Oberammergau - Samstag, 21. August 2021, 15:00 Uhr.
In einer mehrere Stunden dauernden Aufführung stellen seit 1634 im weltweit berühmtesten Passionsspiel die Dorfbewohner Oberammergaus die letzten fünf Tage im Leben Jesu nach.
Die Oberammergauer Passionsspiele wurden im Dezember 2014 in das Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes im Sinne des Übereinkommens zur Erhaltung des Immateriellen Kulturerbes der UNESCO aufgenommen.
Im Jahr 2020 haben Regelungen im Umgang mit einer Pandemie die Veranstaltung zum ersten Mal verhindert. Eine feine Ironie, angesichts der Geschichte des Passionsspiels, über die hinter so manchem Mundschutz im Ammertal geschmunzelt wurde.
Was aber nichts daran ändert, worauf es ankommt: Oberammergau, ein Dorf mit etwas mehr als 5.000 Einwohnern, ist ein buchstäblich malerischer Ort, an dem die Fassaden der Lüftlmalerei gewidment sind, und die Zeit für den unendlichen Touristen-Strom stehen geblieben zu sein scheint, wenn man einmal den dichten Verkehr von Besuchern und die brausende Flut von Fahrzeugen ausblendet: Eingebettet in die grünen Täler Bayerns ist es ein Ort, an dem eine eigene Welt von älteren und jüngeren Besuchern entdeckt und erlebt.
Wer sich von der Oberfläche der Gegenwart nicht ablenken lässt, der sieht auch heute noch: Hier hallt das Echo der Vergangenheit in der Gegenwart wider, und hier wird die Geschichte der Passion Christi alle zehn Jahre in einer großartigen Aufführung erzählt, die Zuschauer aus der ganzen Welt anzieht.
Die Geschichte der Oberammergauer Passionsspiele beginnt im Jahr 1633, als die Beulenpest in Europa wütete. Als die Zahl der Todesopfer stieg, gelobten die Oberammergauer feierlich vor Gott: Wenn er sie von der Pest verschone, würden sie alle zehn Jahre ein Spiel aufführen, das das Leiden, Sterben und Auferstehen Christi darstellt. Wie durch ein Wunder blieb die Pest aus und die Dorfbewohner hielten ihr Wort und führten 1634 die ersten Passionsspiele auf.
Dieses Versprechen wird seit fast 400 Jahren gehalten, denn alle zehn Jahre führen die Oberammergauer die Passionsspiele auf.
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Wenn nicht gerade "Lockdown" verhängt worden ist: Die 42. Aufführung der Passionsspiele findet — so Gott will — im Jahr 2022 statt, nachdem sie 2020 wegen der Pandemie Covid-19 verschoben worden war. Die nächste Aufführung ist dann für 2030 geplant.
Die Passionsspiele sind ein Gemeinschaftsprojekt, bei dem die Bewohner Oberammergaus in die Rollen von Schauspielern, Sängern, Musikern und Bühnentechnikern schlüpfen. Die Verpflichtung zur Authentizität geht so weit, dass die Rollen nur an Personen vergeben werden, die entweder in Oberammergau geboren sind oder seit mindestens 20 Jahren dort leben. Dieses Bekenntnis zu Tradition und Gemeinschaft zeugt vom beständigen Geist Oberammergaus und seiner Bewohner.
Das Stück selbst ist ein wahres Spektakel. Die Freilichtbühne vor der Kulisse der majestätischen bayerischen Alpen verleiht der Aufführung einen Hauch von Erhabenheit und Ernsthaftigkeit. Die Kostüme und das Bühnenbild sind liebevoll gestaltet und erzählen den historischen Hintergrund der biblischen Geschichte. Die von Rochus Dedler Anfang des 19. Jahrhunderts komponierte Musik verleiht der Aufführung eine emotionale Tiefe, die den Schmerz, die Freude und den schließlichen Triumph der Passion Christi zum Ausdruck bringt.
Im Laufe der Jahrhunderte haben sich die Passionsspiele weiterentwickelt und spiegeln den Wandel der Zeit und der Sensibilitäten wider. In den letzten Jahren hat man sich bemüht, die jüdischen Charaktere des Stückes politisch korrekter darzustellen. Regisseur Christian Stückl hat auch Elemente des modernen Theaters in die Inszenierung eingeführt, um sie für ein modernes Publikum zugänglicher zu machen.
Doch trotz dieser Veränderungen bleibt der Kern des Passionsspiels erhalten. Es ist eine Geschichte über Glaube und Erlösung, über den Alten und Neuen Bund mit Gott und über die beständige Kraft der Tradition.
EEs ist ein Zeugnis der Oberammergauer, die ihr Versprechen über Generationen lebendig gehalten haben. Die Oberammergauer Passionsspiele sind nicht nur eine Aufführung, sondern ein lebendiges, atmendes Zeugnis für die Kraft des Glaubens, der Gemeinschaft und der Kunst. Es ist eine Tradition, die uns immer wieder inspiriert, bewegt und an die ungebrochene Kraft des menschlichen Geistes erinnert.