20. November 2017
Menschenrechte und Krieg im Digitalen Zeitalter waren kürzlich Thema bei den Vereinten Nationen in Genf, als ein prominenter Gast das Podium betrat: Brad Smith, Leiter von Rechts- und Unternehmensfragen bei Microsoft, dem sechstgrößten IT-Unternehmen weltweit. Er sprach im großen Versammlungssaal über Internet-Kontrolle und Cybersicherheit.
"Wenn wir über die Errungenschaften der Technik nachdenken, drängt sich auf, was 'technischer Fortschritt' in Bezug auf Waffen heißt: nämlich, dass sie die Schrecken des Krieges hervorbrachten und zu noch größerer militärischer Macht führten – an Land, zu Wasser, in der Luft - und jetzt, in unserer Generation, auch an einem neuen Schauplatz: im Cyberraum."
Ich habe Msgr. Professor Obiora Ike, den verantwortlichen Direktor von Globethics.net, einem weltweiten, digitalen Ethiknetzwerk eingeladen, ausgewählte Aussagen des Microsoft-Chefs durch die katholische Brille zu bewerten.
Laut Brad Smith beginnt die Verantwortung bei den Unternehmen in der Technologie-Branche, "letztendlich jedoch ist jeder Nutzer auf dem Planeten, jedes Unternehmen, jede Regierung, verantwortlich".
Ich fragte Professor Ike, was dies insbesondere für uns Katholiken bedeute und wie wir die Technologien und all die Dinge, die uns beschert werden, richtig nutzen können.
"Nun, wir haben verstanden, dass Technik ein Hilfsmittel ist, das dem Menschen dienen soll. Das entscheidende, grundsätzliche Problem ist aber, dass die Menschen zu Dienern werden, zu Sklaven der Technik. Das meiner Meinung nach verkehrt. Technologie muss stets dem Menschen dienen. Im Dienst des Menschen zu stehen, bedeutet, dass der Mensch, der diese Technologien nützt, größere Verantwortung übernimmt. Diese Verantwortung erstreckt sich von der einzelnen Person über seine Umgebung bis auf die große Weltgemeinschaft. Es ist eine Herausforderung für die Unternehmen der Technologie-Branche, die maximalen Profit machen wollen. Denn sie müssen sich auch bewusst sein, dass ihnen in ihrem Streben nicht nur auf dem Gebiet der Wissenschaft und Forschung Grenzen gesetzt sind, sondern auch beim Profit. Es geht darum, Technik- und Kommunikationswissenschaft zu verbessern und dabei der ganzen Menschheitsfamilie zu dienen."
Brad Smith: "Interessanterweise ist eines der Hilfsmittel, die wir entdeckt haben etwas, dass uns gar nicht so sehr überrascht hat: Die Verbindung von Technologie und Rechtsstaatlichkeit."
Könne dieser Zusammenhang von Technologie und Rechtsstaatlichkeit einem Technologie-Unternehmen nicht eine Art Kontrolle über das Gesetz verschaffen? Da es die entsprechende Technik selbst entwickelt und an ihre Kunden verkauft? Muss man hier Gefahr wittern," fragte ich Prof. Obiora Ike?
"Die Gefahr ist natürlich plausibel und es können auch Tricks im Spiel sein. Fest steht aber, dass die menschliche Gemeinschaft von Gesetzen bestimmt ist. Solche Gesetze werden von freien Parlamenten gemacht und sind gerecht und fair allen gegenüber – auch den Ungeborenen. Deshalb ist mit Technologien zu vernetzen und sie der Rechtsstaatlichkeit zu unterstellen nicht ein Gesetz gemeint, das von der Technologie selbst gemacht wird, sondern von freien Bürgern und freien Regierungen, freien Gemeinschaften, inclusive denjenigen, die keine Stimme haben. Ein Gesetz, das sie alle schützt. Das Hauptanliegen des Rechts ist das Gemeinwohl. Es ist wichtig, dass Technologie sich dem Recht und der Rechtsstaatlichkeit unterstellt. Das ist unbedingt notwendig, denn Rechtsstaatlichkeit garantiert Fairness, garantiert den Schutz von Menschen, garantiert Sicherheit und garantiert vor allem Freiheit."
"Was wir wirklich brauchen, sagte Brad Smith in seiner Rede, "ist nicht nur die Einsicht, dass Regeln erforderlich sind, sondern – offen gesagt - zu erkennen, wenn andere sie verletzen."
Daraufhin meine Frage an Prof. Obiora Ike ob hier von Internetpolizei die Rede sei? "Nun ja, ich möchte nicht unbedingt das Wort Polizei verwenden", sagt er, "aber vielleicht den Ausdruck internationale Instrumente, die die Nutzung moderner Technologien regeln. Diese Regeln können auch Sanktionen beinhalten – um dafür zu sorgen, dass sie eingehalten werden.
Wenn beispielsweise Menschen dagegen verstoßen, geht es nicht um Polizei, sondern um das allgemeine Wohl der ganzen Menschheit. Im Moment stehen wir vor einer digitalen Revolution, etwas, das wir in diesem Ausmaß noch nie gesehen haben. Die Menschen, die das entwickeln dürfen nicht zu ihrem Opfer werden, wir müssen die Oberhand behalten. Und hier muss die katholische Kirche als Lehrerin und Mutter der Nationen eine Stimme haben, um die Dinge ins rechte Licht zu rücken und den Menschen zu schützen, den Menschen, der diese Hilfsmittel produziert.
In den Dokumenten des Vatikans über "Kirche und Internet" steht unter Paragraph 8: 'Das Internet hat für die Kirche auch einige besondere Probleme — über die Probleme allgemeiner Natur hinaus, die in Ethik im Internet, dem begleitenden Dokument, diskutiert werden. Wenn das Positive am Internet betont wird, ist es auch wichtig, klar zu sagen, was nicht positiv ist."
Ethik im Internet? "Nun, Ethik ist der rationale Grund dafür, das zu tun, was man sollte", sagt Prof. Obiora Ike, "Dafür, das, was getan werden muss, korrekt und richtig zu tun. Ethik ist die Ebene, auf der die Menschheit durch die Tugenden der Vernunft und des gesunden Menschenverstands ein Stadium erreicht, in dem sie erkennt, dass wir ihr alle verpflichtet sind und dass, wenn wir uns nicht an diese Regeln halten, dieses Spiel nicht mitspielen, diesen Regeln, die jeden einzelnen schützen… Suum cuique, 'Jedem das Seine'.
Auf diese Weise werden die Gesetze und Regeln mit Werten gefüllt, ethischen Werten, mit Vernunft, die auf dem Respekt vor dem Göttlichen und Respekt vor dem Natürlichen aufbauen."
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Brad Smith machte den Vorschlag, eine weitere Genfer Konvention zu schaffen:
"Wir glauben, dass die Welt eine Genfer Konvention auf digitaler Ebene braucht, um die Regeln festzusetzen, die Gesetze für das 21. Jahrhundert, die sicherstellen, dass Länder, Nationen und Regierungen Cyberwaffen nicht dazu benutzen, Menschen anzugreifen."
Eine Genfer Konvention auf digitaler Ebene also. "Aber es gibt doch bereits eine Konvention. Und wir sehen, was in der Welt passiert: es gibt immer noch Kriege, es gibt immer noch Verstöße dagegen. Jetzt noch eine digitale Konvention? Ist es das? Würde sie all die schlechten Dinge, die im Internet passieren, beseitigen", fragte ich Prof. Obiora Ike?
"Eine digitale Genfer Konvention wäre nützlich, aber an allen Interessengruppen ausgerichtet. Was würde sie erreichen? Sie würde erreichen, dass wir alle gleichen Voraussetzungen hätten: keine Autokratie, garantierte Redefreiheit, garantierte und geschützte Freiheit des Individuums und vor allem – und ich glaube, das ist das Wichtigste – eine Art Abkommen, das ein universales Gut garantiert, nämlich das Allgemeinwohl aller Menschen, ohne Ausnahme, ohne Diskriminierung, ohne mangelnden Zugang. Eine inklusive Gesellschaft."
Papst Franziskus begrüßt digitale Technologien; in Bezug auf das Internet sagte er, unser Herz bestimme die Richtung, und unsere Fähigkeit, die uns zur Verfügung stehenden Dinge mit Weisheit zu nutzen.
Dieser Beitrag wurde von U.N.-Korrespondent Christian Peschken in Genf verfasst. Das Thema wird auch bei EWTN – Katholisches Fernsehen zu sehen sein im Rahmen des Magazins 'Vatikano'. Weitere Informationen zu Christian Peschken unter www.peschken.media
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Hinweis: Meinungsbeiträge spiegeln die Ansichten des Autors wider, nicht unbedingt die der Redaktion von CNA Deutsch.