1. April 2023
Am 22. Februar 1987, dem Fest Kathedra Petri, veröffentlichte die Kongregation für die Glaubenslehre die „Instruktion über die Achtung vor dem beginnenden menschlichen Leben und die Würde der Fortpflanzung“, unterzeichnet vom Präfekten Kardinal Ratzinger, mit Billigung von Papst Johannes Paul II. Seinerzeit wurden die „Grundsätze der katholischen Moral“ im Zusammenhang mit dem Fortschritt biomedizinischer Technik vertieft erörtert, ohne dass sämtliche Aspekte der Lehre der Kirche über die Würde des beginnenden menschlichen Lebens und der Fortpflanzung dargelegt werden.
Erinnert wird an den „unschätzbaren Wert“ des Lebens, der im Mittelpunkt der Überlegungen stehen soll. Die „Beherrschung der Fortpflanzungsvorgänge“, die technisch möglich geworden sei, erfordere eine ethische Reflexion und Beurteilung: „Das Lehramt der Kirche tritt nicht im Namen einer besonderen Kompetenz im Bereich der Naturwissenschaften auf, sondern will, nach Kenntnisnahme der Daten der Forschung und Technik, ihrem vom Evangelium kommenden Auftrag und ihrer apostolischen Pflicht gemäß die Morallehre vorlegen, die der Würde der Person und ihrer ganzheitlichen Berufung entspricht.“ Die Liebe, die die Kirche hier zum Eingreifen veranlasst, nähre sich aus den „Quellen der Liebe Christi“, denn „indem sie das Evangelium des Heiles verkündet, offenbart sie dem Menschen seine Würde und lädt ihn ein, seine Wahrheit in voller Weise zu entdecken“: „So legt die Kirche erneut das göttliche Gesetz vor, um das Werk der Wahrheit und Befreiung zu tun. Denn es geschieht aus Güte – um den Weg des Lebens zu weisen –, daß Gott den Menschen seine Gebote gibt und die Gnade, sie zu befolgen; und es ist ebenfalls aus Güte – um ihnen zu helfen, auf demselben Weg auszuharren –, daß Gott immer allen seine Vergebung anbietet.“
In der Instruktion wird die biblische Anthropologie bekräftigt. Zugleich wird als Orientierungspunkt dargelegt, dass Wissenschaft und Forschung nicht sich selbst Zwecke setzen und gewissermaßen ein Eigenleben jenseits der Moral führen, sondern dass beide „im Dienst der menschlichen Person stehen, ihrer unveräußerlichen Rechte sowie ihres wahren und ganzheitlichen Wohls gemäß dem Plan und dem Willen Gottes“.
Berücksichtigt werden muss bei jedem biomedizinischen Eingriff, dass hiervon die ganze menschliche Person betroffen ist: „Die Biologie und die Medizin tragen mit ihren Anwendungsformen zum ganzheitlichen Wohl des menschlichen Lebens bei, wenn sie der an Krankheit und Schwachheit leidenden Person in Achtung vor ihrer Würde als Geschöpf Gottes zu Hilfe kommen. Kein Biologe oder Arzt kann sich aufgrund seiner wissenschaftlichen Kompetenz vernünftigerweise anmaßen, über Ursprung und Ziel der Menschen zu entscheiden.“
Das gilt besonders für den Bereich der Sexualität und Fortpflanzung: „Gott, der Liebe und Leben ist, hat Mann und Frau die Berufung zu einer besonderen Teilhabe an seinem Geheimnis personaler Gemeinschaft wie auch an seinem Werk als Schöpfer und Vater eingeprägt. Deshalb besitzt die Ehe spezifische Güter und Werte in bezug auf die Vereinigung und die Fortpflanzung, die nicht mit denen vergleichbar sind, welche bei niedrigeren Formen des Lebens bestehen. Solche Werte und Sinngehalte der personalen Ordnung bestimmen aus moralischer Sicht den Sinn und die Grenzen künstlicher Eingriffe in die Fortpflanzung und den Ursprung menschlichen Lebens. Diese Eingriffe sind nicht etwa deshalb abzulehnen, weil sie künstlich sind. Insofern zeigen sie die Möglichkeiten ärztlicher Kunst auf, aber man muß sie aus moralischer Sicht bewerten, indem man sie auf die Würde der menschlichen Person bezieht, die gerufen ist, die göttliche Berufung zum Geschenk der Liebe und zum Geschenk des Lebens zu verwirklichen.“ Ein moralisches Urteil ist erforderlich, wenn „Techniken der künstlichen Fortpflanzung“ ins Spiel kommen: „Die Fortschritte der Technik haben heute eine Zeugung ohne sexuelle Beziehung ermöglicht, und zwar mittels des Zusammenführens der Keimzellen in vitro, die zuvor von Mann und Frau gewonnen wurden. Aber das, was technisch möglich ist, ist nicht auch deshalb schon moralisch annehmbar.“
Vom „Augenblick der Empfängnis“ müsse jedes menschliche Wesen „in absoluter Weise“ geachtet werden. Nur Gott sei der Herr des Lebens, niemand dürfe sich das Recht anmaßen – „unter keinen Umständen“ –, „ein unschuldiges menschliches Wesen direkt zu zerstören“: „Die menschliche Fortpflanzung erfordert das verantwortliche Mitwirken der Eheleute mit der fruchtbaren Liebe Gottes; das Geschenk des menschlichen Lebens muß innerhalb der Ehe mittels der spezifischen und ausschließlichen Akte der Eheleute verwirklicht werden gemäß den Gesetzen, die ihnen als Personen und ihrer Vereinigung eingeprägt sind.“
Jedes menschliche Wesen müsse als Person „vom ersten Augenblick seines Daseins“ geachtet werden. Bekräftigt wird die verbindlich gültige Lehre der Kirche, dass jede vorsätzliche Abtreibung moralisch verurteilt werden müsse: „Diese Lehre hat sich nicht geändert und ist unveränderlich.“ Vom Augenblick der Empfängnis käme dem menschlichen Wesen das „Recht der Person“ zu und damit das „unverletzliche Recht jedes unschuldigen menschlichen Wesens auf Leben“: „Da er als Person behandelt werden muß, muß der Embryo im Maß des Möglichen wie jedes andere menschliche Wesen im Rahmen der medizinischen Betreuung auch in seiner Integrität verteidigt, versorgt und geheilt werden.“
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