2. März 2024
Darf und soll die Kirche sich heute zur Sexualerziehung äußern? Weltlich erscheint diese Frage berechtigt zu sein, denn die Morallehre der Kirche und die Orientierung am christlichen Menschenbild stehen quer zu den herrschenden Meinungen in Europa. In „Amoris laetitia“ spricht Papst Franziskus dieses sensible Thema an – in Übereinstimmung mit den Synodenvätern und in der Bindung an die Lehre des Zweiten Vatikanischen Konzils.
Doch hat eine „Erziehung zur Liebe“ Raum in dieser Zeit? Geschlechtlichkeit, so Franziskus, werde oft „banalisiert“. Wer die Sexualerziehung nicht im Rahmen des „gegenseitigen Sich-Schenkens“ verstehe, der verstehe sie gar nicht. Es gelte, bei der „Sprache der Geschlechtlichkeit“ eine „traurige Verarmung“ zu vermeiden: „Der Sexualtrieb kann geschult werden in einem Weg der Selbsterkenntnis und der Entwicklung einer Fähigkeit zur Selbstbeherrschung, die helfen können, wertvolle Fähigkeiten zur Freude und zur liebevollen Begegnung zu Tage zu fördern.“ Niemals dürfe man vergessen, dass Kinder und Jugendliche sich in einer Phase des Lebens befinden, in denen sie nicht mit allen möglichen Informationen „übersättigt“ werden müssen. Gefördert werden müsse die „Entwicklung eines kritischen Empfindens […] gegenüber einem Überhandnehmen von Vorschlägen, gegenüber der außer Kontrolle geratenen Pornographie und der Überladung mit Stimulierungen, welche die Geschlechtlichkeit verkrüppeln lassen können“: „Die Jugendlichen müssen bemerken können, dass sie mit Botschaften bombardiert werden, die nicht ihr Wohl und ihre Reifung anstreben. Man muss ihnen helfen, die positiven Einflüsse zu erkennen und zu suchen, während sie sich zugleich von all dem distanzieren, was ihre Liebesfähigkeit entstellt.“
Das Schamgefühl sei von einem unermesslichen Wert: „Es ist eine natürliche Verteidigung des Menschen, der seine Innerlichkeit schützt und vermeidet, zu einem bloßen Objekt zu werden. Ohne Schamhaftigkeit können wir die Zuneigung und die Sexualität zu Formen von Besessenheit herabwürdigen, die uns nur auf den Geschlechtsakt konzentrieren, auf Krankhaftigkeiten, die unsere Liebesfähigkeit entstellen, und auf verschiedene Formen sexueller Gewalt, die uns dazu führen, unmenschlich behandelt zu werden oder andere zu schädigen.“
Papst Franziskus zieht eine deutliche Grenze gegenüber der Praxis in der Sexualerziehung, Methoden der Verhütung zu empfehlen und vorzustellen. Wer für Verhütung werbe, der vermittele eine „negative Haltung gegenüber dem natürlichen Zeugungszweck der Geschlechtlichkeit, als sei ein eventuelles Kind ein Feind, vor dem man sich schützen muss“: „So wird anstatt einer Annahme die narzisstische Aggressivität gefördert. Es ist unverantwortlich, die Jugendlichen einzuladen, mit ihrem Körper und ihren Begierden zu spielen, als hätten sie die Reife, die Werte, die gegenseitige Verpflichtung und die Ziele, die der Ehe eigen sind. Auf diese Weise ermutigt man sie leichtsinnig, den anderen Menschen als Objekt von Kompensationsversuchen eigener Mängel oder großer Beschränkungen zu gebrauchen. Es ist hingegen wichtig, ihnen einen Weg aufzuzeigen zu verschiedenen Ausdrucksformen der Liebe, zur gegenseitigen Fürsorge, zur respektvollen Zärtlichkeit, zu einer Kommunikation mit reichem Sinngehalt. Denn all das bereitet auf ein ganzheitliches und großherziges Sich-Schenken vor, das nach einer öffentlichen Verpflichtung seinen Ausdruck findet in der körperlichen Hingabe. So wird die geschlechtliche Vereinigung als Zeichen einer allumfassenden Verbindlichkeit erscheinen, die durch den ganzen vorangegangenen Weg bereichert ist.“
Die sexuelle Attraktivität des Augenblicks ohne Liebe bleibt eine Täuschung, die „Illusion der Vereinigung“: „Die Körpersprache verlangt eine geduldige Lehrzeit, die ermöglicht, das eigene Verlangen zu deuten und zu erziehen, um sich wirklich hinzugeben. Wenn man alles auf einmal hingeben will, ist es möglich, dass man gar nichts hingibt. Verständnis zu haben für die Schwachheiten oder Verwirrungen der Heranwachsenden ist etwas anderes, als sie zu ermutigen, die Unreife ihrer Art zu lieben in die Länge zu ziehen. Doch wer spricht heute über diese Dinge? Wer ist fähig, die jungen Menschen ernst zu nehmen? Wer hilft ihnen, sich ernsthaft auf eine große und großherzige Liebe vorzubereiten? Mit der Sexualerziehung wird sehr leichtfertig umgegangen.“
„Achtung“ und „Wertschätzung der Verschiedenheit“ des Menschen seien wesentlich: „Nur wenn man die Angst vor der Verschiedenheit verliert, kann man sich schließlich aus der Immanenz des eigenen Seins und aus der Selbstverliebtheit befreien. Die Sexualerziehung muss dazu verhelfen, den eigenen Körper so zu akzeptieren, dass man nicht darauf abzielt, den Unterschied zwischen den Geschlechtern auszulöschen, weil [man] sich nicht mehr damit auseinanderzusetzen versteht.“ Papst Franziskus legt in Übereinstimmung mit den Synodenvätern dar, dass der Mensch als Mann und Frau geschaffen wurde: „Es ist wahr, dass man das, was männlich und weiblich ist, nicht von dem Schöpfungswerk Gottes trennen kann, das vor allen unseren Entscheidungen und Erfahrungen besteht und wo es biologische Elemente gibt, die man unmöglich ignorieren kann.“ Trotzdem wird das, was mit großer Eindeutigkeit hier erneut als Tatsache festgestellt wird, von manchen Freigeistern – etwa auf dem deutschen Synodalen Weg – ignoriert, übersehen oder abgelehnt. Wer eine sogenannte Weiterentwicklung der Morallehre fordert oder andere Formen der Sexualerziehung sich wünscht, steht damit eindeutig gegen Papst Franziskus und gegen die Lehre der Kirche aller Zeiten und Orte.
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