20. September 2017
"Der Heilige Stuhl ist fest entschlossen, zur erfolgreichen Bewältigung dieser humanitären Aufgabe beizutragen: sicherzustellen, dass Streumunition zukünftig nie wieder menschliches Leid verursacht. Das sind wir den zu vielen Opfern der Vergangenheit schuldig… und um weiteren vorzubeugen": Dies ist Teil der Erklärung des Heiligen Stuhls, die Monsignore Mauro Cionini, erster Sekretär der ständigen Vertretung des Heiligen Stuhls bei den Vereinten Nationen in Genf, während des siebten Treffen der Mitgliederstaaten des Abkommens gegen Streumunition (7MSP), das Anfang September bei den Vereinten Nationen in Genf stattfand.
In der Erklärung hieß es weiter, es sei "zwingend erforderlich, die Verbote des Abkommens durch eine humanitäre Brille zu betrachten." Das war für mich Anlass zu fragen, ob er glaube, gegenwärtig würde das Abkommen nicht durch eine humanitäre Brille gesehen?
"Der Heilige Stuhl spielte eine große Rolle im gesamten Oslo-Prozess, der zum Abkommen gegen Streumunition geführt hat. Besonders weil er seine moralische Autorität in den Prozess einbringen will, nämlich die Ablehnung des Gebrauchs unkontrollierbarer Waffensysteme und jeder Form einseitigen Leidens, das die Menschen, besonders Zivilisten, im Kriegsfall trifft. Es ist also eine humanitäre Brille, durch die der Heilige Stuhl ernste Probleme dieser Art betrachtet. Es ist auch ein großes Anliegen des Heiligen Stuhls und seiner traditionellen Haltung in Sachen Kriegsführung."
Streubomben, die von einem Flugzeug in der Luft abgeworfen werden, streuen hunderte von Sprengkörpern über einem Gebiet aus, das etwa der Größe eines Fußballfeldes entspricht. Weil sie beim Aufprall oft nicht explodieren, stellen sie für Zivilisten nicht nur beim Angriff, sondern auch danach noch eine große Gefahr dar.
Die "7MSP" bot den Mitgliederstaaten die Gelegenheit, Fortschritte, Schwierigkeiten, Pläne und ihren Bedarf an Unterstützung und Zusammenarbeit darzulegen, um die Auflagen und Verpflichtungen einhalten zu können, die sie 2015 im Rahmen des Dubrovnik Aktion Plans (DAP) und der Erklärung von Dubrovnik eingegangen waren.
Das Abkommen ist ein internationales Instrument, das von Streumunition verursachtem, menschlichem Leid ein Ende setzen möchte. Ich fragte Lou Maresca, leitender Berater in Rechtsfragen des Waffenreferats der Rechtsabteilung des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes (ICRC) ob seit Inkraftsetzung des Abkommens vor sieben Jahren Fortschritte gemacht wurden?
"Ja, sicher. Ich denke, das Abkommen gegen Streumunition ist ein Parade Beispiel dafür, wie solche Verträge es erleichtern, voranzukommen. Immer mehr Länder berichten über Hunderte von Millionen solcher explosiven Sprengkörper, die vernichtet wurden. Das ist ein direktes Ergebnis der Mitgliedschaft bei diesem Abkommen. Wir haben viele Kilometer Land von Streumunition gesäubert und es wurden Pläne entwickelt, weitere Gebiete zu säubern – auch das ist ein direktes Ergebnis dieses Vertrags. Und natürlich gewährt man auch der Unterstützung der Opfer mehr Aufmerksamkeit und Mittel. Ich finde, das sind ganz konkrete Beispiele von Zielen die durch diesen Vertrag erreicht wurden."
Das Abkommen gegen Streumunition wurde 2008 zur Unterschrift freigegeben und trat 2010 in Kraft. Bis jetzt sind ihm 119 Staaten beigetreten, 102 davon als Mitgliedsstaaten und verbleibende 17 als Unterzeichnende, die den Vertrag jedoch noch ratifizieren müssen.
Insgesamt also haben bis zum August dieses Jahres 119 Länder unterschrieben oder zugestimmt.
Erzbischof Ivan Jurkovic, ständiger Beobachter des Heiligen Stuhls bei den Vereinten Nationen in Genf erklärte mir, warum der Heilige Stuhl gerade an diesem Abkommen beteiligt ist: "Der Heilige Stuhl ist bei allen internationalen Aktionen dabei, die die Anwendung gewaltsamer Mittel reduzieren wollen. Besonders im Bereich der Streumunition ist der Heilige Stuhl aktiv, weil sie massives menschliches Leid verursachen und unkontrollierbar sind."
Die zentrale Position des Abkommens gegen Streumunition ist ein Verbot der Nutzung, Produktion, Lagerung und Weitergabe von Streumunition. Dadurch ist es für Personen in jedem Mitgliedsstaat illegal, Streumunition zu gebrauchen oder sich an der Produktion oder dem Handel mit solchen Waffen zu beteiligen. Gegen Personen gerichtete Landminen sowie biologische und chemische Waffen sind in ähnlicher Weise verboten.
Die Universalisierung des Abkommens ist eines der Ziele.
Ich fragte Mons. Mauro Cioninii, wie man "Universalisierung" verstehen soll. "Unter der Universalisierung dieser Prozesse verstehen wir den Versuch, die Mehrzahl der Länder, wenn nicht sogar alle Länder der Welt, dazu zu bringen, dieses Abkommen zu unterzeichnen und zu ratifizieren. Je mehr Staaten, je mehr Länder Abkommen dieser Art beitreten, desto mehr wird es allgemeines Gesetz, allgemeines humanitäres Gesetz, keine Streumunition im Kriegsfall einzusetzen."
Branislav Kapetanović von der Cluster Munition Koalition (CMC) war Experte für die Entsorgung von Sprengkörpern in der serbischen Armee und wurde 1999 aus durch eigene Erfahrung Zeuge der unmittelbaren Wucht des Gebrauchs von von Streumunition. Im Jahr 2000 wurde er bei der Prüfung eines Geländes zur Bestätigung seiner Belastung durch Streumunition-Blindgänger schwer verletzt und verlor bei der Explosion seine Arme und Beine. In seiner Ansprache vor der Versammlung sagte er: "Keiner von uns darf nur Beobachter oder Augenzeuge beim Einsatz von Streumunition bleiben, dieser ungeheuren Waffen, deren Opfer meist Zivilisten sind, die 98 Prozent der Opfer ausmachen. Was muss noch passieren und wie viele unschuldige Zivilisten und Kinder müssen dem kriminellen Einsatz dieser Waffen noch zum Opfer fallen, um Sie zu überzeugen, diesem Abkommen beizutreten?"
Die Tagung bestätigte, dass 28 Mitgliedsstaaten die Zerstörung von fast 1,4 Millionen eingelagerter Streubomben mit 175 Millionen Sprengkörpern abgeschlossen haben. Das bedeutet im Zuge des Vertrags weltweit die Entsorgung von 97 Prozent aller Streubomben und 98 Prozent aller entsprechenden Sprengkörper.
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Dieser Beitrag wurde vom Genfer UN-Korrespondenten Christian Peschken in Genf verfasst. Das Thema wird auch bei EWTN – Katholisches Fernsehen zu sehen sein im Rahmen des Magazins "Vatikano". Weitere Informationen zu Christian Peschken unter www.peschken.media
Hinweis: Dieser Blogpost und die darin wiedergegebenen Ansichten sind ein Beitrag des Autors, nicht der Redaktion von CNA Deutsch.