Ein letztes Mal macht Johannes Paul II. am 1. April 1981 in seinen Katechesen Station mit Reflexionen zur Reinheit des Herzens, wie sie in der Bergpredigt dargelegt ist (veröffentlicht in L’Osservatore Romano 81/15). Die Worte Christi „teilen einem jeden die für ihn gültige und wesentliche Wahrheit mit“.

Nun fragt der Papst nach dem Wesen dieser Wahrheit, die sittlicher Art ist und damit einen normativen Charakter besitzt. Verwiesen wird auf das „Böse der fleischlichen Begierde“ und zur gleichen Zeit auf das Gute, das die Begierden überwindet: „Dieses Gute ist die ‚Reinheit des Herzens‘, von der Christus im gleichen Zusammenhang bei der Bergpredigt spricht. Vom biblischen Standpunkt aus bedeutet ‚Reinheit des Herzens‘ die Freiheit von jeder Art Sünde oder Schuld, also nicht nur von den Sünden, die die Begierde des Fleisches betreffen.“ Christi Worte in der Bergpredigt enthalten eine „sittliche Wahrheit“, ebenso eine Warnung vor dem Bösen und einen Verweis auf das sittlich Gute, das möglich ist.

Die Zuhörer, damit die Gläubigen aller Zeiten und Orte, sollen angeleitet werden, „das Übel der Begierde zu vermeiden und die Reinheit des Herzens zu gewinnen“: „Diese Worte besitzen also eine normative und zugleich richtungsweisende Bedeutung. Indem sie zum Gut der ‚Reinheit des Herzens‘ anleiten, verweisen sie gleichzeitig auf die Werte, nach denen das menschliche Herz streben kann und soll.“

Die sittliche Wahrheit enthält auch eine anthropologische Wahrheit, die für jeden Menschen gültig ist. Christi Worte seien auf die Wirklichkeit bezogen: „Sie versuchen nicht, das Menschenherz in den Zustand seiner Unschuld am ‚Anfang‘ zurückzuversetzen, die der Mensch nun einmal im Augenblick des Sündenfalls verloren hat; vielmehr weisen sie ihn hin auf die Straße zu einer Reinheit des Herzens, die ihm auch im Stand der Erbsünde möglich und zugänglich ist. Das ist die Lauterkeit des ‚Menschen der Begierde‘, der dennoch vom Wort des Evangeliums beseelt und für das ‚Leben aus dem Geist‘ offen ist (entsprechend den Worten des hl. Paulus), also die Reinheit und Lauterkeit des Menschen der Begierde, der ganz ergriffen wird von der von Christus vollbrachten ‚Erlösung des Leibes‘. Gerade deshalb finden wir in den Worten der Bergpredigt den Hinweis auf das ‚Herz‘, also auf den inneren Menschen. Der innere Mensch muss sich dem ‚Leben aus dem Geist‘ öffnen, damit er an der Herzensreinheit nach dem Evangelium teilhat: damit er den Wert des Leibes, der durch die Erlösung von den Fesseln der Begierde befreit wurde, wiederentdeckt und verwirklicht.“

Entdeckt werde auf diese Weise immer mehr die „Würde des menschlichen Leibes“, die organisch verbunden ist mit der „freien Hingabe der Person in der unversehrten Echtheit ihres Mann- bzw. Frauseins“. Johannes Paul II. betont: „So gelangt die Reinheit, verstanden als Zucht, im Herzen des Menschen zur Reife, der sie pflegt und die Bedeutung des Leibes für die eheliche Verbindung der beiden Geschlechter in ihrer ganzen Wahrheit zu entdecken und zu bestätigen trachtet. Gerade diese Wahrheit muss innerlich erkannt werden; sie muss man gewissermaßen mit dem Herzen spüren, damit die gegenseitigen Beziehungen von Mann und Frau – und sogar der bloße Blick – wieder jenen wahrhaft ehelichen Bedeutungsinhalt erlangen. Auf eben diesen Inhalt verweist im Evangelium die ‚Reinheit des Herzens‘.“

Die „Zucht“ wird sodann auch als positiv, als Freude erfahren: „Denn die Befriedigung der Leidenschaften ist eine Sache, eine andere die Freude, die der Mensch im Vollbesitz seiner selbst findet, wobei er so auch immer mehr für eine andere Person zu einem echten Geschenk werden kann. Die Worte Christi in der Bergpredigt führen das menschliche Herz zu solcher Freude. Ihnen muss man sich selbst, seine Gedanken und seine Handlungen anvertrauen, um die Freude zu finden und sie den anderen zu schenken.“

Darum lässt sich auch der Gehalt des Evangeliums, den die „Theologie des Leibes“ fokussiert, hier wahrhaft als Botschaft der Freude, ja als Frohe Botschaft verstehen und annehmen. Der Glaube ist niemals eine Einschränkung der menschlichen Freiheit, sondern stets Freude. Wer glaubt, kündet auch durch das Zeugnis und Beispiel seines Lebens von der Freude, die er als Geschenk empfangen hat. Die Sehnsucht der Mitmenschen nach dieser erfüllenden, unvergleichlichen Freude könnte auf diese Weise in der Welt von heute neu geweckt werden.

Hinweis: Meinungsbeiträge wie dieser spiegeln die Ansichten der jeweiligen Gast-Autoren wider, nicht notwendigerweise jene der Redaktion von CNA Deutsch.

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