6. September 2025
Die Katechesen zur besonderen Bedeutung der Auferstehung setzt Johannes Paul II. am 9. Dezember 1981 fort (veröffentlicht in L’Osservatore Romano 81/51–52). Der Papst möchte darlegen, wie die mit der Auferstehung verbundene „Vergeistigung des Menschen“ einen Unterschied zur irdischen Lebensweise darstellt.
Er legt dar: „Man könnte auch von einem vollkommenen Kräfteverhältnis zwischen der geistigen und der körperlichen Komponente des Menschen sprechen. Der historische Mensch erfährt infolge der Erbsünde immer wieder die Unvollkommenheit dieses Verhältnisses, wie es in den bekannten Worten des hl. Paulus zum Ausdruck kommt: ‚Ich sehe aber ein anderes Gesetz in meinen Gliedern, das mit dem Gesetz meiner Vernunft im Streit liegt‘ (Röm 7,23).“
Der Leib des „eschatologischen Menschen“ kehre in die „vollkommene Einheit und Harmonie mit dem Geist zurück“: „Vergeistigung bedeutet nicht nur, dass der Geist den Körper beherrschen wird, sondern, ich möchte sagen, dass er den Körper vollkommen durchdringt und dass die Kräfte des Geistes die des Leibes vollkommen erfüllen werden.“
Auch in dieser Welt bemüht sich der Mensch oft, den Leib dem Geist unterzuordnen. Das bedarf harter, entschlossener und kontinuierlicher Arbeit an sich selbst, um als „geistig reife Persönlichkeit“ zu wirken.
Doch die „Vergeistigung“, die mit der Auferstehung verbunden ist, liegt außerhalb menschlicher Machbarkeit, es handele sich um eine „vollkommene Vergeistigung“: „Dieser Zustand, der sich – ganz offenkundig – wesentlich und nicht nur graduell von dem unterscheidet, was wir im irdischen Leben erfahren, bedeutet jedoch kein Fleischloswerden des Leibes noch – in der Folge – eine Entmenschlichung des Menschen. Sie bedeutet, im Gegenteil, seine vollkommene Verwirklichung. Denn in dem leib-geistigen Wesen, das der Mensch ist, kann die Vollkommenheit nicht im Widerstreit von Geist und Leib bestehen, sondern in einer tiefen Harmonie zwischen beiden unter gewahrtem Vorrang des Geistes. In der anderen Welt wird dieser Vorrang ganz spontan, frei und von jedem Widerstreit des Leibes hervortreten.“ Die „vollkommene Verwirklichung der menschlichen Persönlichkeit“ ist also nicht Menschenwerk, sondern untrennbar mit der Auferstehung verknüpft.
Der eschatologische Mensch befindet sich sodann nicht allein im Stadium der Vergeistigung, sondern auch der Vergöttlichung: „Die Teilhabe an der göttlichen Natur, die Teilhabe am inneren Leben Gottes selbst, die völlige Durchdringung des wesenhaft Menschlichen durch das wesenhaft Göttliche wird dann ihren Höhepunkt erreichen, so dass das Leben des menschlichen Geistes zu einer solchen Fülle gelangt, die ihm vorher absolut unerreichbar war. Diese neue Vergeistigung wird also Frucht der Gnade sein, d. h. der Selbstmitteilung Gottes in seiner Göttlichkeit nicht nur an die Seele, sondern an die ganze seelisch-leibliche Subjektivität des Menschen. Wir sprechen hier von der Subjektivität (und nicht nur von der Natur), weil jene Vergöttlichung nicht nur als ein innerer Zustand des Menschen (also des Subjekts) verstanden werden darf, der jetzt Gott ‚von Angesicht zu Angesicht‘ schauen kann, sondern auch als eine Neugestaltung der gesamten personalen Subjektivität des Menschen nach dem Maß der Vereinigung mit Gott im Geheimnis seiner Dreifaltigkeit und der innigsten Verbundenheit mit ihm in der vollkommenen Gemeinschaft der göttlichen Personen.“
In der Vergöttlichung tritt der Mensch in die „Fülle an Erfahrung der Wahrheit und Liebe“ ein: „Wenn Christus von der Auferstehung spricht, weist er gleichzeitig darauf hin, dass an dieser endzeitlichen Erfahrung der Wahrheit und der Liebe, die mit dem Schauen Gottes ‚von Angesicht zu Angesicht‘ gegeben ist, auch der menschliche Körper auf seine Weise teilhaben wird.“
Die „eschatologische Erfahrung“ Gottes ermögliche zu erfahren, wie Gott sich an die ganze Schöpfung mitteilt, es sei die „persönlichste Hingabe Gottes in seiner Göttlichkeit an den Menschen: an jenes Wesen, das von Anfang an die Ebenbildlichkeit und Ähnlichkeit mit ihm in sich trägt“.
Johannes Paul II. führt aus: „Das ewige Leben ist im eschatologischen Sinn zu verstehen, d. h. als volle und vollkommene Erfahrung jener Gnade (charis) Gottes, welcher der Mensch während seines irdischen Lebens durch den Glauben teilhaftig wird, die sich jedoch denen, die an der anderen Welt teilhaben werden, nicht nur in ihrer ganzen abgründigen Tiefe enthüllen, sondern auch in ihrer beseligenden Wirklichkeit erfahren werden soll.“
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