11. November 2023
In „Amoris laetitia“ wendet sich Papst Franziskus gemeinsam mit den Vätern der Synode deutlich gegen die rechtliche Legitimation und Förderung von Lebensgemeinschaften, die im Widerspruch zum Evangelium und zur Lehre der Kirche stehen. Missbilligt werden sowohl die „Praxis der Polygamie“ als auch die „Praxis der arrangierten Ehen“, in gleicher Weise auch das Zusammenleben vor der Ehe oder ohne jede institutionalisierte Bindung.
Papst Franziskus schreibt: „In verschiedenen Ländern erleichtert die Gesetzgebung das Vordringen einer Vielfalt von Alternativen, so dass eine Ehe mit den Merkmalen der Ausschließlichkeit, der Unauflöslichkeit und der Offenheit für das Leben schließlich als ein veraltetes Angebot unter vielen anderen erscheint. In vielen Ländern schreitet ein rechtlicher Abbau der Familie voran, der dazu neigt, Formen anzunehmen, die fast ausschließlich auf dem Muster der Autonomie des Willens basieren.“ Selbstverständlich werden bestimmte Praktiken von Autoritarismus und Gewalt in traditionellen Familien eindeutig abgelehnt. Der Papst warnt aber vor der „Geringschätzung der Ehe“ und ermutigt zur „Wiederentdeckung ihres wahren Sinnes und zu ihrer Erneuerung“.
Eindeutig setzt er sich ein für die Anerkennung der Rechte der Frau: „Ich hebe die beschämende Gewalt hervor, die manchmal gegen Frauen verübt wird, die Misshandlung in der Familie und verschiedene Formen der Sklaverei, die nicht etwa ein Beweis der männlichen Kraft sind, sondern ein feiger Verlust an Würde. Die verbale, physische und sexuelle Gewalt, die in einigen Ehen gegen die Frauen verübt wird, widerspricht der Natur der ehelichen Vereinigung selbst.“ Formen patriarchaler Strukturen und Machtausübung werden ebenso kritisiert wie die Instrumentalisierung und Kommerzialisierung der Frau in den Medien. Der Papst betont: „Die identische Würde von Mann und Frau ist uns ein Grund zur Freude darüber, dass alte Formen von Diskriminierung überwunden werden und sich in den Familien eine Praxis der Wechselseitigkeit entwickelt.“
Eindeutig wird sodann der Streitfall Gender benannt und unmissverständlich als „Ideologie“ bezeichnet. Die Gender-Ideologie höhle die „anthropologische Grundlage der Familie“ aus: „Diese Ideologie fördert Erziehungspläne und eine Ausrichtung der Gesetzgebung, welche eine persönliche Identität und affektive Intimität fördern, die von der biologischen Verschiedenheit zwischen Mann und Frau radikal abgekoppelt sind. Die menschliche Identität wird einer individualistischen Wahlfreiheit ausgeliefert, die sich im Laufe der Zeit auch ändern kann. Es ist beunruhigend, dass einige Ideologien dieser Art, die behaupten, gewissen und manchmal verständlichen Wünschen zu entsprechen, versuchen, sich als einzige Denkweise durchzusetzen und sogar die Erziehung der Kinder zu bestimmen.“ Die Unterscheidung zwischen dem biologischen Geschlecht und der soziokulturellen Rolle des Geschlechts wird anerkannt, nicht aber die sich in den herrschenden Lehren der sogenannten Humanwissenschaften abbildenden ideologischen Verzerrungen und politischen Forderungen.
Papst Franziskus führt aus: „Verständnis zu haben für die menschliche Schwäche oder die Vielschichtigkeit des Lebens, ist etwas anderes, als Ideologien zu akzeptieren, die beabsichtigen, die in der Wirklichkeit untrennbaren Aspekte in zwei Teile auseinanderzunehmen. Verfallen wir nicht der Sünde, den Schöpfer ersetzen zu wollen! Wir sind Geschöpfe, wir sind nicht allmächtig. Die Schöpfung geht uns voraus und muss als Geschenk empfangen werden. Zugleich sind wir berufen, unser Menschsein zu behüten, und das bedeutet vor allem, es so zu akzeptieren und zu respektieren, wie es erschaffen worden ist.“ Das Naturrecht wird also eindeutig bekräftigt. Der Papst gesteht zu, dass in der Wirklichkeit kein „Stereotyp der Idealfamilie“ bestehe, sondern eine „herausfordernde Collage aus vielen unterschiedlichen Wirklichkeiten voller Freuden, Dramen und Träume“: „Die Realitäten, die uns Sorgen machen, sind Herausforderungen. Wir gehen nicht in die Falle, uns in Wehklagen der Selbstverteidigung zu verschleißen, anstatt eine missionarische Kreativität wachzurufen.“ Diese „missionarische Kreativität“ schließt eine positive Darstellung und Verkündigung der christlichen Familie mit ein.
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