Über Zeugung und Fruchtbarkeit denkt Johannes Paul II. in der Katechese vom 12. März 1980 nach (publiziert in L’Osservatore Romano 80/12). Auch diese Reflexionen gehören wesentlich zur „Theologie des Leibes“. Der Papst berücksichtigt dort die psychologischen Erwägungen von C. G. Jung und Sigmund Freud. Er bezeichnet als „absolut grundlegend“ für das Selbstverständnis des Menschen, dass dieser von Anfang an die „Bedeutung des eigenen Körpers“ zu ergründen bestrebt ist. Er nimmt seine Geschlechtlichkeit, die ausschließlich binär verstanden wird, nicht passiv an, sondern möchte sie erkennen.

Johannes Paul II. schreibt: „Nach Genesis 4,1 ist der, der erkennt, der Mann, und die, die erkannt wird, die Frau und Gattin, so als würde die spezifische Bestimmung der Frau durch ihren Körper und ihr Geschlecht das verbergen, was die eigentliche Tiefe ihrer Weiblichkeit darstellt. Dagegen ist der Mann derjenige, der – nach dem Sündenfall – als erster Scham über seine Nacktheit empfunden und als erster gesagt hat: ‚Ich bekam Angst, weil ich nackt bin und habe mich versteckt‘ (Gen 3,10).“

Das „Geheimnis der Weiblichkeit“ enthüllt sich durch die Mutterschaft: „Die Frau steht als Mutter vor dem Mann, als Trägerin des neuen Menschenlebens, das in ihr empfangen wird und sich entwickelt und von ihr zur Welt gebracht wird. So offenbart sich auch bis auf den Grund das Geheimnis der Männlichkeit des Mannes, das heißt die auf Zeugung und Vaterschaft ausgerichtete Bedeutung seines Körpers.“ Die „Theologie des Leibes“ beschreibt Johannes Paul II. als „knapp und wortkarg“. Auch die Kürze ist ein eminenter Vorzug der Bibel. Niemals werden viele, zu viele Worte gemacht.

Der Papst legt dar: „Die Konstitution der Frau unterscheidet sich von jener des Mannes; ja wir wissen heute, dass diese Verschiedenheit bis hin zu den tiefgreifendsten biophysiologischen Determinanten reicht. Äußerlich zeigt sie sich nur in begrenzter Weise im Bau und in der Form ihres Körpers. Die Mutterschaft macht diese Konstitution von innen her offenbar als besondere Fähigkeit des weiblichen Organismus, der mit seiner schöpferischen Eigenart unter Mitwirkung des Mannes der Empfängnis und Geburt des Menschenwesens dient. Das Erkennen bedingt Geburt.“

Die Zeugung sei untrennbar mit dem gegenseitigen Erkennen von Mann und Frau verbunden. So dürfen wir sagen: Die Ehe ist geordnet auf die Kinder hin, und das ist nur natürlich. In dem Sinne ist eine Lebens- und Liebesgemeinschaft, die Kinder ausschließt, nicht mit der biblisch fundierten Lehre der Kirche vereinbar und wird es auch nie sein können: „Die Fortpflanzung bewirkt, dass Mann und Frau (seine Ehefrau) sich in dem Dritten, das von ihnen beiden stammt, gegenseitig erkennen. Dieses Erkennen wird deshalb zu einer Entdeckung, in gewissem Sinne zu einer Offenbarung des neuen Menschen, in dem beide, Mann und Frau, noch einmal sich selbst, ihr Menschsein, ihr lebendiges Abbild erkennen. Allem, was von den beiden durch ihren Körper und ihr Geschlecht bestimmt wird, gibt das Erkennen einen lebendigen, realen Inhalt. Das Erkennen im biblischen Sinne bedeutet somit, dass die biologische Bestimmung des Menschen durch seinen Körper und sein Geschlecht nicht mehr nur etwas Passives ist, sondern eine Ebene und einen Gehalt erreicht, die den sich ihrer selbst bewussten und sich selbst bestimmenden Personen zu eigen sind; sie schließt also ein besonderes Bewusstsein von der Bedeutung des menschlichen Körpers ein, das an die Vater- bzw. Mutterschaft gebunden ist.“

Der „Leib der Frau“ ist der „Ort der Empfängnis“ des neuen Menschen. Die Fortpflanzung ist Berufung: „Der Mensch muss dieses Abbild immer weitergeben, womit er das Werk Gottes fortsetzt.“ Jede Berufung, so Johannes Paul II., sei an eine „Sendung“, also einen Auftrag für die Welt gebunden: „Gott beruft nicht nur zum Dasein, er trägt und entwickelt auch vom ersten Augenblick der Empfängnis an das Leben: ‚Du bist es, der mich aus dem Schoß meiner Mutter zog, mich barg an der Brust der Mutter. Von Geburt an bin ich geworfen auf dich, vom Mutterleib an bist du mein Gott‘ (Ps 22,10.1; vgl. Ps 139,13–15).“

Das Leben ist Geschenk. Der „empfangene Mensch“ erhält sein spezifisches Aussehen, bevor er das Licht der Welt erblickt. Der Papst führt aus: „Die erste Frau, die gebiert, ist sich des Schöpfungsgeheimnisses voll bewusst, das sich in der menschlichen Fortpflanzung erneuert. Sie weiß auch um die schöpferische Anteilnahme Gottes an der menschlichen Fortpflanzung, die ihr und ihres Gatten Werk ist, denn sie sagt: ‚Ich habe einen Mann vom Herrn erworben.‘ Es darf hier keine Verwirrung zwischen den Wirkungsbereichen der Ursachen entstehen. Die Ureltern geben auch nach dem Sündenfall gemeinsam mit der Frucht des Baumes der Erkenntnis von Gut und Böse und damit gleichsam an der Schwelle aller geschichtlichen Erfahrungen an alle Eltern die fundamentale Wahrheit von der Geburt des Menschen als Abbild Gottes nach den Naturgesetzen weiter. Jeder neue Mensch, von der Frau durch die Zeugungskraft des Mannes geboren, wiederholt dasselbe Abbild Gottes, jenes Gottes, der die Menschheit des ersten Menschen geschaffen hat.“

Was im Buch Genesis dargelegt werde, enthalte alles, was von „Würde der menschlichen Fortpflanzung“ gesagt werden könne und müsse – und dies darf heute auch als deutliches Korrektiv gegen jegliche säkulare Sexualkunde, insbesondere gegen die Propaganda der hedonistischen Lustbarkeiten und gegen die diabolisch getönten Exzesse der Pornographie gelten. Der Akt der Zeugung hat eine besondere Würde und ist durch Liebe gekennzeichnet. Johannes Paul II. erinnert daran, zu seiner Zeit und auch heute.

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