Rom - Samstag, 12. Oktober 2019, 18:30 Uhr.
Nur wenige Gehminuten vom Vatikan entfernt - in der Via Aurelia - widmet sich das Newman-Zentrum dem Werk und Wirken des britischen Kardinals und Konvertiten.
Die Heiligsprechung des seligen John Henry Newman steht kurz bevor – dass es sich hierbei um ein besonderes Ereignis handelt, steht außer Frage. Von enormer Bedeutung dürfte es jedoch für diejenigen sein, die sich im Zentrum der Newman-Freunde in Rom seit langem mit Leben und Wirken des Kardinals beschäftigen - etwa Schwester Birgit Dechant.
Seit 1975 gibt es das Zentrum schon. In unmittelbarer Nähe zum Vatikan unterhält es – ebenso wie die Newman-Zentren in Littlemore, Bregenz und Budapest – die geistliche Familie "Das Werk". Diese bezog das Haus bereits zehn Jahre vor der eigentlichen Gründung des Zentrums. Vor Ort ist es derzeit Schwester Birgit Dechant, die das Haus betreut. Mit ihr haben wir einen Rundgang durch eine der "heiligen Hallen" Newmans unternommen.
"Bitte errichtet ein ständiges Zentrum in Rom, wo Newman studiert wird."
Begonnen hat alles 1973 mit der Doktorarbeit von Schwester Lutgart Govaert. Unter dem Titel "Kardinal Newmans Mariologie und sein persönlicher Werdegang" befasste sich erstmalig eine Mitschwester mit dem Kardinal, und nach einem zwei Jahre später stattfindenden Symposium zu Newman in Rom wurde den Schwestern endgültig aufgetragen, sein akademisches Wirken bekannt zu machen. "Bitte errichtet ein ständiges Zentrum in Rom, wo Newman studiert wird" - so lautete der Auftrag, den Kardinal Luigi Raimondi, damals Präfekt für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse. Den 200 Teilnehmern des Symposiums gewährte der damalige Papst Paul VI. sogar eine Privataudienz.
Klein aber fein
Das Herzstück des Zentrums - und Schwester Birgits ganzer Stolz - ist die gut sortierte Bibliothek. In ihr sind alle circa 80 von Newman selbst veröffentlichten Werke, zahlreiche Übersetzungen in über 30 Sprachen (sogar ins Japanische!), Newmans Tagebücher und Briefe sowie weitere relevante akademische Werke zu, von und über ihn aufbewahrt.
"Es trifft mich immer wieder, wie Newman zu einer Art geistlichem Mentor wird – er hat eine innere Anziehungskraft", sagt Schwester Birgit, während ihr Blick die Bücherregale entlang schweift.
Der Bibliothek vorgelagert ist ein Eingangsbereich, in dem eine zunächst unauffällige Vitrine steht. In ihr findet man die Newman- Highlights, die das Zentrum aufbewahrt. Darunter: Eine vollständige Regalebene mit Erstausgaben von Newmans Werken. Zwei Reihen tiefer, aber nicht weniger besonders zieht Schwester Birgit ein gelbliches Papier heraus. Es ist "die größte Kostbarkeit des Newman-Zentrums": Ein Originalmanuskript aus 1879, dem Jahr seiner Kardinalswerdung. "Wenn man die Handschrift ein bisschen kennt, ist das eigentlich gut lesbar", merkt Schwester Birgit schmunzelnd an. Am Ende des Manuskripts lässt sich Newmans Unterschrift erkennen. Man könnte sagen: ein "Original- Autogramm" von ihm für das Zentrum.
"Es kommen Newman-Pilger aus der ganzen Welt, die die Bibliothek sehen wollen, dort beten wollen, wo Newman gebetet hat." Zu entdecken gibt es auch eine Fotoreihe mit einigen Meilensteinen des Zentrums. Darunter drei Konferenzen zu Newman in Rom zwischen 1990 und 2010. Neben Bibliothek und Eingangsbereich hält das Zentrum noch eine Kapelle und das ehemalige Zimmer der Gründerin der geistlichen Familie, Julia Verhaeghe. Die Kapelle erstrahlt nahezu golden, wenn das Licht durch die Fenster hereinfällt. Eine Haarreliquie Newmans wird hier aufbewahrt. "Das passt zu Newmans Bescheidenheit", sagt Schwester Birgit.
Das Ereignis schlechthin: Die Heiligsprechung
"Ich habe die Erfahrung gemacht, dass, wenn man anderen Menschen hilft, Newman zu entdecken, ihnen in ihrem Glaubensleben geholfen wird", lautet Schwester Birgits Antwort auf die Frage, warum sie sich für Newman einsetzt. Vor allem, dass sein Weg zum Katholiken, und nun bald zu einem Heiligen, nicht der geradlinigste von allen war, fasziniert sie: "Er hat den Mut gehabt, alles zu verlassen, was er geliebt hat, um aus dem inneren Frieden heraus zu leben."
Wenn Newman am morgigen 13. Oktober durch Papst Franziskus heiliggesprochen wird, dann sind Schwester Birgit und ihre Mitschwestern natürlich live dabei. Die Heiligsprechung sei auch eine "Frucht jahrzehntelanger Arbeit und Hingabe" der Zentren. Zu dieser Arbeit gehört beispielsweise die Übersetzung seiner Werke in verschiedene Sprachen, Einladungen zum Gebet und organisierte Gebetsstage.
Bleibt zu guter Letzt noch die Frage, was Schwester Brigit persönlich anlässlich der Heiligsprechung denkt: "Ich bin voller Freude! Weil ich weiß, dass es ein wunderschönes Ereignis wird, was vielen Leuten tiefe Freude schickt. Es wird ein Tag tiefer kirchlicher Erfahrung. Für mich geht jetzt das in Erfüllung, was für mich 1973 begonnen hat. Gott hat uns als Instrument benutzt, um zu dieser Heiligsprechung beizutragen."
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