7. Januar 2024
Nicht inmitten einer Stadt, nicht einmal in der Nähe eines Dorfes liegt ein weltweit bekanntes Kloster. Es trägt den Namen „Grande Chartreuse“, zu Deutsch „Große Kartause“. Dieses Kloster ist abgeschnitten von der Welt und geradezu versteckt in den Bergen. Für die Öffentlichkeit ist es nicht zugänglich, kein Besucher kann es betreten, nicht einmal die Klosterkirche.
Das östlich der Großstadt Grenoble liegende und zur Gemeinde Saint-Pierre-de-Chartreuse gehörende Kloster befindet sich am Fuße des Grand Som (2026 m), dem vierthöchsten Gipfel des Chartreuse-Massivs. Diesem Gebirgsmassiv verdankt das Kloster seinen Namen.
Auf einer Höhe von 850 m bilden 35 Einsiedlerzellen und zahlreiche weitere Gebäude ein Kloster, das bei den Kartäusern „Kartause“ genannt wird. Hier leben zurzeit etwa 30 Mönche (Priester und Brüder), die in der Mitte der Nacht ihren Schlaf unterbrechen, um in der Kirche die Vigilien zu singen. Nur zu dieser nächtlichen Gebetszeit, die bis zu zwei Stunden andauern kann, und zu zwei weiteren Tageszeiten (Hl. Messe und Vesper) kommen die Mönche zusammen. Die übrige Zeit verbringen sie in ihren Einsiedlerhäusern in Gebet, Betrachtung und Studium. Hier nehmen sie auch eine einzige Mahlzeit auf und arbeiten zur Erholung in einem kleinen Garten und einer Holzwerkstatt.
Die Lebensweise der Kartäuser ist in den Ordens-Statuten aus dem Jahr 1127 niedergelegt, die jedoch mehrmals angepasst werden mussten, zuletzt nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil. Schweigen und große Stille sind das vorherrschende Merkmal des einsamen Lebens, von dem die Statuten schreiben:
„Wer standhaft in seiner Zelle ausharrt und sich durch sie belehren läßt, strebt danach, daß sein ganzer Wandel zu einem einzigen und unablässigen Gebet wird. Indes wird der Zugang zu dieser Ruhe ihm erst erschlossen, wenn er durch die Mühe eines heftigen Kampfes geübt worden ist. Bald sind es Beschwerden, die er aus Liebe zum Kreuz erträgt; bald sind es Heimsuchungen, durch die der Herr ihn wie Gold im Schmelzofen prüft. Da wird er nun durch die Geduld geläutert, durch eifriges Betrachten der Schrift getröstet und genährt und durch die Gnade des Geistes in die Tiefe seines Herzens geführt. So vermag er jetzt Gott nicht mehr bloß zu dienen, sondern Ihm anzuhangen.“
Bruno der Kartäuser, der – neben dem heiligen Norbert von Xanten – einzige deutsche Gründer eines neuen Mönchsordens, kam im Jahr 1084 zusammen mit sechs Gefährten in die Einöde des Chartreuse-Massivs. Sie alle waren einzig von der Sehnsucht erfüllt, die Stille und Einsamkeit zu suchen, um sich darin ganz Gott hinzugeben.
Sie bauten aus dem Holz der umliegenden Wälder ihre ersten Hütten, aus denen später das erste Kloster wurde, von dem oberhalb der heutigen Kartause noch die Kapelle „Notre Dame de Casalibus“ zu sehen ist. Mehrere Lawinen – die erste im Jahr 1132 – haben ebenso wie Brände in den ersten Jahrhunderten die bestehenden Klostergebäude zerstört.
Ab dem Ende des 14. Jahrhunderts waren es Kriege, die oftmals zu verheerenden Schäden geführt haben. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden die Mönche der Grande Chartreuse durch die antikirchliche Gesetzgebung der französischen Regierung gezwungen, ihre klösterliche Heimat zu verlassen. Erst nach einem 37-jährigen Exil in Italien durften sie im Jahr 1940 wieder zurückkehren.
Die Grande Chartreuse ist das Mutterhaus des Ordens der Kartäuser. Neben ihm gibt es weltweit weitere Kartausen für Mönche in Frankreich (2), in Italien (2), in Spanien (3), in der Schweiz, in Deutschland, Slowenien, England, in den USA, Argentinien und Brasilien sowie in Südkorea. Kartausen für Nonnen gibt es in Frankreich (2), Spanien, Italien und Südkorea.
Da die geheimnisvolle Grande Chartreuse – obwohl in größter Einsamkeit liegend – seit jeher Besucher anzieht, wurde in den 50er Jahren zwei Kilometer unterhalb des Klosters ein Museum eingerichtet, das neugierigen Besuchern Einblicke in die Lebensweise der Mönche gewährt. Das frisch renovierte Museum, die „Correrie“, ermöglicht den Besuchern, das Geheimnis um den Orden der Kartäuser besser zu verstehen.