5. November 2023
Du mein tiefer Sinn,
vertraue mir, dass ich dich nicht enttäusche;
in meinem Blute sind so viel Geräusche,
ich aber weiß, dass ich aus Sehnsucht bin.
(Rainer Maria Rilke, aus: An den jungen Bruder)
Heutzutage suchen Menschen nach Identität, Sinn und Zweck, wo immer sie meinen, dies alles finden zu können: im Familienleben, in einer Beziehung, im Beruf, in der Kunst, im Sport, im Engagement für eine Sache, in verschiedenen Formen der Meditation, bei Drogen und Alkohol oder gar bei Gewalt.
Junge Menschen vor allem möchten wissen, wer sie sind, wo sie hingehören und was sie tun sollen, damit sie sich mit ganzem Herzen hingeben und voll engagiert und lebendig im Leben stehen können.
Manche Menschen werden in einem Kloster fündig.
Die christliche und klösterliche Tradition betont, dass der Mensch ein begehrendes Wesen ist. Was wünschen wir uns denn im Leben? Essen, Sex, Stabilität, Komfort, Macht, Kameradschaft, Intimität … Aber diese natürlichen Wünsche bleiben oft an der Oberfläche.
Wenn wir tiefer blicken, entdecken wir in uns selbst riesige Höhlen des Verlangens, die nicht ansatzweise durch materielle und soziale Freuden gefüllt werden können. Dieses Verlangen weist über das weltliche Dasein hinaus, ist geistig und transzendent. Ob wir es wissen oder nicht, der tiefste und prägendste Wunsch des menschlichen Herzens gilt Gott.
Aber seinem tiefsten Wunsch nachzugehen, ihm zu folgen, kostet etwas. Es ist kein einfacher Weg, durchs Leben zu gehen und dabei Schwierigkeiten, Verantwortung, Kampf und Schmerz zu vermeiden. Es geht vielmehr und immer darum, sich auf die eigenen Beine zu stellen – mit Gott.
Und das passiert nicht nur einmal, sondern viele Male im Laufe des großen Abenteuers des Lebens.
Vielleicht willst Du beginnen? Doch wisse: Das klösterliche Leben ist ein lebenslanger Prozess, bei dem es darum geht, die Person zu werden, zu der Gott mich geschaffen hat – einzigartig schön, frei und liebevoll, auf Kosten von allem, was im Weg steht.
„Mein Blut ist lebendig und viele Stimmen
sagen mir, dass ich aus Sehnsucht bin.“