4. September 2017
Wenn ich auf dem Spielplatz unter anderen Müttern erzähle, dass ich gerne und momentan ausschließlich Mutter bin, gibt es verschiedene Arten von Reaktionen. Auf jeden Fall sind mindestens zwei dabei, die mich mit einer Mischung aus Mitleid und Argwohn mustern. In ihren Blicken sehe ich dann, ein Synonym für 'ausschließlich' ist 'nur'. Sie ist 'nur' Mutter. Schade, um das große Talent dieser Frau. Sie wird irgendwann verbittert zu Hause sitzen, weil sie so viele Stufen verpasst hat, auf ihrer Karriereleiter. Ihr wird die Decke auf den Kopf fallen und sich danach sehnen, auch nur einmal am Tag mit Erwachsenen Konversation zu betreiben. Diese und andere Überlegungen werden mir dann auf dem Spielplatz offen, manchmal mit diesen gemischten Blicken, zugetragen. Und schon ist man mitten drin, in dem Konflikt zwischen Karriere machen, Mutter sein, berufstätig sein, Rabenmutter, in einer Gemengelage, die nur schwarz und weiß aufgelöst wird.
Meistens ist man als Mutter die Verliererin, da man eben nur eine Tätigkeit vorzuweisen hat und das läuft dann wie beim Autoquartett, die anderen haben eben immer einen mehr. Natürlich habe ich meine Meinung dazu, denn ich bin nicht plötzlich, unüberlegt oder aus mangelndem Talent oder gar fehlender Selbstbestimmung ausschließlich Mutter geworden.
Ich habe mich bewusst dazu entschieden, meine Kinder zu erziehen, zu begleiten, ihnen das Gefühl von unmittelbarer Liebe und ihnen das Geschenk meiner Aufmerksamkeit und Präsenz zu machen. Dennoch respektiere ich auch Frauen, die beides haben wollen oder gar müssen und sich bemühen Kinder und Karriere oder Beruf unter einen Hut zu bekommen. Für mich habe ich allerdings entschieden, dass ich damit nicht glücklich würde. Ich möchte das schlechte Gewissen meinen Kindern oder meinem Beruf gegenüber, welches ich sicher haben würde, nicht tragen. Ich habe aber auf einem Spielplatz gar nicht das Bedürfnis meine Lebensführung zu rechtfertigen oder in den Vergleich zu treten.
Wenn ich meinen Alltag betrachte, verspüre ich Stolz und Zufriedenheit. Ich erledige einen 24/7 Job mit Tag-und Nachtdiensten, ohne geregelten Urlaubs-oder Pausenzeiten, mit hoher Verantwortung für hilf -und pflegebedürftige Menschen und bin trotzdem glücklich, obwohl ich keine finanzielle Entlohnung erhalte.
Auch wenn es kitschig klingen mag, aber meine Kinder sind der Lohn für die Arbeit. Meine Familie, mein Blick in die Zukunft, die durch meine Kinder Leben verheißt ist pures Glück für mich. Wenn meine Tochter mir sagt, dass ich wunderschön bin oder meine Kleinste in der Fußgängerzone fremden Leuten auf mich deutend sagt: Das ist MEINE Mama, dann ist das meine Erfüllung. Nicht nur, weil mir solche Komplimente und Liebesbekundungen natürlich runtergehen wie Butter, sondern auch weil ich stolz bin solch liebevolle, starke Persönlichkeiten herangezogen zu haben. Zwei, bald drei Menschen sind aus meinem Schoß entsprungen und tragen meine Erziehung, meine Liebe und meine Werte in die Welt hinaus und entwickeln auf diesen Fundamenten ihr Wesen und ihren Charakter.
Ja, ich arbeite hart, ja ich bin gerne Mutter und ja, manchmal nerven mich meine Kinder auch und ich freue mich über eine Auszeit oder über Konversation mit Erwachsenen. Just in diesem Moment, habe ich eine solche Auszeit und ich kann frei und ungestört meinen Gedanken nachgehen und diesen Text verfassen. Aber geht das nicht allen Menschen so? Egal ob im Beruf, zu Hause oder wo auch immer, jeder sehnt sich ab und an nach Abwechslung, nach Auszeiten, nach Gedankenaustausch mit Menschen seiner Wahl. Natürlich- und dennoch ist Muttersein nicht vergleichbar mit einem Job. Klar, werden sie denken, natürlich ist das nicht das gleiche wie ein Job. Mag sein, aber ich habe das Gefühl, wenn ich mich auf Facebook bewege, werde ich mit so vielen, teils verwirrenden Rollenvorbildern, Klischees, Erwartungen und Ansichten konfrontiert, dass ich den Eindruck habe: Nichts ist mehr klar, nichts ist mehr selbstverständlich und wir leben in einer Welt, in der alles kann, aber nix muss.
Selbstverwirklichung und freie Entfaltung der Talente sind gut, aber wieso darf ich meine Fähigkeiten und meine Energie nicht bündeln und ausschließlich dem wertvollsten, dass ich besitze, nämlich meinen Kindern, zu vollen Verfügung stellen? Ich denke, dass es wichtig ist, wieder zurück zu finden, zu selbstbewussten und klaren Rollenvorbildern. Ich muss nicht fremden und erst recht nicht 1000 Anforderungen genügen, gut auszusehen, Frau bleiben, Frau sein, Karriere machen, den Haushalt führen, Freunde treffen, Kinder haben und Vorsitzende im Elternbeirat sein. Ich bin Mutter und das ausschließlich und vielleicht back ich auch mal einen Kuchen für den Elternbeirat oder schreibe einen Blog-Beitrag oder gebe mir Mühe mit dem Frau bleiben, aber ansonsten habe ich die schönste Aufgabe der Welt: Ich darf meine Kinder beim groß werden begleiten und sie zu wertvollen Mitgliedern unserer Gesellschaft erziehen.
Und wenn meine Kinder groß sind und ich mich auf dem Arbeitsmarkt behaupten muss, weil ich so viele Karriereleiterstufen verpasst habe, werde ich einfach rufen: Lassen sie mich durch, ich bin Mutter…denn auch die Chefs sind Söhne und wissen: Mutti macht das schon. Oder?
Elisabeth Illig ist Mutter von bald drei Kindern. Die gelernte Erzieherin hat ihr Theologiestudium bewußt unterbrochen, um sich um die Familie zu kümmern.