So viele gute Worte hat der heilige Johannes Paul II. in seinem langen Pontifikat gesprochen. Am tiefsten eingeschrieben in die Herzen vieler Menschen auf der ganzen Welt hat sich der Papst vielleicht, als ihm die Stimme versagte. Die stumme Katechese seines Leidens bleibt gegenwärtig. Von großen Schmerzen gezeichnet, aber nicht überwältigt, zeigte er sich den Gläubigen auf dem Petersplatz – und ging am 2. April 2005 für immer nach Hause.

Wenn wir seinen 100. Geburtstag vor Augen haben, richten wir den Blick nach oben. Wir hoffen auf seine Fürsprache, auf seine Nähe im Gebet. Über den heiligen Johannes Paul II. liegen monumentale Biografien vor und theologische wie philosophische Studien. Sehr schön hat Kardinal Joachim Meisner über ihn einmal gesagt, er sei "gescheit wie ein Duzend Professoren und dabei fromm wie ein Erstkommunionkind" gewesen. An Johannes Paul II. erinnern sich nicht nur gläubige Katholiken. Manchmal finden Agnostiker freundlichere Worte über ihn als manche, die der Kirche des Herrn zugehören.

Johannes Paul II. zu begegnen – das war etwas Besonderes. Ein unvergessliches Erlebnis, sagte der damalige Hildesheimer Bischof Dr. Josef Homeyer im Pilgerzug am 1. Mai 1987 auf der Heimfahrt zu den Gläubigen seiner Diözese. Auf seiner zweiten Apostolischen Reise nach Deutschland betete der Papst im Paulusdom am Grab des 2005 von Benedikt XVI. seliggesprochenen Kardinals Clemens August von Galen. Der Papst kam in die Stadt des Westfälischen Friedens, um dort zu beten. Wir mögen uns fragen: Warum sollten wir Gräber von Zeugen des Herrn, von Seligen und Heiligen aufsuchen? Können wir nicht genauso gut zu Hause einfach an sie denken und uns im Gebet mit ihnen verbinden? Für viele Katholiken sind die Grabstätten der Heiligen zu Orten des Gebetes geworden. In besonderer Deutlichkeit habe ich das in den Grotten von St. Peter in Rom am Grab von Johannes Paul II. erfahren. Das lässt sich schwer in Worte fassen. Ich dachte: An diesem Grab möchte ich verweilen. Seine Nähe möchte ich suchen. Hier liegt er begraben, und ich darf hier sein, in Stille verharren. Auch das Schweigen kann sich zu einem Gebet entfalten.     

Am Morgen jenes 1. Mai 1987 hatte Johannes Paul II. in Köln Edith Stein seliggesprochen. In dem dichten Programm folgten die Begegnungen in Münster. Er wurde mit Freude und Begeisterung empfangen. Vielleicht haben die meisten Gläubigen vergessen, welche Worte der Papst gewählt hat. Aber eines sicherlich bleibt allen in Erinnerung. Seine Botschaft war auch sein Lächeln, verschmitzt und fröhlich. Er schaute die Gläubigen aufmerksam an, winkte, grüßte und lächelte, als er im weißen Papamobil durch die Straßen der Stadt fuhr, um alle zu segnen, die seine Wege säumten. Aus der Ansprache auf dem Schlossplatz in Münster blieben mir diese Worte haften: "Ich appelliere an die jungen Menschen …" Ich weiß noch, dass meine Mutter damals zu mir sagte: "Hörst du?" Der Papst sprach von Berufung, von den Wegen zu Gott. Am Ende der Ansprache sagte er: "Letztlich lebt unsere Welt von der Güte und Barmherzigkeit, die Gott uns schenkt und mit der die einzelnen Menschen einander begegnen. Warten wir nicht alle darauf, daß jemand gut zu uns ist, uns anerkennt, uns ermutigt oder tröstet, uns hilft, wo wir Unterstützung brauchen? Wo die Güte des Herzens das Leben prägt, ist Platz auch für den schwachen, den alten, den verletzten Menschen; dort ist auch Platz und Zukunft für den noch ungeborenen Menschen im Mutterleib. Die Erfahrung der Barmherzigkeit weckt in uns die Hoffnung, schließlich einmal einer letzten, unüberbietbaren Güte zu begegnen: der unendlichen und ewigen Menschenfreundlichkeit Gottes. Gott ist der Erste; er ist auch der Letzte und Ewige. Von ihm kommt alles Leben; auf ihn geht unser Leben zu. Von Gott her – zu Gott hin: das ist der Weg des Menschen. Wähle das Leben! Wähle das ganze Leben! Wähle damit auch dein ewiges Leben!" Ja, wir leben von Güte und Barmherzigkeit. Wir wachsen in diese Gewissheit vielleicht immer tiefer hinein. Wähle das Leben … und der heilige Johannes Paul II. lud abschließend dazu ein, ein nie verklingendes Lied zu singen: das Credo der Kirche. In unseren sehr besonderen Zeiten beten und singen Sie vielleicht auch so wie ich dieses Credo zu Hause, verborgen vor der Welt. Wir sind nicht allein, wenn wir in das Credo mit einstimmen, das alle Orte und Zeiten verbindet. Es verknüpft Himmel und Erde. Das kann uns Zuversicht schenken. Vielleicht zaubert diese Gewissheit im Glauben auch ein schwebendes, dankbares Lächeln auf unsere Lippen? Zu den großen Boten der Hoffnung gehört Karol Józef Wojtyła, den wir betend anrufen dürfen: Heiliger Johannes Paul II., bitte für uns!

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