31. Dezember 2022
In den Diskursen der Zeit gerät leicht in Vergessenheit, wie sehr die Würde der Frau in der Kirche des Herrn anerkannt, gefördert und verteidigt wird. In den antiken Sklavenhaltergesellschaften gehörte die Frau zum Besitzstand des Ehemannes. Immer wieder wird in den Evangelien – von der Gottesmutter Maria über Maria Magdalena bis hin zu der Ehebrecherin, die gesteinigt wird – von Frauen berichtet, in einer männlich dominierten Welt, aber mit einem liebevollen und fürsorglichen Blick. Vergessen wir nicht: Frauen bringen die Botschaft der Auferstehung zu den Jüngern.
In dem Nachsynodalen Apostolischen Schreiben „Familiaris consortio“ entfaltet Johannes Paul II. wesentliche Gedanken über die Rechte, die Pflichten und die Würde der Frau: „Für die Frau ist vor allem zu betonen, daß sie die gleiche Würde und Verantwortung wie der Mann besitzt: Diese Gleichwertigkeit kommt in einzigartiger Weise zur Geltung in der gegenseitigen Selbsthingabe an den andern und in der gemeinsamen Hingabe an die Kinder, wie sie der Ehe und Familie eigen ist. Was die menschliche Vernunft schon erkennt und anerkennt, wird vom Wort Gottes in der Heilsgeschichte voll enthüllt: Diese ist in der Tat ein durchgehendes, leuchtendes Zeugnis für die Würde der Frau.“ Mann und Frau seien in gleicher Weise die „personale Würde“ und die „unveräußerlichen Rechte und Verantwortlichkeiten, die der menschlichen Person zukommen“, geschenkt worden: „Sodann offenbarte Gott in der höchsten Form, die möglich ist, die Würde der Frau, indem er selbst von der Jungfrau Maria Fleisch annahm, sie die neue Eva nennen ließ und zum Urbild der erlösten Frau machte.“
Johannes Paul II. kommt auf das Themenfeld „Frau und Gesellschaft“ zu sprechen und anerkennt den Zugang der Frau zu Aufgaben im Bereich von Staat, Gesellschaft und Beruf: „Zweifellos rechtfertigen die gleiche Würde und Verantwortlichkeit von Mann und Frau voll den Zugang der Frau zu öffentlichen Aufgaben.“
Zugleich setzt er sich dafür ein, dass die Frau als Mutter voll anerkannt werden soll: „Anderseits verlangt die wirkliche Förderung der Frau auch, daß der Wert ihrer mütterlichen und familiären Aufgabe im Vergleich mit allen öffentlichen Aufgaben und allen anderen Berufen klare Anerkennung finde. Übrigens müssen solche Aufgaben und Berufe sich gegenseitig integrieren, soll die gesellschaftliche und kulturelle Entwicklung wahrhaft und voll menschlich sein.“ Die „unersetzliche Bedeutung der Hausarbeit“ und besonders der Erziehung der Kinder wird hervorgehoben. Energisch wendet sich der Papst gegen alle, die die Arbeit der Erziehung geringschätzen und diskriminieren: „Wenn man – wie den Männern – auch den Frauen das Recht zur Übernahme der verschiedenen öffentlichen Aufgaben zugesteht, muß aber die Struktur der Gesellschaft so sein, daß die Ehefrauen und die Mütter nicht praktisch gezwungen sind, außer Haus zu arbeiten, und daß ihre Familien angemessen leben und gedeihen können, auch wenn sie sich ganz der eigenen Familie widmen.“
Dies zeigt auch heute die Notwendigkeit für eine familiengerechte Sozialpolitik. Die Gesellschaft müsse die „geeigneten Bedingungen für die häusliche Arbeit“ entwickeln. Ebenso sieht er die Kirche in die Pflicht genommen: „Die Kirche muß mit der schuldigen Achtung für die verschiedene Berufung von Mann und Frau im Maß des Möglichen in ihrem eigenen Leben die Gleichheit der Rechte und der Würde von Mann und Frau fördern, und das zum Wohl aller: der Familie, der Gesellschaft und der Kirche.“ Zugleich weist er daraufhin, dass ein „Verzicht“ auf die „Fraulichkeit“ auszuschließen und nicht eine „Nachahmung des Männlichen“ geboten sei, sondern die „Fülle der wahren fraulichen Menschlichkeit“ ausgebildet werden solle.
Johannes Paul II. kritisiert deutlich alle Verletzungen der Würde der Frau. Noch immer werde sie oft auf ein „Objekt“ reduziert, „im Dienst egoistischen Interesses und bloßen Vergnügens“: „Bittere Früchte solcher Mentalität sind die Herabwürdigung von Mann und Frau, die Sklaverei, die Unterdrückung der Schwachen, die Pornographie, die Prostitution – vor allem in ihrer organisierten Form – und alle Arten von Diskriminierung, zum Beispiel im Bereich der Erziehung, des Berufs und des Arbeitslohns.“
Zugleich kritisiert er die „Formen demütigender Diskriminierung“, die viele Frauen schwer treffen und beleidigen, etwa kinderlose Ehefrauen, getrennt Lebende und Geschiedene, auch aber die „unverheirateten Mütter“. Alle Diskriminierungen müssten endgültig beseitigt und die Würde der Frau geschützt werden.
Zeitlebens hat der heilige Johannes Paul II. sich für den Schutz dieser Würde eingesetzt. Wünschenswert wäre es, wenn diese Gedanken aus „Familiaris consortio“ in Deutschland diskutiert würden – und nicht die säkularen Thesen zu Geschlechtergerechtigkeit, die auf dem deutschen Synodalen Weg omnipräsent sind.