Kürzlich erschien im Lepanto Verlag das Buch „Auf der Suche nach dem Licht. Zeichen des Glaubens auf dem Weg von Aquileia nach Rom“ von Lothar C. Rilinger. Im Gespräch mit CNA Deutsch stellt der Autor sein Werk näher vor.

Ihr Buch trägt den Titel „Auf der Suche nach dem Licht“. Wieso haben Sie gerade die Form einer Reise von Aquileia nach Rom gewählt, um sich auf diese Suche zu begeben?

Ich habe viele Beschreibungen aus den letzten 300 Jahren über den Gang vom Norden nach Rom gelesen. Es sind Beschreibungen von tatsächlichen Begebenheiten und kunsthistorischen Auseinandersetzungen mit der Kunst, auf die die Schriftsteller gestoßen sind. Da ich jedoch keine Kunstgeschichte studiert habe, hat sich ein weiteres Buch in diesem Genre von selbst verboten. Mich interessiert immer die Intention, die hinter den Kunstwerken steckt, immer die Frage, welcher historische, philosophische, religiöse oder politische Impetus den Künstler bewogen haben mag, seine Antwort in der ihm eigenen Sprache der Öffentlichkeit mitzuteilen.

Auf dem Weg von Aquileia nach Rom wollte ich verschiedene Facetten des Glaubens beleuchten, um mich langsam dem christlichen Zentrum „Rom“ zu nähern, ja, um mich einzustimmen auf die Begegnung mit der Urbs aeterna – mit der Stadt, die wir kurz vor dem sehr frühen Tod meiner Mutter vor über einem halben Jahrhundert noch einmal haben aufsuchen können. Über Rom habe ich einige Bücher geschrieben, doch ich wollte auch die Frömmigkeit in Italien kennen lernen, andere Orte des Glaubens aufsuchen, um dem Glauben in seiner Tiefe erfahren zu können.

Letzter Anstoß für diesen Gang war der Besuch von Freunden aus Frankreich, die es wieder nach Umbrien gezogen hat und die meiner Frau und mir ihre neue-alte Heimat zeigen wollten. In der Begegnung mit dem Dom von Aquileia wurde die Idee geboren, von der ehemals zweitwichtigsten Stadt des Römischen Reiches in die wichtigste zu gehen, zumal uns im Dom auch die römisch-deutsche Geschichte begegnet ist, um die Annäherung an den Glauben zu wagen und uns auf die Suche nach Gott in der Kunst zu begeben.

Sie schreiben, der Leser begegne in Ihrem Buch „Bildern, Skulpturen, Büchern – alles Artefakte, die dem Geist eines Menschen zum Lobpreis Gottes entsprungen sind“. Welche Bedeutung hat die Kunst für einen Katholiken?

Papst Benedikt XVI. / Joseph Ratzinger hat in seinem Werk darauf hingewiesen, dass die Aufklärung nicht nur eine philosophisch-theologische Wende herbeigeführt hat, sie hat auch die Zielrichtung der Kunst verändert. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde im Regelfall die Schönheit des Glaubens dargestellt, ja, die Schönheit an sich, um wie in einer biblia pauperum den Betrachter in das Geheimnis des Glaubens einzubeziehen. Auch wenn durch die Aufklärung das Schlechte, das Verwerfliche, die verworfene Welt dargestellt werden soll, um alles zu kritisieren, wird aber gleichwohl in der christlich-katholischen Kunst versucht, dem alten Ideal nachzukommen. Selten allerdings in einer Weise, die als Anknüpfung an die großartigen Leistungen der voraufklärerischen Zeit angesehen werden könnte. Bedauerlicherweise!

Besonders auffällig ist die Entwicklung in der Kirchenmusik. Die neuen Kompositionen können nicht den Eindruck verwischen, dass sie als Gebrauchsmusik daherkommen, nicht artifiziell, sondern schlicht und dabei noch nicht einmal eingängig. Im Land Salzburg werden oft Lieder von Schubert und von Michael Haydn gesungen – Werke, die eigentlich nach dem Zweiten Vatikanum nur noch in den Kathedralkirchen gesungen werden sollten. Und doch: Es sind Lieder, die jeder mitsingen kann und die wie ein Gebet zum Himmel steigen.

Die sakrale Kunst ist ein wichtiger Ausdruck der Frömmigkeit – für den Künstler als Möglichkeit, seine Frömmigkeit, seine Auffassung vom Glauben der Öffentlichkeit zu präsentieren, für den Empfänger Anlass, über die Aussage nachzudenken und sich selbst Gedanken über den Glauben zu machen.

Neben vielen Orten sind auch zwei bedeutende Persönlichkeiten ein prominenter Teil des Buches, indem Sie ihnen jeweils ein längeres Kapitel widmen: Kardinal József Mindszenty aus Ungarn und Papst Benedikt XVI., über den Sie im Zusammenhang mit den Menschenrechten schreiben. Wieso spielen diese beiden großen Kirchenmänner eine Rolle auf der Suche nach dem Licht?

Kardinal Mindszenty und Papst Benedikt XVI. / Joseph Ratzinger, beide sind Zeugen des Glaubens und Vorbilder, die uns aufgezeigt haben, was Gott für sie bedeutet, ja, wie Gott ihr Leben bestimmt hat.

Wer die Erinnerungen von Kardinal Mindszenty gelesen hat, kann erfahren, was Glaubensfestigkeit bedeutet, wie ein Leben um Gott kreisen kann, obwohl der Kardinal täglich schrecklichsten Folterungen ausgesetzt war, Qualen unvorstellbaren Ausmaßes, und trotzdem: Er hielt zu Gott, selbst unerträgliche Schmerzen und schlimmste Demütigungen ließen ihn Gott nicht verneinen, um sich von diesen Qualen zu befreien. In ihm hat er die Stütze seines Lebens erfahren, in ihm fand er die Erfüllung seines Lebens. Er lebte in der Metaphysik, fest in der Transzendenz verankert, gehalten vom Herrn der Welt, von Jesus Christus, und hat dadurch aufgezeigt, wer uns den Halt im Leben geben und wer uns führen kann, damit wir am Ende unseres Ganges auf der Welt sagen können, dass das Leben ein gelungenes gewesen ist.

Papst Benedikt XVI. / Joseph Ratzinger hat uns mit seinem schriftstellerischen Werk und durch sein Leben vor Augen geführt, wie wir dieses Lebensziel erreichen können. Er hat es verstanden, den Glauben in einer Weise zu erklären, die ihn uns nahegebracht hat. Seine Worte sind luzide, verständlich und zuweilen poetisch, so dass es eine Freude ist, seine Texte zu lesen. Sie ermöglichen es uns, in das Mysterium des Glaubens einzudringen und uns von seinen Gedanken gefangen nehmen zu lassen.

Da ich nicht Theologie studiert habe, haben mich in besonderer Weise seine Erklärungen zur christlichen Philosophie berührt. In ihr fand ich immer die Begründungen für essentielle Fragen der Politik – für Fragen, die unser Leben im Innersten tangieren. Er hat uns aufgezeigt, auf welcher Grundlage eine Gesellschaft und ein Staat aufgebaut werden sollte – er hat uns vor Augen geführt, dass der Rekurs auf Gott unerlässlich ist, um ein Leben in Freiheit führen zu können. Nicht der Mensch, vertreten durch eine politische Elite, darf bestimmen, was gut und böse ist, nicht eine Partei oder, wie es Rousseau gefordert hat, die volonté général, der Allgemeine Wille. Die Unterscheidung von gut und böse ergibt sich vielmehr aus der göttlichen Schöpfung und den ihr innewohnenden Gesetzen – aus dem Naturrecht, das auch Ausfluss des allgemeinen Sittengesetzes, wie es Kant formuliert hat, ist. Gott hat der Welt eine gerechte Ordnung geschenkt, es ist eine Ordnung, die die Interessen aller berücksichtigt und die uns die Maßstäbe aufzeigt, die es uns ermöglichen, in Eintracht zusammenleben zu können.

Im Naturrecht hat Gott seine Gerechtigkeitsvorstellungen offenbart. Er hat den Menschen ein Menschenbild präsentiert, das alle Menschen einbezieht. Deshalb ist auch die jüdisch-christliche Religion die einzige Religion, die die Gleichheit aller Menschen einfordert, ob krank oder gesund, ob voller Geist oder ohne Geist, wie auch immer sie sexuell orientiert sind, welche Hautfarbe sie auch aufweisen mögen. Papst Benedikt XVI. / Joseph Ratzinger hat in seinem philosophischen Werk beschrieben, was die geistige Grundlage unserer Gesellschaft und Staaten sein sollte. Er hat aufgezeigt, auf welche Grundlage das Zusammenleben der Menschen gestützt werden müsste und hat mir dabei den Weg aufgezeigt, den ich als politischer Berater in verschiedenen Führungspositionen zu gehen habe.

Im Leben und Im Vorbild dieser beiden Persönlichkeiten wird uns die Möglichkeit offenbar, wie wir mit Gott leben können und auch sollten. Ihr Vorbild und ihr Werk könnten uns, ja, sie sollten uns auf dem Weg zu Gott, zum Licht der Welt, führen.

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Schluss mit der Suche nach katholischen Nachrichten – Hier kommen sie zu Ihnen.

Am bekanntesten ist sicher die „Italienische Reise“ von Goethe, aber auch viele weitere Schriftsteller und andere Künstler aus Deutschland zog es nach Italien. Was macht für das deutsche Gemüt die Faszination Italien aus?

Den säkularen Besucher Italiens zieht die nahezu verschwenderische Fülle an Kunst an. In fast jedem Ort treffen wir auf Kunst, die uns vor Augen führt, was Künstler zu leisten imstande sind. Es ist eine Kunst, die auf der gesamten Welt geschätzt wird, und durch die die Vorstellungen des Christentums in alle Winkel der Welt transportiert werden.

Für den christlichen Besucher erweitert sich aber der Horizont, ihn ziehen auch die sich in der Kunst offenbarenden Gedanken an. Fast jedes Kunstwerk der voraufklärerischen Zeit dient nur der Verherrlichung Gottes, nur dem Lobpreis, und sind Dokumente der Schönheit des Glaubens. Gott hat der Welt diese Schönheit geschenkt, und sie über die Jahrhunderte bewahrt zu haben, so dass wir sie immer noch bewundern können, ist wie ein Geschenk an die Nachgeborenen, die sich hieran nicht nur erfreuen können, sondern in ihnen auch den göttlichen Funken erahnen lassen, der es dem Künstler ermöglicht hat, die Werke zu vollenden. Der Gedanke, der hinter den Kunstwerken steht, ist ein Teil der Mission, die uns allen Jesus Christus aufgegeben hat.

Allen jedoch zeigt sich durch die Kunst die Grundlage unseres Denkens, die geistige Grundlage, auf der Europa und damit der Westen die Größe erlangen konnte, als Gott noch die letzte Instanz unseres Denkens war – als uns Gott die Maßstäbe vorgegeben hat, um ein Leben in Gerechtigkeit führen zu können. Es ist die Kultur, auf der unsere Staaten fußen, selbst dann, wenn sie auf dem atheistisch-revolutionären Grundsatz von „Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit“ aufgebaut sind. Schließlich basieren diese Versprechen auf dem Dekalog.

Letztendlich zieht uns auch das Licht an, das südliche Licht, das die Landschaft wie verzaubert erscheinen lässt – weicher, rosafarben angehaucht, ein wenig die Konturen verwischend. Diese Verzauberung durch das Licht ist wie eine Metapher, wie ein sichtbarer Beweis, was die Nähe Gottes auszumachen imstande ist. Dort im Licht des verlöschenden Tages habe ich immer die Empfindung, dass uns Gott sein Werk in der schönsten Ausprägung zeigen möchte. Es ist ein sichtbarer Hinweis, um uns vor Augen zu führen, dass durch ihn, durch sein Wirken nicht nur die Landschaft schöner wird, sondern auch unser aller Leben.

Was kann man als Katholik von den katholischen Gedächtnisorten gerade in Italien lernen? Gibt es nicht auch im deutschsprachigen Raum unzählige solcher Orte?

Im deutschsprachigen Bereich habe ich nicht viele sakrale Orte aufgesucht. In meiner Kindheit haben wir viele Wochen in Arosa in der Schweiz gelebt und jetzt leben wir oft im Land Salzburg und in Frankreich. Da blieb und bleibt nicht mehr viel Zeit, um zu reisen. Doch zwei sakrale Orte haben mich zutiefst beeindruckt.

Als ersten möchte ich die Stadt Salzburg erwähnen. Im Januar/Februar besuchen wir seit vielen Jahren die Mozartwochen. Sonnabends gehen wir in ein Konzert der Wiener Philharmoniker, um dann am Sonntag die Messe im Dom mitzufeiern. Diese Messe ist jedes Mal unser spiritueller Höhepunkt des Jahres. Während dieser Messe können wir eine Trias erleben, die eine Heilige Messe zu einer ganz besonderen werden lässt. Der Bischof zieht in Begleitung vieler Ministranten und Priester in den Dom ein, begleitet vom feierlichen und hoch artifiziellen Spiel der Orgel. Die Predigt wird auf einem Niveau gehalten, die mich immer wieder an die Predigt des Dean der theologischen Fakultät der Universität in Oxford erinnert, und dann die Kirchenmusik. Das Singen des Chores und das Spielen des Orchesters ist keine Aufführung, kein Event, sie sind das, was Kirchenmusik bedeutet. Ihr Singen und ihr Spiel ist ein Gebet, das stellvertretend für die Gemeinde gebetet wird. Es sind die alten Weisen in der Sprache, die seitens des Zweiten Vatikanum wiederum als Kirchensprache festgelegt worden ist, aber gleichwohl immer mehr durch die wenig Katholizität vermittelnde Volkssprache ersetzt wird. Die Gläubigen, die dieses Hochamt mitfeiern, kommen aus allen Ecken der Welt, sprechen die verschiedensten Sprachen, und doch: In den lateinisch gesungenen Gebeten werden sämtliche Gläubigen zu einer Einheit verbunden, stellvertretend für alle werden die Gebete musikalisch gesprochen, so dass alle Gläubigen die Gewissheit haben können, dass auch für sie persönlich gebetet wird.

Das erinnert mich an die Generalaudienz von Benedikt XVI., die wir 2012 in Rom miterleben konnten. Über 10.000 Gläubige waren in der riesigen Halle versammelt. Der Papst sprach auf Italienisch, so dass wir erst am darauffolgenden Tage die Übersetzung lesen konnten, doch am Ende der Audienz beteten wir das Paternoster in der offiziellen Kirchensprache Latein. Der Text war auf der Rückseite der Einlasskarte abgedruckt. Alle Gläubigen, die aus aller Herren Länder erschienen waren und in den verschiedensten Sprachen sprachen, waren in diesen Momenten zu einer Einheit zusammengeschmolzen. Es war eine Katholizität, die wir nur noch selten erfahren können.

Den anderen Ort habe ich vor einigen Wochen an der Mosel, in Treis-Karden im Kloster Maria Engelport, kennengelernt. Ich hatte einen Vortrag über Transhumanismus zu halten. Im Anschluss hieran wurde im Kloster ein Hochamt zelebriert, und diese Messe hat mich in besonderer Weise berührt. Die Kanoniker und Oblaten des Instituts Christus König und Hohepriester sowie die Anbetungsschwestern des Königlichen Herzens Jesu feierten gemeinsam dieses Hochamt. Die Messe wurde auf Latein zelebriert, die Predigt wurde in Deutsch gehalten und die Kirchenlieder wurden ebenfalls auf Deutsch gesungen. Viele Priester zelebrierten diese Messe in einer wohldurchgeführten, sehr feierlichen Choreografie und dazu sangen die Schwestern mit ihren an Engelsstimmen erinnernden Stimmen vom Nonnenchor herab die gregorianischen Gebete. Die weiblichen Gläubigen trugen weiße oder schwarze Spitzenschleier und die Männer erschienen nicht in Unterhemden, die die Tätowierungen erkennen lassen sollen, sondern in einer Kleidung, die einer Feier mit Gott, ein Zusammentreffen mit ihm, angemessen war. Die in dieser Stunde herrschende Atmosphäre erfasste mich, es war das ganz Andere, eine Weise, die Messe zu feiern, die ich vor vielen Jahrzehnten in meiner Kindheit erlebt habe. In diesem Gottesdienst spürte ich eine Frömmigkeit, von der ich meinte, dass sie im deutschen Sprachkreis ausgestorben ist.

Haben Sie einen persönlichen Lieblingsort in Italien, der das „Licht“, um erneut den Titel des Buches aufzugreifen, für Sie besonders hell aufleuchten lässt?

Durch meine Beschäftigung mit der Ewigen Stadt habe ich dort viele Kirchen kennengelernt. Prächtige Kirchen, Kirchen voller Weltkunst, Kirchen, die von Kunst gleichsam überquellen. Eine Kirche zu nennen, in der ich das Licht Gottes am hellsten empfunden habe, würde ja bedeuten, dass es in anderen Kirchen nicht so stark aufstrahlt. Ob die prachtvollen Kirchen in Rom, ob die einfachen Klosterkirchen, ob kleine Kapellen am Wegesrand – immer, wenn in einer Kirche das Ewige Licht brennt, leuchtet symbolisch das Licht Gottes, immer dann werde ich daran erinnert, dass Gott nicht tot ist, sondern lebt, noch Teil unserer Gesellschaften ist und dass noch Menschen von seinem Licht erleuchtet werden möchten.

Prächtige Kunst dient der Verherrlichung Gottes, sie ist ein Zeichen tiefer Gläubigkeit. Doch Gottes Licht benötigt nicht diese Herrlichkeiten, es strahlt ja aus sich selbst heraus. Dankbar bin ich immer, wenn ich in der Kirche das kleine rote Licht im Chor erblicke. Es ist das Zeichen, dass die Kirche nicht in ein Museum verwandelt worden ist, sondern immer noch ein Haus Gottes ist – eine Wohnstatt Gottes, die ihm die Menschen bereitet haben.

Hinweis: Meinungsbeiträge wie dieser spiegeln die Ansichten der jeweiligen Gesprächspartner wider, nicht notwendigerweise jene der Redaktion von CNA Deutsch.