6. Juli 2024
In der ersten Katechese zur „Theologie des Leibes“ am 5. September 1979 (vgl. L’Osservatore Romano 37/1979) erinnert der heilige Johannes Paul II. an die „Gemeinschaft des menschlichen und christlichen Lebens“, an die Ehe, die nach dem Wort des Herrn von Anfang an grundlegend gewesen sei.
Die Pharisäer wollen von Jesus wissen, wann eine Frau aus der Ehe entlassen werden dürfe: „Christus nimmt das Gespräch nicht auf der Ebene an, auf welcher es seine Gesprächspartner zu führen versuchen; in einem gewissen Sinn mißbilligt er die Dimension, die sie dem Problem zu geben versuchten. Er vermeidet es, sich in juristisch-kasuistische Streitfragen zu verstricken; stattdessen beruft er sich zweimal auf den Anfang. Damit nimmt er ganz klar auf die entsprechenden Worte im Buch Genesis Bezug, die auch seine Gesprächspartner auswendig kennen. Aus jenen Worten der Uroffenbarung zieht Christus die Schlussfolgerung, und das Gespräch ist beendet.“
Christus beruft sich auf das Buch Genesis, bekräftigt die Erschaffung des Menschen als Abbild Gottes, als Mann und Frau, sowie das Trennungsverbot: „Dadurch dass Christus diese Worte sozusagen vollständig zitiert, verleiht er ihnen eine noch bestimmtere normative Bedeutung, vorausgesetzt, dass in der Genesis diese Aussagen Sachbehauptungen sind: ‚Er verlässt … er bindet sich … sie werden ein Fleisch.‘ Die normative Bedeutung wird dadurch einleuchtend, dass Christus sich nicht auf das bloße Zitat beschränkt, sondern hinzufügt: ‚Sie sind also nicht mehr zwei, sondern eins. Was aber Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen.‘ Dieses ‚er darf nicht trennen‘ ist entscheidend. Im Lichte dieser Worte Christi verkündet Genesis 2,24 die Einheit und Unauflöslichkeit der Ehe als eigentlichen Inhalt des Wortes Gottes, wie es in der Uroffenbarung zum Ausdruck kommt.“
Johannes Paul II. spricht vom „Urgesetz des Schöpfers“, wiederholt aber den Ausdruck „von Anfang an“ zweimal, damit die Pharisäer als Gesprächspartner und darüber hinaus auch alle Adressaten, also die Christen in der Welt von heute, über das „Schöpfungsgeheimnis“ des Menschen nachdenken und den „normativen Sinn der Worte der Genesis“ erfassen: „Wir müssen uns daher bei unserer Untersuchung, wenn wir all das bedenken, in die Lage der heutigen Gesprächspartner Christi versetzen.“ Damit wird zugleich sichtbar, dass die gegenwärtig eher philosophisch als theologisch grundierten Überlegungen zu „gelingenden Beziehungen“ – wie etwa auf dem deutschen Synodalen Weg vertreten – sich auf einer gänzlich anderen Ebene bewegen, zumal die Varianten von Lebenspartnerschaften, die hier vorgestellt werden, dem „Schöpfungsgeheimnis“ entgegenstehen – und damit auch den Worten Jesu.
Der Papst spricht von Aufgaben, die der Ehe und der christlichen Familie vom Herrn zugewiesen seien: „Aufgaben, die er ihr immer zugewiesen hat und die er ihr auch in unserer Zeit und in der heutigen Welt zuweist.“ In der Katechese der darauffolgenden Woche (veröffentlicht im L’Osservatore Romano 38/1979), am 12. September 1979, nimmt Johannes Paul II. diese Reflexionen wieder auf und bezieht sich auf den Schöpfungsbericht, in dem die „Wahrheiten über den Menschen“ ausgedrückt seien: Der Mensch ist dazu berufen, die Erde zu hüten und zu beherrschen – freilich nicht zu zerstören –, zu bearbeiten, zu bebauen und zu kultivieren. Der Papst führt aus: „Obwohl der Mensch so eng mit der sichtbaren Welt verbunden ist, spricht die biblische Erzählung dennoch nicht von seiner Ähnlichkeit mit den übrigen Geschöpfen, sondern einzig und allein von seiner Ähnlichkeit mit Gott: ‚Gott schuf also den Menschen als sein Abbild; als Abbild Gottes schuf er ihn…‘ (Gen 1,27).“
Menschen und Tieren ist die Leiblichkeit gemeinsam, allen Geschöpfen gilt der Aufruf, fruchtbar zu sein und sich zu vermehren. Nur beim Menschen wird der „Geschlechtsunterschied“ hervorgehoben: „Der Mensch jedoch wird nicht einer natürlichen Abfolge entsprechend erschaffen, sondern der Schöpfer scheint, ehe er ihn ins Leben ruft, innehalten zu wollen, um einen Entschluss zu fassen: ‚Laßt uns Menschen machen als unser Abbild nach unserer Gestalt‘ (Gen 1,26).“ Damit wird der Mensch in seinem Verhältnis zu Gott bestimmt, er ist „Abbild Gottes“, und damit ist ausgeschlossen, dass der Mensch allein auf die Welt beschränkt ist. Er hat einen Körper, aber er reicht, als „Abbild Gottes“, über diesen Körper hinaus.
Wer den Menschen ohne Gott denkt, kann nur ein unzulängliches, ja objektiv falsches Menschenbild kreieren: „Trotz einiger ausführlicher und plastisch-bildlicher Formulierungen in dem Abschnitt wird der Mensch hier vor allem in den Dimensionen des Seins und des Daseins bestimmt, also auf mehr metaphysische als physische Weise.“ Das „Mysterium“ der Erschaffung des Menschen wird mit der „Perspektive der Zeugung“ verbunden. In diese Beschreibung hinein tritt das „Wesen des Guten“, der „Wert“: „Denn dieser Aspekt kehrt im Rhythmus eigentlich aller Schöpfungstage wieder und erreicht seinen Höhepunkt nach der Erschaffung des Menschen: ‚Gott sah, dass alles, was er gemacht hatte, sehr gut war‘ (Gen 1,31). Deshalb darf man mit Sicherheit sagen, dass das erste Kapitel der Genesis einen unwiderlegbaren Bezugspunkt und die solide Basis für eine Metaphysik und auch für eine Anthropologie und eine Ethik bildet, nach welcher das Sein und das Gute austauschbar sind (‚ens et bonum convertuntur‘). Das alles hat natürlich auch seine Bedeutung für die Theologie und vor allem für die Theologie des Leibes.“
Wir können also von Gottes guter Schöpfung sprechen – und zugleich daran erinnern, dass das Zueinander von Mann und Frau, je für sich ein Abbild Gottes, dass das „Sein“ des Menschen nicht manipuliert werden und beliebig verändert werden darf. Mann und Frau sind aufeinander bezogen, füreinander bestimmt – und nur Mann und Frau können einander das Sakrament der Ehe spenden. Wer anderes sich wünscht, der bewegt sich jenseits der Bibel und der verbindlich gültigen Lehre der Kirche aller Zeiten und Orte.
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