Ein markanter Satz im Bund-Länder-Beschluss vom 22. März sorgt für Unmut unter gläubigen Christen: „Bund und Länder werden auf die Religionsgemeinschaften zugehen, mit der Bitte, religiöse Versammlungen in dieser Zeit nur virtuell durchzuführen.“ In dieser Zeit – das heißt, vom 1. bis zum 5. April 2021, von Gründonnerstag bis Ostermontag. Auch „in dieser Zeit“ würden dieselben Hygienekonzepte gelten wie am Passions- und am Palmsonntag. Auch „in dieser Zeit“ würden sich nicht mehr Gläubige in den Kirchen zum Gottesdienst versammeln als an allen anderen Tagen auch. 

Bringen Sie, liebe Schwestern und Brüder im Glauben, für die hier geäußerte Bitte und den freundlich formulierten Wunsch, dass Christen auf die Ausübung ihres Glaubens, ihrer Religion verzichten mögen, Verständnis auf? Ich nicht. Grundrechte sind kein staatlicher Gnadenerweis, sondern Grundrechte. Der große Staatsmann und romtreue Katholik Konrad Adenauer hätte dem sicher zugestimmt. Er schrieb in einem Grußwort zum Eucharistischen Weltkongress 1955: „Der Mensch lebt in Wahrheit nicht vom Brote allein. Das ist ein Wort, das ewig ist.“ Darum feierte Adenauer jeden Sonntag die heilige Messe mit. Wir brauchen diese heilige Messe gerade am Sonntag – und gerade am Ostersonntag, nicht virtuell, sondern wirklich. 

Im letzten Jahr war die Corona-Lage in der Zeit des Triduum Sacrum möglicherweise unübersichtlich. Interessiert sich „in dieser Zeit“ noch jemand für das Prinzip der Verhältnismäßigkeit? Ich wünsche mir, dass die Kirche heute den Mut des Löwen von Münster aufbringt, des seligen Clemens August von Galen, dessen wir am Montag gedacht haben.

Das Bedürfnis einfach gläubiger Christen in ganz Deutschland vom 1. bis 5. April ist ganz einfach: Sie möchten das Triduum Sacrum, die Heiligen Tage, feiern – nicht digital und nicht virtuell, sondern in der Gemeinschaft der Kirche, die alle Zeiten und Orte umschließt, und vor Ort, in ihrer Heimatkirche, ob diese vielleicht St. Elisabeth, St. Clemens oder St. Heinrich heißt. Am 10. April 2020 entschied das Bundesverfassungsgericht: „Bei jeder Fortschreibung der Verordnung muss mit Blick auf den mit einem Gottesdienstverbot verbundenen überaus schwerwiegenden Eingriff in die Glaubensfreiheit eine strenge Prüfung der Verhältnismäßigkeit erfolgen und untersucht werden, ob es angesichts neuer Erkenntnisse etwa zu den Verbreitungswegen des Corona-Virus oder zur Gefahr einer Überlastung des Gesundheitssystems verantwortet werden kann, das Verbot von Gottesdiensten unter – gegebenenfalls strengen – Auflagen und möglicherweise auch regional begrenzt zu lockern.“ An diesen Beschluss möchte ich aus gegebenem Anlass erinnern. Ein Gottesdienstverzicht oder Gottesdienstverbot vom 1. bis 5. April wäre meiner Überzeugung nach unverhältnismäßig, auch und gerade „in dieser Zeit“. Glauben Sie, dass Konrad Adenauer dem widersprochen hätte? Ich nicht.

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