2. Oktober 2022
Am 30. September wird das Gedenken an den Heiligen Hieronymus gefeiert, den Kirchenvater und -lehrer, der die Bibel ins Lateinische übersetzt hat. Die Kirche widmet den Monat September der Bibel und erinnert an die tiefe Überzeugung des heiligen Hieronymus, dass „wer die Heilige Schrift nicht kennt, Christus nicht kennt“.
Das Hilfswerk ACN sprach mit Emmanuel Asi, dem geschäftsführenden Sekretär der Katholischen Bibelkommission in Pakistan seit ihrer Gründung im Jahr 2002, über die Situation der Christen in seinem Land und über sein Apostolat in Pakistan. Emmanuel Asi, der Priester der Erzdiözese Lahore ist, hob dabei die Heiligkeit der Bibel für die Gläubigen hervor.
Wie ist die Lage der Christen in Pakistan?
Pakistan ist eine islamische Republik mit 230 Millionen Einwohnern, von denen 97 % Muslime sind. Die restlichen 3 Prozent verteilen sich auf Minderheiten, darunter Hindus, Christen und Sikhs, wobei die meisten der 1,5 Millionen Christen Katholiken sind. Für Menschen, die anderen Religionen als dem Islam angehören, wie z. B. Christen, ist das Leben in Pakistan nicht einfach. Es gibt keine Religionsfreiheit.
Die Verfassung erkennt jedoch an, dass „jeder Bürger das Recht hat, sich zu seiner Religion zu bekennen, sie zu praktizieren und zu verbreiten“, und dass jede Religionsgemeinschaft „das Recht hat, ihre eigenen religiösen Einrichtungen zu gründen, zu unterhalten und zu verwalten“. Was geschieht also?
Auf dem Papier dürfen wir alles, haben wir Rechte. In der Praxis aber, in der Politik, im gesellschaftlichen, akademischen und im Arbeitsleben gibt es eine deutliche Diskriminierung sowie Schwierigkeiten für unsere jungen Menschen, die an den Universitäten studieren möchten oder einen Arbeitsplatz suchen. In der Kirche können wir tun, was wir wollen, wir haben 100 Prozent Freiheit. Wir können Schulen leiten, die Pfarreien und Gemeinden leiten. Wir können auch Bibeln und andere Bücher drucken. Sobald man aber in die Gesellschaft hinausgeht, auf die Straße, ins Büro, in die Arbeitswelt, dann gibt es Schwierigkeiten, dann gibt es Diskriminierung.
Was ist Ihrer Meinung nach die größte Herausforderung für Christen in Pakistan?
Die erste Herausforderung besteht darin, treu zu bleiben und im täglichen Leben mutig zu sein. Es ist ein großer Segen für uns, dass die meisten unserer Leute jung sind. 65 Prozent der Kirchenbesucher sind unter 40 Jahren. Unsere Kirche ist deshalb sehr lebendig. Unser großes Problem, unsere größte Herausforderung ist jedoch die Bildung unserer Leute, denn das Bildungsniveau in Pakistan ist sehr niedrig. Der Analphabetismus ist sehr hoch. Zudem wächst die christliche Bevölkerung immer noch, was ebenfalls eine Herausforderung darstellt: Wie erreicht man die Menschen? Die Bischöfe wollen mehr Pfarreien eröffnen. Wir haben genügend Priester und Berufungen, also werden wir auch in Zukunft genügend Priester haben. Das ist nicht unsere Schwierigkeit, sondern in der Lage zu sein, Pfarreien zu eröffnen, Gemeindehäuser zu bauen, um die Menschen erreichen zu können.
Wie macht die Bibelkommission die Botschaft des Evangeliums in Pakistan bekannt?
In den letzten 20 Jahren, seit es die Katholische Bibelkommission gibt, haben wir viel unternommen, um das Wort Gottes zu den Menschen und die Menschen zum Wort Gottes zu bringen. Das ist unsere Aufgabe. Sie wollen hören, sie wollen das Wort Gottes hören, es lesen. Für sie haben wir mehrere Programme ins Leben gerufen, zum Beispiel die Aktion „Hunderttausend Freunde der Bibel“, bei der sich Menschen aus ganz Pakistan anmelden, die eine eigene Bibel haben und mindestens fünf Minuten am Tag darin lesen möchten.
Letztes Jahr im November haben wir Bibel-Audios für Menschen, die nicht lesen können, ins Internet gestellt. So können die Menschen das Wort Gottes hören. Darüber hinaus haben wir dank ACN die Kinderbibel und die YouCat-Bibel in Urdu gedruckt. Wir haben 70 000 Bibeln gedruckt.
Wir veranstalten außerdem in allen Diözesen einen Bibelmarathon, an dem landesweit etwa 2000 Menschen teilnehmen. In 127 Stunden wird die ganze Bibel ununterbrochen gelesen, Tag und Nacht. Jede Person liest 15 bis 20 Verse aus der Bibel vor. Die Menschen sind davon begeistert und werden geistig gestärkt.
Können Sie uns eine Begebenheit erzählen, wie die Bibel das Leben von Menschen verändert hat?
Ich könnte über viele, viele Zeugnisse sprechen. Es gab einen Analphabeten. Er konnte nicht lesen. Als ich mit ihm sprach, sagte er: „Ich möchte die Bibel lesen, aber ich kann nicht lesen.“ Also sagte ich ihm, dass in der Bibel ein besonderer Segen für diejenigen liegt, die das Wort Gottes berühren. Ich sagte zu ihm: „Berühre jeden Tag eine Seite der Bibel, jedes Wort der Bibel. Geh Zeile für Zeile durch und lass deine Finger davon segnen, denn in der Bibel steht geschrieben, dass diejenigen gesegnet werden, die das Wort Gottes berühren.“ Mein Gedanke dabei war, dass er jeden Tag die Bibel aufschlägt und ein paar Zeilen berührt. Das tat er dann auch. Zweieinhalb Jahre später kam er zu mir. Er war so glücklich und bewegt! Er sagte zu mir: „Ich habe viele Gnaden erhalten, ich habe eine große Umkehr und Veränderung in meinem Leben erfahren. Ich habe die ganze Bibel berührt.“ Daraufhin habe ich dem Mann ein Zertifikat gegeben, denn wer die ganze Bibel liest, bekommt von uns ein Zertifikat.
Wie sieht Ihre Arbeit außerhalb der Kirche aus, insbesondere in einem mehrheitlich muslimischen Land?
Zunächst einmal bieten wir viele Seminare an, zu denen auch viele Menschen aus anderen Religionen eingeladen werden. Kürzlich haben wir ein Seminar über Spiritualität veranstaltet, an dem Menschen aus sechs Religionen teilnahmen. Zweitens arbeiten wir mit Universitätsprofessoren und Studenten der vergleichenden Religionswissenschaft zusammen. Drittens gibt es den direkten Dialog. Tag und Nacht leben wir mit anderen Religionen zusammen. Wir leben mit ihnen, wir sprechen mit ihnen, sie kommen zu unseren Familien, wir gehen zu ihren Familien.
Erhalten Sie Top-Nachrichten von CNA Deutsch direkt via WhatsApp und Telegram.
Schluss mit der Suche nach katholischen Nachrichten – Hier kommen sie zu Ihnen.
Möchten Sie eine abschließende Botschaft an ACN und die Wohltäter richten?
Ich möchte den Menschen in aller Welt danken, den Menschen von ACN, all denen, die uns finanziell helfen, und denen, die uns mit ihren Gebeten unterstützen. Ich bitte Sie, weiterhin Pakistan zu helfen. Ich bitte Sie im Namen unseres Volkes: Helfen Sie uns weiterhin, so gut Sie können! Wie kritisch die Situation auch sein mag, wie bitter die Realität auch sein mag, wir müssen auf Gott hoffen. Nur die Hoffnung kann neues Leben hervorbringen. In unserer Sprache sagen wir, wenn eine Frau schwanger ist, dass sie „mit Umeed (امید)“ ist, „guter Hoffnung“, dass sie ein neues Leben gebären wird. Die Hoffnung sorgt dafür, dass man sich vermehrt und Früchte trägt.
Das könnte Sie auch interessieren:
Betrachtungen zur katholischen Morallehre von „Gaudium et spes“ bis heute – die aktuelle Reihe von Thorsten Paprotny https://t.co/juce3Bd0Wh
— CNA Deutsch (@CNAdeutsch) August 25, 2022