Anlässlich der Generalaudienz am 23. März 2011 sprach Papst Benedikt XVI. über den heiligen Kapuzinerpater Laurentius von Brindisi. Dabei deutete er auf eine Eigenschaft hin, die wir uns heute kaum vorstellen können:

"Inmitten der vielen Arbeiten pflegte Laurentius ein geistliches Leben von außergewöhnlichem Eifer, indem er dem Gebet und besonders der Feier der heiligen Messe viel Zeit widmete. Diese zog er oft über Stunden hin, tief bewegt in das Gedenken des Leidens, des Todes und der Auferstehung des Herrn hineingenommen."

Der hl. Laurentius von Brindisi wurde am 22. Juli 1559 geboren. Mit 15 oder 16 Jahren wird er in Venedig ins Noviziat aufgenommen. Seine theologischen Studien bestanden vor allem aus dem Erlernen der biblischen Sprachen und der Erforschung der Heiligen Schrift. Am 18. Dezember 1582 wird Laurentius zum Priester geweiht. Bis er am 22. Juli 1619 in Lissabon stirbt, ist sein arbeitsreiches Leben geprägt von seinen zahlreichen Aufgaben als Kapuziner (er wird sogar Ordensgeneral), als Prediger, Lehrer und Verteidiger des katholischen Glaubens.

Erst 1881 wurde er heiliggesprochen. "Durch seine kraftvolle und intensive Tätigkeit, sein umfassendes und ausgewogenes Wissen" (Benedikt XVI.) wird ihm 1959 der Titel "Doctor apostolicus" (apostolischer Kirchenlehrer) zugesprochen.

In Erinnerung an dieses Ereignis und an den 400 Jahre zurückliegenden Tod des hl. Laurentius riefen die Kapuziner für das Jahr 2019 ein "Laurentius-Jahr" aus. Zu diesem Anlass fand in Wien ein dreitägiger internationaler Kongress statt. Die dort gehaltenen Vorträge liegen in einem vom EOS-Verlag 2020 herausgegebenen Band vor: "Laurentius von Brindisi (1559-1619). Kapuziner und Kirchenlehrer."

Insbesondere Wissenschaftler aus dem Kapuzinerorden legen ihre Arbeiten vor. Dabei wird deutlich, wie anders als in vergangenen Epochen sie die Person und die Bedeutung des hl. Laurentius beurteilen. So wird etwa der Einsatz dieses Kapuziners im Kampf der Kirche gegen die Osmanen in der Gegenreformation völlig anders gedeutet.

Dabei schreibt etwa Niklaus Kuster, Laurentius’ "unerbittlicher Defensivkampf ließ keinen Raum für die Verständigung mit dem Islam", und von "interreligiöser Begegnung" könne bei ihm keine Rede sein. In seinem Beitrag schreibt Kuster auch, Laurentius hätte sich "aggressiv und kämpferisch" gegen den Protestantismus gewendet. Ähnlich Feststellungen finden sich an anderen Stellen des Buches, insbesondere beim Herausgeber Peter Becker. Eine Auseinandersetzung mit dieser Sicht, wie man seine eigenen Heiligen gerne sehen oder nicht sehen möchte, muss an einer anderen Stelle geführt werden.

Angesichts der gegenwärtigen Kirchenkrise mag es manchem Leser, der sich einen klareren katholischen Kurs in Theologie und Kirche wünscht, geradezu ungehörig erscheinen, wenn er liest:

"Laurentius erscheint als eine geradezu knorrige Figur, als typisches Kind seiner Zeit, die vor allem durch apologetische Kontroversen unter den Konfessionen geprägt war, dazu am Vorabend der großen politischen Auseinandersetzungen des Dreißigjährigen Krieges. Seine radikale Armut, Askese und Bedürfnislosigkeit um Christi willen, sein Eifer für die katholische Reform und Mission \[…] befremden in ihrer Radikalität."

Dankenswerterweise werden auch andere Aspekte aus dem Leben des heiligen Laurentius besprochen und hervorgehoben. So etwa sein Missionstätigkeit, die ihn bis weit in die deutschsprachigen Länder führte, aber auch seine wunderbare Gelehrsamkeit und sein Aussagekraft als Prediger.

Peter Becker, Hrg., "Laurentius von Brindisi (1559-1619). Kapuziner und Kirchenlehrer" ist im EOS Verlag erschienen und hat 200 Seiten.

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