Sydney - Dienstag, 16. April 2024, 13:15 Uhr.
Nach der Messer-Attacke eines Jugendlichen auf einen Bischof in seiner Kirche am gestrigen Montag in Sydney haben Politiker und Religionsvertreter zur Einheit aufgerufen und vor weiterer Gewalt gewarnt.
Erzbischof Anthony Fisher von Sydney warnte vor Angst und Vergeltung nach dem Angriff: „Solch offene Gewalt in Gebetshäusern, die als Orte des Friedens gelten, ist schockierend“, sagte Fisher in einer Stellungnahme am Dienstag. Der Erzbischof appellierte an die Gläubigen, weder aus Angst auf Gottesdienste zu verzichten noch mit Vergeltung zu reagieren. Stattdessen müsse der Friede durch Gebet gesucht werden. Australiens Gesellschaft stehe gemeinsam vor der Herausforderung, für Frieden und Sicherheit in Gotteshäusern zu sorgen.
Der Erzbischof der Assyrischen Kirche des Ostens Zaia Mar Meelis, der Erzbischof der Chaldäischen Kirche Amel Nona, der maronitische Bischof Antoine-Charbel Tarabay und der melkitische Bischof Robert Rabbat veröffentlichten eine gemeinsame Erklärung mit islamischen und anderen christlichen Würdenträgern, in der sie „Gewalt in all ihren Formen“ ablehnen und zur Ruhe aufrufen.
Was geschah: Die Tat im Überblick
In einer beunruhigenden Szene, die live übertragen wurde, konnte der 16-jährige mutmaßliche Angreifer in einem Gotteshaus im Südwesten Sydneys Bischof Mar Mari Emmanuel mit gezückter Klinge anspringen und verletzen, bevor er von Kirchgängern überwältigt wurde.
Der Livestream sollte eigentlich die Bibelstunde mit dem Bischof live übertragen. Stattdessen wurden Zuschauer schockierte Zeugen des Angriffs.
Dank des beherzten Eingreifens der Christen erlitte der Bischof keine lebensbedrohlichen Verletzungen. Zwei weitere Männer wurden während des Zwischenfalls jedoch selber verletzt und zusammen mit dem Bischof von Sanitätern behandelt, bevor alle ins Liverpool Hospital gebracht wurden.
Die örtliche Polizei des Bezirkskommandos konnte den Jugendlichen, der sich bei der Messerattacke selbst verletzte, wenige Minuten später – um 19:10 Uhr Ortszeit (11:10 Uhr vormittags deutscher Zeit) – festnehmen. Er wurde zur medizinischen Behandlung in eine Klinik eingeliefert.
Nach dem Angriff kam es zu weiteren Unruhen: Eine aufgebrachte Menge versammelte sich zu Demonstrationen in Wakeley. Dabei wurden zwei Polizisten verletzt und mehrere Einsatzfahrzeuge durch den aufgebrachten Mob beschädigt.
Nach Recherchen der Zeitung Daily Mail und ABC News war der Verdächtige bereits im November mit anderen Teenagern an einer Bahnstation festgenommen worden – wegen „Besitz eines Messers und Einschüchterung“. Er war nicht mehr Gegenstand polizeilicher Ermittlungen.
Eine Spezialeinheit wird nun prüfen, ob der Jugendliche aus „ideologischen Gründen“, etwa als Sympathisant des Islamischen Staates (IS) gehandelt hat, so Medien.
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Terror-Ermittlung durch Spezialkräfte
Das Joint Counter Terrorism Team (JCTT) wird die Messer-Attacke untersuchen, teilte die Polizei von Neusüdwales (NSW) am Dienstag mit, nachdem Polizeipräsidentin Karen Webb erklärte, der Angriff werde als Terror-Fall eingestuft.
Der Einsatz signalisiert, wie ernst Australien diesen Vorfall nimmt: Das JCTT besteht aus Mitgliedern der staatlichen Polizei, der Bundespolizei AFP, dem Geheimdienst ASIO sowie einer Sonderkommission für schwere und organisierte Verbrechen mit eigener juristischen Zuständigkeit: die NSW Crime Commission.
Im Zuge der Ermittlungen wurden australische Medien bereits aufgefordert, Video-Aufnahmen des Angriffs aus den Sozialen Medien zu entfernen, berichtete The Guardian.
Bischof Emmanuel hatte eine per Livestream übertragene Bibelstunde in der Christ the Good Shepherd Church in Wakeley, im Westen Sydneys, gehalten, als der Täter plötzlich mit gezückter Klinge auf ihn losging.
Laut der Webseite der Kirche wurde der 53 Jahre alte Emmanuel 2009 zum Priester und 2011 zum Bischof geweiht. Er hat eine große Online-Fangemeinde: Seine Facebook-Seite hat 294.000 Anhänger. Medienberichten zufolge hat der beliebte Geistliche unter anderem mit islamkritischen Äußerungen Aufmerksamkeit erregt.
Die Gemeinde ist dem Umfeld der Assyrischen Kirche des Ostens zugeordnet.
Der Angriff war die zweite Messerattacke in Sydney innerhalb von zwei Tagen. Am Samstag starben sechs Menschen bei einem Amoklauf eines offenbar geistig verwirrten Mannes in einem Einkaufszentrum in der Gegend von Bondi Junction, im Osten der Metropole. Dieser Täter, der von einer couragierten Beamtin mit der Dienstwaffe getötet wurde, bevor er weitere Menschen niederstechen konnte, habe nicht aus ideologischen Gründen gehandelt, so die Polizei.
Zuletzt aktualisiert am 16. April um 13:14 Uhr mit der Stellungnahme von Erzbischof Fisher.