20. Dezember 2025
Johannes Paul II. denkt in der Generalaudienz vom 23. Juni 1982 (veröffentlicht in L’Osservatore Romano 82/27) weiter über Ehe und Ehelosigkeit nach. Er nimmt Bezug auf die Lehre des Apostels Paulus. Erwähnt wird der „besondere Ton“, der, so der Papst, den „Erfahrungen seiner apostolischen und missionarischen Tätigkeit“ geschuldet sei sowie der Notwendigkeit, konkret Fragen von Suchenden und Gläubigen zu beantworten: „So begegnen wir bei Paulus dem Problem der wechselseitigen Beziehung von Ehe und Zölibat bzw. Jungfräulichkeit, einem Thema, das die Gemüter der ersten Generation der Christusbekenner, die Generation der Apostelschüler der ersten christlichen Gemeinden, bewegte.“
Besonders in der hellenistischen Welt kursierten Fragen, so auch in der Gemeinde in Korinth. Paulus spreche wie ein „klassischer Lehrer der Sitten“, verweise aber stets auch auf die Lehre Christi, die das Fundament aller Moraltheologie bildete und noch immer bildet und bilden muss. Der Apostel spreche über die „freiwillige Ehelosigkeit“, die er einen Rat, nicht aber ein Gebot nenne: „Auf Grund des Verständnisses der lehrhaften Aussage will er den Menschen, die sich an ihn wenden, raten, ihnen persönliche Ratschläge geben. Somit hat also das Wort ‚Rat‘ im ersten Korintherbrief (Kap. 7) klar zwei verschiedene Bedeutungen. Der Verfasser erklärt, dass die Jungfräulichkeit ein Rat und kein Gebot ist; zugleich gibt er sowohl den bereits Verheirateten als auch denen, die noch eine diesbezügliche Entscheidung treffen müssen, und schließlich allen Verwitweten einen Rat.“
Wer etwa eine Jungfrau begehre, der solle heiraten, und wer sich in seiner ganzen Person festhalte und entschlossen sei, die Jungfrau unberührt zu lassen, der handle richtig. Wir können hieraus auch ersehen, dass etwa ein zölibatär lebender Priester durchaus ein sexueller, also heterosexuell empfindender Mann ist, der aber der Berufung folgt, nicht heiratet und die Ehelosigkeit um des Himmelreiches willen wählt.
Das jungfräuliche und ehelose Leben müsse in jedem Fall freiwillig gewählt sein, also auch nicht – wie in der Zeit üblich – von Eltern oder Vormunden gewählt: „Der Apostel lehrt also, dass die Jungfräulichkeit, das heißt die freiwillige Ehelosigkeit, der Verzicht des Mädchens auf die Ehe, ausschließlich ein Rat ist und dass sie bei den gegebenen Bedingungen ‚besser‘ sei als die Ehe. All das hat nichts mit Sünde zu tun: ‚Bist du an eine Frau gebunden, suche dich nicht zu lösen; bist du ohne Frau, dann suche keine: Heiratest du aber, so sündigst du nicht; und heiratet eine Jungfrau, so sündigt auch sie nicht‘ (1 Kor 7,27–28). Aufgrund dieser Worte allein können wir natürlich kein Urteil darüber fällen, was der Apostel von der Ehe hielt und lehrte.“
Die Ehe, so sagt Paulus mit Blick auf aufkommende gnostische Strömungen in seiner Zeit, sei niemals eine Sünde. Die Berufung zu einem ehelosen Leben um des Himmelreiches willen, , so dürfen wir heute sagen, ist eine ebenso reife Entscheidung und Wahl wie der Weg in eine Ehe, verbunden mit der Zeugung von Nachkommen. Wer der Liebe glaubt, wird weder das eine noch das andere in Zweifel ziehen und im Glauben als von Gott geschenkt annehmen.
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