15. August 2024
Das ganze Kirchenjahr hindurch sind Wege zu Christus mit der Gottesmutter eng verbunden – im Vertrauen auf ihre Fürsprache – und zu einem feinen Gewebe verknüpft. Jedes Rosenkranzgebet berichtet davon, und auch jede persönliche Erfahrung, die über eine oft zarte, leise marianische Kolorierung verfügt.
Wir – und das heißt die Kirche aller Zeiten und Orte, die Himmel und Erde verbindet – dürfen am 15. August das Hochfest feiern, das zu den schönsten Marienfesten gehört, die uns geschenkt sind. Bewusst sei das gesagt: geschenkt, nicht ausgedacht, nicht gemacht, nicht bloß gewollt oder theologisch geplant. Die Feste der Kirche sind oft Geschenk und Geheimnis, sie sprechen zu uns von der Wahrheit des Glaubens, die unser Leben trägt und hält, und laden uns ein, immer mehr, immer tiefer in die lichtreiche Schönheit dieser Wahrheit hineinzuwachsen. Die Gläubigen, die einfachen Herzens sind, wissen oft sehr viel mehr davon, und in dieser marianischen Einfachheit sind sie empfänglich, so dass das Wort Gottes, ja dass Gottes Liebe in ihnen reiche Frucht bringt.
Das Tagesgebet, das in der Liturgie am Vorabend gesprochen wird, zeigt die weltlich unvorstellbare und unausdenkbare Erwählung der Gottesmutter, mit der der allmächtige Gott, Schöpfer der Welt und Herr der Geschichte, die demütige Jungfrau Maria zur Mutter seines ewigen Sohnes auserwählt: „Du hast auf deine niedrige Magd geschaut und sie mit Herrlichkeit gekrönt.“
Nichts irdisch Pompöses, nichts glänzend Prunkvolles wird Maria zuteil, denn sie wird nicht mit Gold und Juwelen gekrönt, sondern damit, dass sie – und in ihrem Herzen sagt sie „Ja“ dazu – Mutter des Herrn und Erlösers wird. Sie ist uns Fürsprecherin, Weggefährtin und Vorbild, auch darin, dass wir berufen sind, wie im Magnifikat die Größe Gottes zu lobpreisen, in dem Ernst und der Reife des Herzens, die mit der hohen Kindlichkeit des Glaubens verbunden sind, staunend, dankbar und glücklich.
Weltlich und auch kirchlich sowie theologisch denken wir so oft in vorgefertigten Mustern und Kategorien. Maria war, Maria ist ganz anders. Wir meinen so oft, Bescheid zu wissen – in der Familie, im Alltag, im Beruf. Dann halten wir kluge Vorträge, schlaue Reden, tun so viele Ansichten kund und glauben, dass wir anderen Ratschläge zu geben bestellt sind, auf welche Weise sie leben sollen. Dies alles ist kein Zeichen von Demut.
Vielleicht können die vielen Marienfeste im Kirchenjahr uns auch daran erinnern, dass wir nicht vergessen, demütig zu sein wie die Gottesmutter, auf unserem Weg zur Heiligkeit – und bedenken, dass wir zuerst und zuletzt aus der Eucharistie leben, aus der Danksagung. So lese ich im Schott-Messbuch meiner Kindheit zu dem Hochfest: „Die Heiligkeit ist nicht eine Tugend, die man lernt, sondern ein Geschenk, das man empfängt. Was wir in der Eucharistie darbringen, sind Gottes eigene Gaben: Brot und Wein, Zeit und Leben. So hat Maria ihren Weg verstanden: ein immer tieferes Hineingehen und Aufgenommenwerden in Gottes heilige Ewigkeit.“
Marias Weg mag uns Beispiel und Hoffnung sein, wenn wir daran denken, uns selbst Gott darzubringen und uns ihm hingeben, der eigenen Berufung entsprechend. So können und dürfen wir beten: „Allmächtiger Gott, unser Gebet und unser Opfer steige zu dir empor. Höre auf die selige Jungfrau Maria, die du in den Himmel aufgenommen hast, und entzünde in unseren Herzen das Feuer der Liebe, damit wir dich allezeit suchen.“
Ein großer Verehrer der Gottesmutter war auch der im Ruf der Heiligkeit stehende Papst Pius XII., der am 1. November 1950 die Lehre, dass Maria mit Leib und Seele in die himmlische Herrlichkeit aufgenommen wurde, als Glaubenssatz verkündet und damit die seit alters bestehende christliche Glaubensüberzeugung endgültig bestätigt hat. Mit großer Dankbarkeit und Freude dürfen wir wieder und wieder und ganz besonders heute lesen: „Wir verkünden, erklären und definieren es als ein von Gott geoffenbartes Dogma, dass die unbefleckte, allzeit jungfräuliche Gottesmutter Maria nach Ablauf ihres irdischen Lebens mit Leib und Seele in die himmlische Herrlichkeit aufgenommen wurde.“
Wie schön ist es doch, im Glauben der Kirche des Herrn verwurzelt zu sein. Wir dürfen heute dankbar und freudig nach droben schauen und gotteskindlich beten, auf die Fürsprache und den Schutz der in den Himmel aufgenommenen Gottesmutter fest vertrauend.
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