8. August 2024
CNA Deutsch präsentiert die folgende Predigt zum bevorstehenden 18. Sonntag im Jahreskreis.
In der zweiten Lesung (Eph 4,30-5,2) hören wir einen dieser scheinbar sehr einfachen Texte, in denen uns der heilige Paulus konkret sagt, wie wir uns verhalten sollen, um echte Christen zu sein: „Jede Art von Bitterkeit und Wut und Zorn und Geschrei und Lästerung mit allem Bösen verbannt aus eurer Mitte!“
Und schon an diesem Punkt müssen wir bei einer ernsthaften Gewissenserforschung zugeben, dass es für uns viel einfacher ist, bitter zu sein als süß. Wir sind vielleicht fähig, süß zu denen zu sein, die wir mögen, aber wie verhalten wir uns denen gegenüber, die uns unsympathisch sind? Und wie leicht ist es, der Wut nachzugeben, sich zu übler Nachrede hinreißen zu lassen oder böswillig zu denken und zu handeln.
Aber wenn wir weitergehen, wird die Ermahnung des heiligen Paulus noch erschütternder:
„Seid gütig zueinander, seid barmherzig, vergebt einander, wie auch Gott euch in Christus vergeben hat. Ahmt Gott nach.“
Wenn wir echtes Unrecht erlitten haben, können wir verstehen, wie schwer es ist, barmherzig zu sein, zu vergeben. Aber der Vergleichspunkt, den Paulus und aufzeigt, lässt uns „zitternd Puls´ und Adern schlagen“ – vgl. Dante Alighieri, Göttliche Komödie, Inferno I, 90.:
„‚Ahmt Gott nach!‘ War die Sache bisher einfach nur ‚schwierig‘ oder ‚sehr schwierig‘, wird es an dieser Stelle geradezu unmöglich: Wie kann ich, ein armseliges Geschöpf, mich so verhalten, wie Gott sich verhält, handeln wie Gott?!“
Angesichts dieser Ermahnungen des Herrn verschließt sich unser Herz oft und wird hart wie Straßenpflaster: Der Same des Wortes fällt darauf, dringt aber nicht ein; sofort kommt der Teufel und nimmt ihn weg.
Aber wenn es uns durch die Gnade Gottes gelingt, weniger oberflächlich zu sein, bringt uns das Wort Gottes in eine Krise. Eine Krise, die uns dazu führen kann, mit den Worten von Elija zu sagen: „Nun ist es genug, Herr. Nimm mein Leben; denn ich bin nicht besser als meine Väter.“
Oh, wenn der Herr uns heute die Gnade schenken würde, dass auch wir diese Krise erleben! Die Gnade, in diese tiefe Demut vor Ihm einzutreten; die Gnade, mit ganzem Herzen zu sagen: Ich bin nicht besser als meine Väter, ich bin nicht besser als meine Brüder und Schwestern, ich bin nicht besser als andere Menschen. Und ich bin dazu berufen, Gott nachzuahmen!
Wenn wir in die Demut eintreten, wird für uns das wahr, was für Elija zeichenhaft geschehen ist: Elija wurde sich bewusst, keine Kraft zu haben, aber er erhielt vom Engel ein Brot und durch diese Speise gestärkt wanderte er vierzig Tage und vierzig Nächte bis zum Gottesberg Horeb.
Was in der Geschichte des Elija nur ein Zeichen war, wird im Evangelium Wirklichkeit (Joh 6,41-51): „Ich bin das Brot des Lebens [...]. Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel herabgekommen ist.“
Ich denke, um die Rede vom Brot des Lebens zu verstehen – wie um das gesamte Johannesevangelium zu verstehen – müssen wir vom Prolog ausgehen: Das Wort Gottes, durch das alles geschaffen wurden, das Wort, in dem alles Bestand hat, das Wort, das alles trägt... ist Fleisch geworden. Und nun wird es Nahrung: Jesus ist das Brot, das heißt unsere Nahrung, Ursache von Leben, Wachstum, Kraft.
Dann verstehen wir, dass das, was der heilige Paulus uns in der zweiten Lesung aufgetragen hat – „ahmt Gott nach“ – möglich wird. Sicher nicht, weil wir dazu fähig sind, sondern weil das Wort Gottes, vom Vater gesandt, unsere Nahrung wird und uns eins mit sich macht. So dass nicht mehr wir selbst leben, sondern Er in uns lebt, wie es wieder der heilige Paulus sagen würde. Er ist der Weinstock, wir sind die Reben, die Frucht bringen, weil sie mit dem Weinstock vereint bleiben.
Wir sagen nicht zufällig, dass die Eucharistie das Zentrum unseres Glaubens ist. Das Christentum liegt ganz hier: Wir erkennen an, wie Elija, nicht besser zu sein als unsere Väter, nicht fähig zur Liebe zu sein. Und Christus füllt uns mit sich selbst, so dass auch wir fähig werden, wie Paulus gesagt hat, unser Leben in Liebe zu führen, wie auch Christus uns geliebt und sich für uns hingegeben hat als Gabe und Opfer, das Gott gefällt!
Es ist Christus, der das Wunder vollbringt. Aber auch wir haben ein Opfer, das wir bringen können. In dieser Eucharistie bringen wir Gott das Anerkennen unserer Armut, unserer Schwäche, unserer Sünde. Bringen wir ihm vor allem unsere Unfähigkeit, zu lieben. Demütigen wir uns vor ihm. Und er wird unser Leben nach dem Bild seines Lebens umwandeln.
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Aldo Vendemiati ist Priester und Professor an der Philosophischen Fakultät der Päpstlichen Universität Urbaniana. Sein Blog findet sich HIER. Die Predigt wurde mit freundlicher Genehmigung veröffentlicht.
Hinweis: Meinungsbeiträge wie dieser spiegeln die Ansichten der jeweiligen Gast-Autoren wider, nicht notwendigerweise jene der Redaktion von CNA Deutsch.