigkeit ist, dem anderen Menschen das zu geben, was ihm recht zusteht. Die Barmherzigkeit ist, dem anderen Mensch das zu geben, was ihm recht und gerecht nicht zusteht, das heißtdiese beiden Wirklichkeiten scheinen in Opposition zueinander zu stehen, aber sie sind nach dem Verständnis der katholischen Lehre untrennbar. Untrennbar ist die göttliche Barmherzigkeit, die keine Grenzen hat, und welche am besten veranschaulicht ist im Gleichnis vom verlorenen Sohn. Das Gleichnis vom verlorenen Sohn zeigt die Unveränderlichkeit der göttlichen Barmherzigkeit, das heißtGott ist nicht konditioniert durch das Handeln des Menschen, er ist nicht einmal konditioniert durch das Vorgehen des Sünders, denn Gott bleibt barmherzig bis zum Ende. Dagegen kann der Mensch die Barmherzigkeit erfahren, nicht dann, wenn er sündigt und sagt „Lobt mich!“, sondern dann, wenn er den Abgrund erreicht und sieht, dass es im Haus des Vaters deutlich besser war und den Weg zurück zu Gott antritt.

EWTN: Was heißt Barmherzigkeit mit Blick auf Ehe und Familie?

GADECKI: Im selben Geist. Gott offenbart seine barmherzige Liebe im Verhältnis zu jedem Menschen, um so mehr zur Familie, zu Ehe und Familie, die eine besondere Schöpfung dieser göttlichen Liebe sind. Und sicherlich – in der Ehe und der Familie offenbart sich die göttliche Liebe mehr als außerhalb von Ehe und Familie, zumindest ist sie leichter wahrnehmbar.  Egal in welcher Situation sich die Ehen finden, seien sie regulär oder irregulär, müssen sie das Bewusstsein haben, dass die göttliche Barmherzigkeit sie die ganze Zeit begleitet, unveränderlich, denn nur in einem solchen Setting, werden sie nicht in das Gefühl der Schuld hineinfallen, sondern sich bemühen aus der Sünde herauszukommen und zur Gnade zurückzukehren.

EWTN: Heute ist das „Sündenbewusstsein“ im Verschwinden begriffen. Wir hören diejenigen, die eine Anpassung der Kirche an die Welt fordern, was häufig dazu führt, dass wir die dritte Person in der Beziehung aus den Augen verlieren – Gott. Mitbedingt durch eine Reduktion der Theologie auf Soziologie.  Ist dieser Weg zukunftsträchtig?

GADECKI: Er hat keine Zukunft. Manchmal bedienen wir uns der Soziologie um religiöse Phänomene zu beschreiben, aber das ist ein zerbrechliches Werkzeug, nicht gänzlich adäquat.  Dagegen, wenn man diesen Begriff der Sündhaftigkeit verliert, dann ist praktisch jede Einstellung gut, es gibt nichts, von dem man sich bekehren müsste, aber das Evangelium beginnt ja mit den Worten „Kehrt um und glaubt an das Reich Gottes!“ Und Jesus Christus spricht von sich, von der Aufgabe, warum er auf die Welt gekommen ist, vom Kommen zu den Sündern. Wenn wir die Sündhaftigkeit nicht anerkennen, dann, sagen wir mal, entleeren wir das Kommen Christi; das ganze Werk der Inkarnation entleeren wir, denn wir sagen, Christus ist nicht zu uns gekommen, aber außerhalb Christi gibt es kein Heil, keine Erlösung.  

EWTN: Ich möchte Bezug nehmen auf zeitgenössische Herausforderungen für die Familie. Eine dieser Herausforderungen ist die so genannte Gender-Theorie, das Gender-Mainstreaming. Herr Erzbischof, sie selbst haben viele Jahre lang an der eigenen Haut den Kommunismus erfahren. Sehen Sie eine Ähnlichkeit zwischen der Erscheinung des Kulturmarxismus und der des alten Kommunismus, der die Familie und die Ehe bekämpft hat?

GADECKI: Sicherlich gibt es eine Analogie. Es ist eine Ähnlichkeit zwischen diesen beiden Richtungen vorhanden, weil sowohl der Kommunismus wie auch die postkommunistischen linken Bewegungen keine Wertschätzung gegenüber der menschlichen Person haben, das heißtsie achten die menschliche Person und ihre Würde nicht so wie das Christentum, aber bemühen sich alle zwischenmenschlichen Beziehungen zu ruinieren; der Kommunismus wollte durch die Klasse, durch die Klassensolidarität die Gesellschaft auseinanderbrechen und gegeneinander antagonisieren; und jetzt geschieht das durch einen anderen Eingriff, viel subtiler, durch das Lehren von Gender, das heißtdurch die Infragestellung der Richtigkeit der Existenz von Ehe und Familie, die Zerstörung der Institution von Ehe und Familie als „opressiv“, die anstatt zum Wachstum der Menschlichkeit beizutragen, als Existenz die Menschlichkeit reduzieren würde. Deswegen sage ich, gibt es verschiedene Instrumente, verschiedene Methodologien, aber das Ziel ist das gleiche: die Pulverisierung der Gesellschaft, damit der Mensch allein bleibt und man mit ihm deutlich geschickter manipulieren kann.

EWTN: Herr Erzbischof, Sie meinen also, dass diese Theorie, indem sie subtiler ist, auch deutlich gefährlicher ist?

GADECKI: Zweifellos. Denn der Mensch orientiert sich nicht so schnell in den heutigen Theorien, denn in den damaligen Klassenmäßigen wußte er, dass in ihnen Ungerechtigkeit ist, und wenn man ihm heute über Gender murmelt, dass der Mensch verschieden ist, dass es verschiedene Kulturen gibt, dann fängt man ihn mit der Angel für etwas,  das als sehr erstrebenswert erscheint, sagen wir mal jeden individuell zu behandeln, was übrigens Grund für den Individualismus ist. das heißtwenn der Genderismus den Raum betritt, dann handelt es sich um eine reine Ideologie, die eigentlich versucht die ehelichen und familiären Beziehungen zu zerstören, zeigend, dass die Gesellschaft, die man schaffen möchte, klassenlos ist.

EWTN: Wie kann die Kirche dem Gender-Mainstreaming und dem Kulturmarxismus entgegenwirken?

GADECKI: Ich denke durch das Lehren der wahren christlichen Lehre, durch das den Menschen Bewusstmachen der Würde der menschlichen Person, über die Größe von Ehe und Familie, über Liebe und Verantwortung, die mit dem Ganzen verbunden ist, über all das, was bisher in der Lehre der Kirche gegenwärtig war. Das Entgegenkommen und die Hilfe, die die Kirche gegenüber Ehe und Familie leisten kann, baut darauf auf, dass die Kirche eine Anthropologie hat, die dem Menschen entspricht. Und indem sie das lehrt und daran erinnert, leistet sie einen großen Schritt in dieser Situation, die Papst Franziskus als „Feldlazarett“ bezeichnet, dass die Kirche diese Rolle des „Feldlazaretts“ einnimmt, dass es hier „die Geschlagenen“ gibt, sie herbeibringt und heilt. Das Heilen gelingt nicht oft, denn der Mensch heute kann in seinem Individualismus so verschlossen sein, dass er keinem anderen Gedanken erlaubt, an ihn heranzutreten, ausser seiner eigenen Meinung, seiner eigenen Überzeugung. Es gibt also sicherlich Schwierigkeiten  dies bewusst zu machen, eine gute Vorbereitung für Ehe und Familie, den Eintretenden bewusst zu machen, dass es sich nicht um „Folklore“ handelt, Blumen, Musik und Photos, sondern dass sie in ein Sakrament eintreten, und dass in ein unzertrennliches, unauflösliches Sakrament. Eine gute Vorbereitung, und vor allem, so scheint es mir, in diesem Prozess der Vorbereitung, eine Erforschung dessen, ob die Leute glauben, ob sie überhaupt den Glauben haben. Denn wenn sie keinen Glauben haben, dann wird dieser Eintritt verletzt sein und das Sakrament wird nie zu seiner Fülle gelangen, obwohl Christus sie mit seiner Gnade unablässig begleitet. Das sind solche Möglichkeiten, Ehen und Familien zu helfen. Der Unterschied zwischen dem Lehren damals und heute im Blick auf die Hilfe besteht darin, dass man damals vorhergehend zur Eheschließung vorbereitet hat, das frühere, nähere und unmittelbare, heute dagegen die beständige Begleitung bis zum Tod, von der Vorbereitung für die Ehe bis zum Tod. Und in dieser Vorbereitung ist auch eine Veränderung erfolgt, eine bestimmte, denn damals teilte man die Auffassung prädestiniert zur Hilfe sei der Priester, er bereitet zur Eheschließung vor und begleitet dann auch in irgendeiner Weise. Heute ist dagegen die Rede, auch im ersten Teil der Synode war davon die Rede, dass man viel stärker Familien mit christlicher Erfahrung engagieren muss, dass diese christlichen Ehen in Vereinigungen oder Pfarreien, dass sie sich engagieren sollen in der Hilfe geschwächter Familien und das Beispiel des Lebens zeigen, ein mögliches, welches ein Leben ist, das treu ist, das eine unauflösliche Beziehung ist, und gleichzeitig eine liebende Beziehung ist, nach innen und nach aussen.

EWTN: Eine politische Herausforderung ist der Genderismus, der Kulturmarxismus. Eine andere Herausforderung ist jedoch die Ökonomisierung der Ehen, das heißteine Ökonomisierung nach innen, wenn es um die beiden Partner in einer Ehe geht, wie auch eine Ökonomisierung nach außen. Auf welche Weise kann die Kirche handeln, um angesichts dieser Herausforderung Ehen zu unterstützen?

GADECKI: Ich denke, der grundsätzliche Typ der Unterstützung liegt darin, die Aufmerksamkeit darauf zu lenken, dass die menschliche Person den Vorrang vor allem Anderen hat, auch vor der Wirtschaft, der Kultur, der Politik, vor allem. Der Mensch ist der Referenzpunkt der Kirche. Wenn dem so ist, ist der Mensch nicht der Wirtschaft zu Diensten, sondern dieWirtschaft  zu Diensten des Menschen. Denn wenn man die heutige Situation nimmt, und das Ganze in der völligen Unterordnung der Familie, jedes Familienmitgliedes unter dieWirtschaft , erfasst, dann haben wir ein Beispiel dafür in den heutigen Korporationen, wo die Menschen maximal ausgenutzt werden, denn in dieserWirtschaft  geht es um nichts Anderes als um den größeren Gewinn; prinzipiell. Man erzählt zwar dort von kulturellen Veränderungen, aber das hat keine größere Bedeutung. Hier geht es vor allem um das Rausschlagen größeren Geldes.

EWTN: Die Ehe ist ja keine Ware...

GADECKI: Und die Ehe ist keine Ware. Und wenn man jetzt die Ehe und die Familie der Wirtschaft  unterordnet, dann ruiniert man eigentlich die Ehe, weil solange es Gewinne bringen wird, wird es ausgenutzt werden durch die Wirtschaft. Wenn es keinen Gewinn bringen wird, dann überlassen wir das, was von der Ehe übrig bleibt seinem eigenen Schicksal – und damit endet es.

EWTN: Wie kann die Kirche das stärker bewusst machen?

GADECKI: Eher durch die kirchliche Soziallehre als durch irgendetwas Anderes. Indem dem Menschen bewusst gemacht wird, dass er mehr wert ist durch das, was er ist, als durch das, was er hat. Das ist dieser philosophische Gedanke, den Papst Johannes Paul II. aufgenommen und erneuert hat, und welcher Ehen und Familien viel sagt, denn wenn sie sich nur auf die schnelle ökonomische Entwicklung ausrichten, geschieht das mit großem Schaden für die Familien. Wir haben hier das Beispiel junger, intelligenter, ausgebildeter Menschen; auch Frauen, die ihr Berufsleben beginnen, ihre Arbeit beginnen und in Korporationen bis zum Letzten ausgenutzt werden. Hier erzählen sie mir von einem wiederkehrenden Phänomen, also die Menschen arbeiten 12 und 14 Stunden täglich, sitzen bis spät Abends, sagen wir, im Büro, arbeiten, und das gelingt über ein paar Jahre hinweg. Nach einem guten Studium gutes Geld, das gelingt. Und dann fangen die Kräfte an zu fehlen und sie fangen an Drogen zu nehmen, um den Rhythmus beizubehalten. Und dann nach einer gewissen Zeit wird das bemerkt, und sie werden weggeworfen wie Müll und es kommen die nächsten, die den gleichen Fehler begehen und auf dem gleichen Weg schreiten. Wenn man sich einem solchen Kriterium, der Wirtschaft , unterordnet, ruiniert man zweifelslos Ehe und Familie. Und jetzt höre ich, dass die neuesten soziologischen Untersuchungen die Situation umgekehrt haben, und nun zu sagen beginnen, dass eine Frau in der Arbeit, die Ehefrau ist, viel wertvoller ist als diejenige, die nicht Ehefrau ist, das heißt, mehr wert ist als diejenige die „Single“ ist und alles auf die Karriere gesetzt hat. Dass diejenige die Ehefrau und Mutter ist, viel verantwortungsvoller ist, dass sie besser planen kann, dass sie besser die Kräfte verteilen kann, dass sie für die jeweilige Institution viel wertvoller sein kann als diejenige, die nicht in Ehe und Familie ist. Die Kriterien ändern sich, die Situationen ändern sich, die historischen und gesellschaftlichen, und die Kirche sollte nicht jedem Pfeifen hinterherlaufen, um schließlich mit leeren Händen zurückzubleiben.

EWTN: Ein anderes Feld das Herausforderungen stellt, sind die Medien – das Bild von Beziehungen, Familie, Ehe – im Internet, im Fernsehen. Wie kann die Kirche auf diese Herausforderung reagieren?

GADECKI: Ja, das stimmt. Das Bild von Ehe und Familie in den Medien ist eine Tragödie. Das, was man zumeist in den Medien als Ehe darstellt, hat nichts mit dem Christentum zu tun. Das ist die Lebensvision von Schauspielern, die sich später auf die Gesellschaft überträgt und projiziert. Leute, die vielleicht, sagen wir einmal, etwas einfacher gestrickt sind und die Programme unreflexiv empfangen, Fernsehprogramme insbesonders, beginnen nach einer Zeit diese Verhaltensweisen nachzuäffen, die sie dort sehen; Ehebrüche, eheliche Untreue, Austausch von Partnern, der Drang nach großem Erfolg, nach Glanz, nach Schein, und so, volens nolens, zerstören die Medien die Ehe. Natürlich kann man das nicht verallgemeinern, sagen, dass alle das so machen, aber in der Mehrheit, so meine ich, ist das nicht nur ein Plan, den die Medien anwenden, sondern etwas, das der Natur der Medien entspricht, denn insbesondere Fernsehmedien haben nur einen beschränkten Blickwinkel auf die Wirklichkeit und können nur diesen beschränkten Blickwinkel der Wirklichkeit zeigen: Nur so viel, wie in das Objektiv hineinpasst. Deswegen ist, so scheint es mir, die Natur der Medien selbst – der Betrug.

EWTN: Wo können die Katholiken gute Vorbilder finden?

GADECKI: Ich denke, in diesem Moment überzeugen wir uns immer mehr: wenn es keine starken katholischen Medien geben wird, werden die Menschen sich in einer hoffnungslosen Situation vorfinden. Und das deswegen weil heute das Lesen, auch gute Bücher, heute erscheinen Tonnen von Büchern, die keiner lesen möchte; und das sind, sagen wir mal keine besonderen großen wissenschaftlichen Werke, für die man einer gewissen Vorbereitung bedarf, es sind populäre Werke über die Ehe, die Familie, über Kinder; keiner möchte sie lesen. Deswegen, sage ich, wenn die Menschen schon in das Schauen hineingefallen sind, muss man sich zumindest darum bemühen, dass die katholischen Medien die vollere Wahrheit zeigen und dass sie den Menschen animieren nach „oben“ zu streben, damit sie ihn nicht wie die Medien in den Sumpf ziehen, sondern umgekehrt zum „Geist“.  Damit der Mensch nicht, wie der Heilige Paulus sagt, gemäß dem Fleisch, dem Leib lebt, sondern gemäß dem „Geist“.

EWTN: Eine der Konsequenzen der vielen negativen Vorbilder ist ein großes Unwissen auch unter Laien in der Kirche, was die Ehe ist, was die Familie ist, was dahintersteckt und trotz Katechese in Deutschland, vielleicht teilweise auch in Polen, scheint dieses Wissen katastrophal zu sein. Was kann die Kirche tun, damit der Katholik sich dessen bewusst ist, was er glaubt/glauben sollte?

GADECKI: Ja. Ich würde die Antwort hier damit beginnen, dass das Unwissen über das Lehren über die Ehe nicht größer ist als das Unwissen über das Lehren über ein x-beliebiges Thema. Heute, sagen wir mal, reicht es in die Schule zu gehen, das neue Jahr beginnt, die Kinder wissen nichts mehr von dem, was sie im vorherigen Jahr gelernt haben. Die Erziehung ist eine furchtbar komplizierte Sache, sehr kompliziert und sehr schwer. Die einen erreicht sie, die anderen nicht, sie geht über in das Vergessen und wird eigentlich ausgewaschen. Man beendet die Universität, ist ein großer Spezialist in einem engen Gebiet, aber alles andere erscheint einem wenig wichtig oder wenig wesentlich für seine Arbeit. Und etwas Ähnliches geschieht mit dem katholischen Lehren. Man lehrt den Katechismus von der Grundschule, über das Gymnasium, durch das Lyzäum und die Universität, in der Universitätsseelsorge. Und daraus sind auch häufig tragische Resultate. Irgend jemand hat irgendwo irgendetwas gehört, weiß aber nicht, worum es geht. Deswegen, deswegen muss man Sorge tragen für das Lehren des Predigers, aber im Verhältnis zum Fernsehen ist das das Nichts, praktisch ein paar Minuten im Verhältnis zu mehreren Stunden dieses Fernsehdrucks, aber die Situation ist nie hoffnungslos, denn wenn, sagen wir, der Mensch dieses Interesse aufgreift, dann geht er später selbst und sucht. Heute ist das Internet einerseits ein Sumpf, andererseits ist es, sagen wir mal, eine breite Enzyklopädie des Wissens, vielleicht nicht des höchsten, aber zumindest eines einfachen, das auch für das katholische Lehren genutzt werden kann. In Polen sind die kirchlichen Internetseiten oder diejenigen der Vereinigungen sehr reichhaltig.

EWTN: Auch in Bezug auf die Ehe?

GADECKI: Ja, das gesamte päpstliche Lehramt ist in die polnische Sprache übersetzt und zugänglich. Es sind auch zugänglich all die Texte von Paul VI. , Johannes Paul II., auch Papst Benedikts, auch seine Opera Omnia werden von der Katholischen Universität Lublin herausgebracht, also, wer das Verlangen verspürt, kann zur Quelle gelangen.

EWTN: Muß die Kirche die Kurse zur Vorbereitung der Ehe und während des Ehelebens intensivieren?

GADECKI: Ja, das ist auch ein Problem, dass diese Ehevorbereitungskurse, sagen wir mal, nicht den Charakter der Erledigung von Büroarbeiten haben, sondern dass sie ein solides Fundament für die Ehe und die Familie geben. Wir denken auch an eine andere Form, wir bereiten es vor,  ein gewisser Teil wurde schon gemacht, die Erwachsenenkatechese, wissend dass diese Katechese der Kinder und Jugendlichen nicht viel bringt, denn sie wird durch die Eltern zerstört, eigentlich am häufigsten durch deren Verhalten oder durch Gleichgültigkeit gegenüber dem, was die Kinder gelernt haben, so muß man denn größere Beachtung der Erwachsenenkatechese schenken; in verschiedenen Formen der Erwachsenenkatechese, in den einfachsten wie der Sakramentenkatechese, wenn ihre Kinder getauft werden, zur ersten Kommunion gehen, wenn sie zur Firmung gehen, wo in der Katechese nicht über die Kinder gesprochen wird sondern über die Situation der Eltern, wie sie aussehen und was sie tun können, um sich Christus zu nähern.  

EWTN: Wenn wir hoffnungsvoll in die Zukunft schauen, in welchen Bereichen sollte Ihrer Meinung nach, Herr Erzbischof, die Kirche besonders präsent sein, um Ehen und Familien zu unterstützen? Welches sind die Felder? Medien? Ehekurse?

GADECKI: Ich denke, Medien, Katechese, das gewöhnliche Lehren, Veröffentlichungen, all die Weisen, auch das katholische Lesen, die katholische Presse, gut und auf einem guten Niveau. Das sind all die Mittel, über die die Kirche disponiert. Sie sind im Verhältnis zur Vorkriegszeit gering. In der damaligen Zeit, der Zwischenkriegszeit, war die katholische Presse stark, gewaltig stark, im Verhältnis zur heutigen, aber, wir sagen, das Niveau ist gestiegen.

EWTN: Und was ist mit Gruppen, wo sich Ehepaare konkret treffen können?

GADECKI:Es gibt sicherlich mehr die Familie befürwortende Gruppen, es existieren mehr... bei uns ist die Hauskirche sehr entwickelt, das heißt das sind Leute, die durch die Oasen-Bewegung des Priesters Blachnitzki hindurchgegangen sind, eine solche liturgisch-pastorale Vorbereitung haben und die Erwachsenen haben nun Ehen geschlossen und bilden nun die Hauskirche. In Deutschland existieren auch Formen, die dem ganz ähnlich sind, wo die Familien bestimmte Kreise bilden, sich treffen, sich gegenseitig unterstützen, gemeinsam mit den Kindern Urlaub machen. Hier geschieht etwas Ähnliches mit besonderem Augenmerk auf der Vertiefung des Lehrens. Es gibt Equipes Notre Dame, es gibt auch andere, die Familien befürwortende Bewegungen, es sind bestimmt Bestärkungen, insbesondere von jungen Eheleuten, die einer Unterstützung bedürfen.

EWTN: Ich möchte noch mal zurückkehren zu der Frage, wenn es um Personen geht, die gemäß der Lehre der Kirche in irregulären Situationen leben. Wie sollte die Kirche für solche Menschen Sorge tragen, dass sie weiterhin in der Kirche präsent sind, denn häufig schwächelt ja diese Beziehung zur Kirche?

GADECKI: Die Synode hat prinzipiell darauf das Augenmerk gerichtet; auf diejenigen, die in Separation leben, auf diejenigen, die geschieden sind, aber keine neue Beziehung eingegangen sind, auf diejenigen, die geschieden sind und eine neue zivile Beziehung eingegangen sind. All diese Situationen sind grundsätzlich verschieden und die Kirche sollte auf unterschiedliche Weise an sie herangehen. Diejenigen, die in Separation leben, bestärken und gleichzeitig zur Heiligen Kommunion ermutigen, denn offensichtlich, sagen wir es mal so, leben sie in einer Situation, die keine Infragestellung der sakramentalen Beziehung ist, in dem Sinne kein Auflösen der unauflöslichen Beziehung ist. Dann ähnlich bei denjenigen, die geschieden sind, aber keine neue eheliche Beziehung eingegangen sind. Auch sie haben das recht, die Heilige Kommunion zu empfangen. Häufig wissen sie das gar nicht. Diejenigen die geschieden sind und die eine neue zivile Beziehung eingegangen sind, müssen auch wissen, dass sich die Kirche ihnen gegenüber nicht verschließt, obwohl sie nicht die Erlaubnis für die Heilige Kommunion erteilen kann, denn diese ist Ausdruck der vollen Beziehung mit Christus, sie zum Hören des Wortes Gottes ermutigt, zur Teilnahme an der Eucharistie, zum Engagement in caritativen Werken, zur Unterstützung anderer Familien. Es gibt viele Felder, auf denen, Geschiedene, die in diesen neuen zivilen Beziehungen sind, nützlich in der Kirche sein können, für sich und für andere.

EWTN: Wie stark können Personen, die geschieden sind und erneut geheiratet haben, im Leben der Pfarrei engagiert sein? Es geht um Dienste wie das Lektorat, die Vorbereitung der Kinder zur Erstkommunion. Gegenwärtig sieht die Kirche keine solche Möglichkeit.

GADECKI: Das ist eine delikate Angelegenheit, denn hier haben wir nicht nur die Quaestio der Unmöglichkeit des Empfangs der Heiligen Kommunion, sondern auch die Repräsentanz der Kirche in diesen viel abverlangenden Diensten, zum Beispiel der außerordentliche Kommunionhelfer kann keiner sein, der geschieden und in einer erneuten zivilen Beziehung ist, denn das ist in gewisser Weise ein Anti-Zeugnis, aber er kann, sagen wir mal, sehr hilfsbereit sein und sich zugleich in caritativen Werken verwirklichen. Er kann natürlich lehren, aber grundsätzlich sagen wir in Polen, er sollte kein Katechet sein. Denn dies ist  wie eine Infragestellung des Zeugnisses, des authentischen Zeugnisses. Also bestimmte, nicht nur die Heilige Kommunion, bestimmte Funktionen, in denen man eines leserlichen Zeugnisses bedarf, sollten nicht übernommen werden durch Personen, die geschieden sind und erneut in einer ehelichen Beziehung leben.

EWTN: Ich möchte die Aufmerksamkeit noch auf die Frage der Kinder richten, die häufig die ersten Opfer sind, wenn eine Beziehung nicht gelingt, wenn sich die Eltern trennen. Muß die Kirche noch stärker ihr Augenmerk auf und die Stimme für die Kinder erheben?

GADECKI: Selbstverständlich. Denn praktisch existiert bei Scheidungen so etwas wie ein Egoismus der Erwachsenen, so etwas wie ein Egoismus der Erwachsenen. Sie schauen auf sich, die Unmöglichkeit des Zusammenlebens mit dem zweiten Menschen, auf die Versuche, die zu nichts geführt haben, schauen aber gar nicht auf das Kind. Deswegen ist eine gewiße Errungenschaft der ersten Synode beim Reden über die homosexuellen Personen, dass das Problem der Adoption von Kindern durch homosexuelle Personen zum Beispielein Tangieren der Rechte des Kindes ist. Also, dass nicht nur Erwachsene ihre Rechte haben, aber Kinder ihre Rechte haben. Und Kinder haben das Recht zur Erziehung in einer komplementären Familie, wo es Vater und Mutter gibt. Mit einem Wort: Kinder sind kein Spielzeug in den Händen von Erwachsenen, das einmal gefällt und dann schmeißt man es weg.

EWTN: Das heißt, es geht auch um die Verantwortung der Eltern.

GADECKI: Ja. Verantwortung. Falls sie zur Scheidung führt und die Kinder, so wie es das Gericht festsetzt, zwischen dem einen und dem anderen Elternteil herumirren, haben sie kein Vorbild mehr. Und es wird mit großer Wahrscheinlichkeit für sie deutlich schwieriger sein, eine normale Familie zu gründen, weil jede kleine Schwierigkeit dazu führen wird, dass sie die Beziehungen fallen lassen und die nächsten Menschen zum Ausnutzen suchen werden.

EWTN: Wenn es um die Position der polnischen Kirche in diesen Fragen geht, ist sie sehr hell, klar, und auch treu gegenüber der Lehre der Tradition von Johannes Paul II. und Benedikt XVI. Kennt Papst Franziskus diesen Standpunkt der polnischen Kirche genau?

GADECKI: Ich denke, er kennt ihn, denn in der Praxis war sie ziemlich laut – die Teilnahme der Polen bei der ersten Synode. Wir haben klar gesagt, dass wir uns ähnlich wie die Glaubenskongregation an die traditionelle Lehre der Kirche halten und dass wir davon nicht abweichen. Ich denke, dass jeder der das liest, was Papst Benedikt XVI. zur Römischen Rota in den Jahren 2007 und 2013 gesagt hat, der findet dort die Lehre, die man nicht auf den Kopf stellen kann. Das ist wirklich geniales Lehren – eine wirklich geniale Lehre –, der man sich unterordnen sollte, das man annehmen sollte, und man sollte sich nicht den Strömen der neuen Zeiten unterwerfen, denn die Ströme werden heute diese morgen jene sein. Und die Aufgabe der Kirche ist es nicht, der Welt nachzulaufen, sondern die Welt zu führen, der Welt den Weg zu zeigen. Ich habe hier zuletzt in Thorn bei der Krönung einer Gottesmutter davon gesprochen. Die Kirche nimmt in gewisser Weise die Rolle der GPS-Navigation für den Menschen ein, das heißtwo auch immer sich der Mensch befindet, wohin er sich auch immer verirren mag, fällt, genügt es, dass er sich an die Kirche anschließt, und die Kirche zeigt ihm den Weg zum Ziel, von welchem Ort auch immer in der Welt und aus welcher auch immer geistigen Situation, in der er sich befindet.

EWTN: Bedeutet dies auch, dass es keine Kompromisse geben wird, die der Lehre nicht treu wären?

GADECKI: Ich sehe keine Möglichkeit einen Kompromiss zu schaffen zwischen der Wahrheit und der Unwahrheit. Welchen Kompromiss kann es zwischen der Wahrheit und der Unwahrheit schon geben?

EWTN: Eine letzte Frage mit Blick auf die Zukunft: Welche Hoffnungen verbinden Sie Herr Erzbischof mit der kommenden Synode?

GADECKI: Ich denke, sie wird auf der einen Seite diejenige Lehre bestärken, die wir kennen, und die keine Erfindung dieses oder jenes Papstes ist, sondern diejenige der Kirche ist. Das ist der große Strom der intellektuellen Anstrengung der Kirche und des Glaubens der Kirche. Auf der anderen Seite wird sie zeigen, wie man auf neuen Wegen diese Berufung zur Ehe und Familie  in größerer Treue zu Christus verwirklichen kann und auf welche Weise die Kirche, die sich aus allen zusammensetzt, sich gegenseitig durch ihre Communio unterstützen kann, damit der Mensch, der heute stärkerem Druck ausgesetzt wird als früher, der sich in einem viel säkulareren Umfeld findet als früher, dass er sich in dem Ganzen nicht verliert. Denn das ist nicht nur eine Frage dessen, ob – sagen wir mal – ich mich im Leben gut einrichte oder nicht, sondern das ist eine Frage der Ewigkeit.

Das Video des Interviews von Robert Rauhut mit Erzbischof Gadecki wird am heutigen Montag und Dienstag abend jeweils um 20:30 Uhr ausgestrahlt bei www.ewtn.de  

Während der Synode berichtet EWTN – katholisches Fernsehen täglich live um 20 Uhr.

 

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